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Das erste Mal länger in Japan war Christian Schwarzenegger als Assistenzprofessor; er lehrte in den 1990er-Jahren europäisches Recht an den Universitäten Niigata und Aichi. Damals war Japan eine eher aussergewöhnliche Destination, erinnert er sich. «Meine Kollegen wollten alle in die USA oder in ein europäisches Land.» Er hingegen trat in die Fussstapfen seiner betreuenden Professoren, die beide wissenschaftliche Kontakte mit Japan pflegten. Auch privat war er damals mit dem Land verbunden.
Europäisches Recht in Japan – das klingt ziemlich exotisch. Ist es aber nicht, so Schwarzenegger. Die Erklärung dafür findet sich in der japanischen Geschichte: Japan durchlief in der Meiji-Zeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine rasante Modernisierung und übernahm dabei wichtige Rechtsprinzipien von Deutschland und Frankreich. «In den Vorlesungen wollte ich den Studierenden aufzeigen, in welchem weiteren Kontext das japanische Recht steht», erzählt Schwarzenegger. Das ist auch aktuell von Belang, weil die damaligen Reformen die Basis bildeten für Japans wirtschaftlichen Aufschwung nach dem zweiten Weltkrieg, als sich das Land zu einer führenden Industrienation entwickelte, die es bis heute ist.
«Die japanischen Studierenden mochten vor allem meine Vorlesung über das Erbrecht», lacht Schwarzenegger. «Anhand meines eigenen Stammbaums, an dem auch mein Cousin zweiten Grades Arnold Schwarzenegger hängt, konnte ich das sogenannte Parentelensystem ganz praktisch erklären. Arnold ist in meiner vierten Parentel.» Parallel dazu liess er die Studierenden ihre eigenen Familienverhältnisse aufzeichnen. «Überraschenderweise kannten viele kaum mehr als die Onkel und Tanten. Seit dieser Zeit bin ich ein Anhänger des fallbasierten Lernens in der Rechtswissenschaft», so Schwarzenegger.
Schwarzenegger investierte von Beginn an viel Zeit und Energie ins Erlernen der japanischen Sprache, denn «nur über die Sprache findet man einen tieferen Zugang zu den Menschen». Japanisch zu lernen, sei zwar harte Arbeit gewesen, doch sei mit den wachsenden Sprachkenntnissen auch sehr viel zurückgekommen: «Ich konnte in einer interessanten Umgebung arbeiten und ein gutes Beziehungsnetz aufbauen.»
Sein Know-how zu Japan konnte Schwarzenegger auch bei seiner Rückkehr in die Schweiz gebrauchen. Er wurde 1999 Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der UZH, später Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und seit 2014 ist er Prorektor Professuren und wissenschaftliche Information. «Dass ich Verbindungen zu Japan habe, hat mir bei der Umsetzung der ersten UZH-Internationalisierungsstrategie sehr geholfen», so Schwarzenegger.
Auf grosses Echo stiessen beispielsweise die von Schwarzenegger 2022 initiierten «Japan Lecture Series». Als Referent:innen lud er prominente japanische Persönlichkeiten ein, die über ihre Arbeit berichteten. Beispielsweise sprach der Stammzellenforscher Shin'ya Yamanaka, der 2012 den Medizin-Nobelpreis erhalten hatte, an der UZH über das Potenzial seines Verfahrens zur Erschaffung induzierter pluripotenter Stammzellen.
Diese «Japan Lecture» war ein wichtiger Meilenstein in der Forschungszusammenarbeit zwischen dem Institut für Regenerative Medizin der UZH und dem Center for iPS Cell Research and Application (CiRA) an der Kyoto-Universität, die bis heute anhält. Mit Stammzellen können einerseits Wirkungen neuer Medikamente auf personalisierter Ebene getestet werden, andererseits ermöglichen sie neue Therapien, indem «defekte Zellen» mit körpereigenen Stammzellen ersetzt werden können.
Schon 2014 konnte Schwarzenegger ein Double Degree Programm zwischen der Rechtswissenschaflichen Fakultät der UZH und der Graduate School of Law der Doshisha Universität, Kyoto, aufbauen, das in den letzten Jahren immer populärer geworden ist. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit konnte auch mit Institutionen wie dem National Institute of Informatics, dem Tokyo Institute of Technology und der University of Tokyo aufgebaut bzw. verstärkt werden.
Daneben organisiert Schwarzenegger im Rahmen der Schweizerisch-Japanischen Gesellschaft kulturelle Veranstaltungen wie Shamizen-Konzerte, Film-Matinéen, Ausstellungen zu japanischer Architektur, Kunst und Kulinarik oder Literaturabende.
Es ist dieses breite Engagement von Christian Schwarzenegger für die japanische Kultur und Wissenschaft, das die japanische Regierung dazu bewogen hat, ihn mit dem «Order of the Rising Sun» auszuzeichnen. Letzten Donnerstag, 27. Februar 2025, wurde ihm der Orden in einem feierlichen Akt an der UZH überreicht.
«Ich freue mich sehr über diese Anerkennung meiner Bemühungen, den Austausch zwischen Japan und der Schweiz zu fördern», sagt Schwarzenegger. Seit 2022 ist er Präsident der Schweizerisch-Japanischen Gesellschaft. «Es ist der grösste Verein in der Schweiz, der sich den kulturellen Beziehungen mit Japan widmet – quasi das kulturelle Pendant zur wirtschaftlich ausgerichteten Handelskammer», so Schwarzenegger. Für das 70-Jahr-Jubiläum am 13. September 2025 ist eine besondere Veranstaltung im Kunsthaus Zürich geplant. Eine Kalligraphie-Performance soll dem Publikum diese typisch japanische Kunstform näher bringen, japanische Jazz-Musik, künstlerische Videoclips und weitere Höhepunkte stehen auf dem Programm.
So vielfältig wie die in der Schweiz organisierten Kulturveranstaltungen ist auch Schwarzeneggers persönliches Interesse an der japanischen Kultur. «Ich sammle bildende Kunst, aber auch Keramik oder Origami faszinieren mich – allgemein das hochpräzise Kunsthandwerk, das aus Bambus, Papier, Stoff, Lack, Ton, Bronze und anderen Metallen filigrane Gegenstände entstehen lässt. Dann mag ich natürlich das Essen; manche Restaurants haben nur Platz für acht Gäste. Das Ideal ist nicht der grosse Umsatz, sondern der perfekte Geschmack und das unvergessliche Erlebnis.»
Aber auch die traditionelle Shinto-Naturreligion entspricht Schwarzenegger. «Im Shintoismus ist die ganze Natur, sind selbst alte Bäume und besonders geformte Steine beseelt und werden als Götter verehrt. Diese Art, allen Lebewesen und auch Dingen dieser Welt Respekt und Ehrerbietung entgegenzubringen, ist mir sehr sympathisch», führt er aus.
Selbst nach dreissig Jahren ist Japan für ihn noch immer eine Reise wert. «Reisen ist wunderbar, aber man kann auch einfach an einem Ort bleiben und das Leben geniessen. Die Leute sind gar nicht so reserviert, wie man vielleicht meint, sondern im Gegenteil sehr kommunikativ – sofern man sprachlich mithalten kann.» Mit ein Grund, weshalb er noch immer jeden Tag an seinen Japanischkenntnissen feilt.