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Bilanz abgeschlossener UFSP «Translationale Krebsforschung»

«Die Tumor-Mikroumgebung beeinflusst die Krebszellen enorm»

Der angestrebte Brückenschlag zwischen Grundlagenforschung und Klinik ist dem Universitären Forschungsschwerpunkt (UFSP) «Translationale Krebsforschung» gelungen. Das geschaffene Netzwerk wird auch fortan im Bereich Krebs zusammenarbeiten, um das Tumorgeschehen bis ins Detail zu verstehen – was letzten Endes zur Verbesserung von Krebstherapien beitragen wird, bilanziert UFSP-Co-Leiterin Maries van den Broek.
Brigitte Blöchlinger
Geglückter Brückenschlag: Die Grundlagenforschenden der UZH und die Kliniker:innen des USZ tauschten sich im Rahmen des UFSP «Translationale Krebsforschung» regelmässig aus. (Bild zVg)

Wichtigste Resultate

«Wir sind eine Universität und streben in unserer Forschung nach Erkenntnisgewinn.» An dieser Prämisse festzuhalten, ist UFSP-Co-Direktorin Maries van den Broek wichtig. Der Beitrag der UZH-Forschenden am UFSP «Translationale Krebsforschung» bestehe denn auch in erster Linie darin, «richtig gut zu verstehen, was bei Krebs passiert». Viele Aspekte des Krebsgeschehens seien nach wie vor unverstanden. Beispielsweise, weshalb Krebszellen bei manchen Menschen «wandern» und Metastasen bilden und bei anderen nicht.

Brückenschlag Grundlagenforschung–Klinik
«Vor zwölf Jahren, als wir den UFSP konzipierten, bestand kaum Austausch zwischen der Grundlagenforschung an der UZH und den Kliniken am Universitätsspital Zürich, in denen Krebspatient:innen behandelt wurden», erzählt Maries van den Broek. Jeder Bereich arbeitete für sich, zwar sehr gut, aber nicht vernetzt. «Wir suchten gezielt nach Personen, die an einer starken Zusammenarbeit interessiert waren, um die verschiedenen Prozesse der Krebsentstehung und -progression besser zu verstehen», so van den Broek. Mit der Dermatologie, der Hämatologie, der Onkologie (Krebs), der Pathologie und der Neurologie des USZ konnte eine fruchtbare Zusammenarbeit aufgebaut werden.

Erfolgreich in Postdocs investiert
Um das Netzwerk zu knüpfen, investierte das UFSP-Konsortium das Geld, das es von der UZH erhielt, hauptsächlich in Postdoc-Stellen, die Biobank und die mRNA-Plattform. Die Postdocs wurden in ihrer Arbeit sowohl von UZH-Grundlagenforschenden als auch von klinischen Forschenden betreut – was sich sehr bewährte. «Das Ziel, eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und Klinik zu schlagen, ist uns dadurch gelungen», freut sich van den Broek. «Heute existiert ein Netzwerk aus verschiedensten Grundlagenforschenden der UZH und Spezialist:innen an den Kliniken des USZ.» Dieses Netzwerk wird auch nach Abschluss des UFSP gemeinsame Forschungsprojekte lancieren, ist van den Broek überzeugt.

Ein besonderer Erfolg der Kooperation von Klinik und Forschung ist eine im UFSP weiterentwickelte neue therapeutische Strategie, deren Sicherheit noch in diesem Jahr in Phase 1 eines klinischen Versuchs getestet wird – «ein schöner Erfolg für einen medizinischen UFSP», betont die Direktorin.

Zahlreiche Publikationen
Im Rahmen des UFSP «Translationale Krebsforschung» sind 184 gemeinsame Publikationen von Grundlagenforschenden und Kliniker:innen entstanden – «das ist wirklich viel, und keine dieser Publikationen hätte es ohne den UFSP gegeben», sagt van den Broek. Doch bis sich daraus Ansätze abzuzeichnen beginnen, wie man Chemotherapien, Immuntherapien oder Targeting-Therapien gegen Krebs personalisieren und verbessern könnte, «geht es halt einfach sehr, sehr lange».

Wie Krebszellen in ein Gewebe hinein wandern
Am UFSP versuchten die Forschenden zum Beispiel, den Prozess der Metastasierung von Krebszellen mit unterschiedlichen Methoden besser zu verstehen. Mithilfe des Modellorganismus C. elegans (ein Spulwurm) etwa näherten sie sich der Frage, wie sich Zellen überhaupt aus ihrem Verbund lösen und in anderes Gewebe eindringen können. Und mittels In-vitro-Screenings untersuchten sie Biobank-Proben auf die Frage, welche Eigenschaften einer Krebszelle das Ansprechen auf eine Therapie vorhersagen können. Es brauche ein grundlegendes Verständnis, welche Arten von Krebszellen auf welche Art und Weise zum Metastasieren tendieren, um irgendwann einmal Inhibitor-Moleküle herstellen zu können, die metastasierende Krebszellen an der Ausbreitung hindern werden, erläutert van den Broek.

Überraschendes Resultat

Was hat die Direktorin des UFSP «Translationale Krebsforschung» überrascht in den letzten zwölf Jahren? «Wie heterogen Krebs ist», antwortet Maries van den Broek. Natürlich wisse man heute, dass Krebs von Mensch zu Mensch verschieden sein könne. «Doch auch innerhalb einer einzigen Person sind die Krebszellen zum Beispiel in einem Tumor sehr heterogen. «Das ist überraschend und macht das Verstehen der verschiedenen Prozesse innerhalb eines Tumors zu einer grossen Herausforderung.»

Portrait Maries van den Broek

Ohne den UFSP wäre die Krebsforschung im Raum Zürich nicht in die oberste Liga gelangt. Wir spielen weltweit mit und sind gefragte Kollaborationspartner.

Maries van den Broek, Co-Direktorin UFSP «Translationale Krebsforschung»

Was Maries van den Broek ebenfalls überrascht hat: Wie stark die sogenannte Tumor-Mikroumgebung beeinflusst, wie gut eine Therapie wirkt oder wie rasch Krebszellen wachsen oder sich streuen können. Die Tumor-Mikroumgebung besteht neben Krebszellen aus gesunden Zellen wie zum Beispiel Blutgefässen, Immunzellen und Fibroblasten und ist enorm dynamisch, sie sieht darum immer wieder anders aus. «Über die Faktoren, die die Zusammensetzung der Tumor-Mikroumgebung beeinflussen, wissen wir noch sehr wenig», so van den Broek.

Positionierung

Van den Broek ist überzeugt: Ohne den UFSP wäre die Krebsforschung im Raum Zürich nicht in die oberste Liga gelangt. «Wir spielen weltweit mit und sind gefragte Kollaborationspartner», sagt die Co-Direktorin. Das sei beachtlich für eine Universität in der kleinen Schweiz, wo für viele Studien zu wenige Patient:innen zur Verfügung stünden und das Datenschutzgesetz streng sei, so van den Broek.

Wie geht es weiter?

Die Vernetzung von Grundlagenforschung und Klinik bleibt nach Abschluss des UFSP «Translationale Krebsforschung» bestehen. Neben der durch den UFSP geweckten Motivation der Krebsforscher:innen im breiten Sinn werden die folgenden drei Verstetigungen dazu beitragen.

Comprehensive Cancer Center Zürich
Aus dem UFSP «Translationale Krebsforschung» ist das «Comprehensive Cancer Center Zürich» (CCCZ) entstanden, ein patientenorientiertes onkologisches Exzellenzzentrum der Universität Zürich, des Universitätsspitals Zürich, der Universitätsklinik Balgrist und des Universitäts-Kinderspitals Zürich. Im CCCZ ist das Wissen zu Krebsmedizin und -forschung in Zürich gebündelt. Das erlaubt es, den Krebspatient:innen eine ganzheitliche und fachübergreifende Medizin auf höchstem Niveau anzubieten, die aktuelle Forschungsergebnisse mit einbezieht. Am CCCZ werden auch klinische Studien durchgeführt und neue Technologien entwickelt, mit dem Ziel, verbesserte Therapiekonzepte gegen Krebs anzubieten. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf der Präzisionsmedizin, die es ermöglicht, Krebserkrankungen präziser zu diagnostizieren und Patient:innen individuell zu behandeln.

Biobank mit klinischen Proben
Im Laufe des UFSP haben Forschende um den Krebsbiologen Mitchell Levesque und den Pathologen Holger Moch eine «Live Tumor Cell Biobank» geschaffen, in der verschiedenste «lebende» Tumorzellen nach einem eigens entwickelten Protokoll gesammelt und in Flüssigstickstoff aufbewahrt werden, inklusive der dazugehörigen molekularen und klinischen Daten (wie die Therapiehistorie). Sämtliche Krebsproben in der Biobank sind ausserdem sequenziert; man kennt also deren genetische Mutationen. «Eine Biobank von solch hoher Qualität ist einzigartig», sagt van den Broek. Aus den Proben lassen sich für Forschungszwecke primäre Zelllinien generieren. Tausende von Proben werden jedes Jahr an Wissenschaftler:innen auf der ganzen Welt verschickt. «Die Nachfrage ist sehr hoch», sagt van den Broek, «die Biobank hat uns international sichtbar gemacht.»

mRNA-Plattform
Ausserdem haben Forschende um den Immunologen Steve Pascolo eine mRNA-Plattform aufgebaut, die auch nach Abschluss des UFSP weitergeführt wird. Die gewünschte mRNA lässt sich im Labor schnell und kostengünstig produzieren. Sobald sie in Zellen (in vitro oder in vivo) eingebracht ist, kann sie zur Herstellung therapeutischer Proteine gegen Krebs (Zytokine, Antikörper usw.) oder CAR-T-Zellen verwendet werden.

Steve Pascolo forscht seit 1998 zu mRNA mit dem Ziel, innovative Therapien bei Krebs oder anderen Krankheiten zu entwickeln. Die mRNA Plattform kooperiert mit unterschiedlichen nationalen und internationalen Forschungsgruppen, die zu Forschungszwecken bestimmte mRNA beziehen wollen.