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Jane Goodall an der UZH

Tarzans richtige Jane

Jane Goodall blickte an der UZH auf ihr intensives Leben mit Schimpansen in freier Wildbahn zurück. Auch mit über 85 Jahren wird die Grande Dame der Primatenforschung nicht müde, sich für den Tier- und Umweltschutz einzusetzen. Die Jugendlichen sind dabei ihre grösste Hoffnung.
Melanie Nyfeler
Affenforscherin Jane Goodall: «In jedem von uns schlummert ein unbezähmbarer Wille.»


Jane Goodall braucht man nicht vorzustellen. Als die zierliche 85-Jährige die voll besetzte Aula der Universität Irchel betritt, wird applaudiert. Sie winkt bescheiden ab, als würde sie sagen: «Aber dafür doch nicht – ich habe nur getan, was ich tun musste.» Dabei ist Jane Goodall eine der ganz Grossen in der Wissenschaft: Sie hat sich über 60 Jahre lang der Erforschung und dem Schutz von Schimpansen in unzugänglichen Teilen Afrikas gewidmet und in ihrem Leben sehr viel Standfestigkeit, Mut und Beharrlichkeit bewiesen.

An dem von der Jane Goodall Institut Schweiz und vom Anthropologischen Institut organisierten Anlass zeichnete Jane Goodall in einfachen Worten und mit starken Bildern ihren Lebensweg anekdotenreich nach. Die Tiere auf den Fotos kannte sie alle mit Namen und erzählte deren Geschichten mit grossem Respekt. Besonders eindrücklich war ein Film, als eine Schimpansin, die zweimal in der Affenstation Tchimpounga vom Jane Godall Institut Congo vor dem Tod gerettet worden war, in den Urwald entlassen wurde. Statt einfach davonzurennen, drehte sich die Schimpansin um, umarmte lange Jane Goodall, die sie erst am Tag zuvor kennengelernt hatte. Eine äusserst seltene Geste der Verbundenheit.

Im Hühnerstall vergessen

Jane Goodalls starkes Interesse an Tieren fing schon sehr früh an. Aufgewachsen in bescheidenen Verhältnissen in London, durfte die viereinhalbjährige Jane auf einem Bauernhof Eier einsammeln. Diese fand sie zwar, hatte aber noch immer nicht das Geheimnis gelüftet, wie Eier gelegt werden. Also verkroch sie sich stundenlang im Hühnerstall und beobachtete die Hühner. Dass draussen eine polizeiliche Suchaktion stattfand, weil das kleine Mädchen partout nicht zu finden war, beeindruckte sie nicht im Mindesten. «Als mich meine Mutter endlich fand, schalt sie mich nicht etwa, sondern weihte mich in aller Ruhe in das Geheimnis des Eierlegens ein», blickte Goodall zurück. «Ich danke meiner Mutter, dass sie schon damals meine wissenschaftliche Neugierde wohlwollend unterstützt hat.»

Langsame Annäherung  

Später las sie das Buch «Tarzan und die Affen» und war untröstlich darüber, dass Tarzan die falsche Jane geheiratet hatte ­– «nämlich nicht mich». Nach Afrika zu gehen, war ihr Traum. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Sekretärin und kam als Fünfundzwanzigjährige auf Einladung nach Afrika. Dort lernte sie ihren Mentor Luis Leaky kennen, der sie losschickte, um wilde Schimpansen zu studieren. Sie baute sich mit bescheidenen Mitteln ein Camp im Dschungel von Tansania auf. Da sie als junge Frau nicht alleine reisen durfte, nahm sie ihre Mutter mit. Diese blieb im Camp, während ihre Tochter monatelang in den Bergen des Gombe Nationalparks geduldig versuchte, sich einer Gruppe von Schimpansen zu nähern, um ihr Verhalten zu beobachten. Als dann endlich ein Männchen eine ihm dargebotene Nuss behutsam aus Janes Hand nahm, wusste sie: Jetzt hatte er seine Scheu vor ihr verloren.

Jane Goodall beschrieb als Erste, dass Schimpansen unterschiedliche Charakteren haben, Werkzeuge herstellen und benutzen können und je nach Gruppen auch ihre eigene Kultur pflegen. «Damals wurde ich dafür lauthals ausgelacht – und heute ist es eine anerkannte Tatsache», sagte sie. Überhaupt wurden ihre Forschungsergebnisse erst ernst genommen, als ein Fotograf von der National Geographic Society entsprechende Fotos von ihr und den Affen veröffentlichte. Auch ihre hartnäckigsten Kritiker verstummten erst, als Goodall, die keinen Hochschulabschluss vorweisen konnte, doch noch ihren Doktortitel an der Universität Cambridge erwarb.

Lokale Bevölkerung wird integriert

Einschneidend für Jane Goodall war auch das Jahr 1986: «Ich ging als Forscherin zu einer internationalen Konferenz nach Chicago und kam als Aktivistin zurück.» Während der vier Tage wurde klar, dass Reservate alleine nicht genügten, um die Bestände der Schimpansen zu retten. Auch die lokale Bevölkerung musste miteinbezogen und sensibilisiert werden. Den Einheimischen mussten Nahrungsalternativen geboten werden. «Wir können den Schimpansen nur helfen, wenn wir auch die Dorfbewohner unterstützen», sagte Goodall. Gemeinsam mit den lokalen Behörden regte sie beispielsweise Mikrokredite für Landwirtschaftsprojekte und Baumschulen an.  

Auch mit Kindern und Jugendlichen arbeitet Jane Goodall äusserst gerne. Ihr Projekt «Roots & Shoots» – Wurzeln und Sprösslinge – fing mit zwölf Schülerinnen und Schülern aus Tansania an. Mittlerweile bestehen tausende solcher Gruppen, die selber entscheiden, wie sie ihre Umwelt schützen wollen. «Es ist unglaublich, wie viele gute Ideen so auf der ganzen Welt zusammenkommen. Die Jungen geben mir Hoffnung für eine bessere Welt.» Jane Goodall bedankte sich bei den zahlreich anwesenden Mitstreiterinnen und Mitstreitern. «In jedem von uns schlummert ein unbezähmbarer Wille. Wenn wir diesem folgen, erreichen wir auch unser Ziel.» Auch mit fast 86 Jahren ist die Grande Dame der Schimpansen noch immer kämpferisch – und gleichzeitig dankbar für das gemeinsam Erreichte. Das Publikum dankte es ihr mit einer Standing Ovation.

In den Fussstapfen von Jane Goodall

Goodall und Koops
Jane Goodall und UZH-Anthropologin Katheljine Koops

An der Veranstaltung machte auch die UZH-Nachwuchsforschende Katheljine Koops vom Anthropologischen Institut auf die Gefahren für Schimpansen aufmerksam. Koops forscht seit 16 Jahren in Guinea, Uganda und im Kongo. Sie betonte, dass Schimpansen unsere nächsten Verwandten sind und rund 99 Prozent der DNA mit dem Menschen teilen. Laut Koops werden jährlich rund 2000 wildlebende Schimpansen weltweit Opfer von Jägern und Fallenstellern – auch in geschützten Reservaten. In Uganda etwa tragen rund ein Viertel der Tiere Verstümmelungen durch Fallen davon. Zudem gehen durch Palmöl- und Kaffeeplantagen sowie durch Abholzung und Abbau von Bodenschätzen immer grössere Flächen ihres natürlichen Habitats verloren. Krankheiten, die vom Menschen übertragen werden, dezimieren die Populationen zusätzlich.