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TRANSFORM

Osteuropa und Biobilder

Gebündelte Expertise in der Osteuropa-Forschung und bei der Analyse von biologischen Bilddaten: an der UZH entstehen ein neues interdisziplinäres Osteuropainstitut und das BioVision-Center. Das Förderprogramm TRANSFORM der Universität Zürich unterstützt die beiden Projekte mit einer Anschubfinanzierung.
Roger Nickl

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Ukrainische Flüchtlinge auf dem Bahnhof Lwiw
Migrationsforschung ist einer der Schwerpunkte des neu entstehenden Osteuropainstituts an der UZH. (Bild: Menschen auf einem Bahnsteig im ukrainischen Lwiw, März 2022/Foto: Joel Carillet/iStock)

TRANSFORM beflügelt die interdisziplinäre Zusammenarbeit: Das Förderprogramm ermöglicht mit Anschubfinanzierungen, dass an der UZH innovative Ideen umgesetzt und neue Organisationsstrukturen in zukunftsweisenden Forschungsbereichen aufgebaut werden können. Seit 2022 wurden so bereits vier Projekte unterstützt: das One Health Institute, das Center for Legal Data Science, das UZH Population Research Center und der Operation Room X, ein translationales Forschungs- und Lehrzentrum für Chirurgie. Nun kommen zwei neue erfolgsversprechende Projekte hinzu.

Mit zwei Millionen Franken fördert TRANSFORM den Aufbau eines Osteuropainstituts an der UZH in den nächsten vier Jahren. Mit dem BioVision Center soll zudem ein innovatives Zentrum entstehen, das Kompetenzen in der für die Forschung zunehmend wichtigen Analyse von biologischen Bilddaten ausbaut und Analysemethoden unter anderem mit Hilfe von KI weiterentwickelt. Das Projekt erhält dafür eine Anschubfinanzierung von 1,32 Millionen Franken für die nächsten drei Jahre.

Narrative aus dem Kalten Krieg

«Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat einmal mehr den dringenden Bedarf an Fachwissen zu osteuropäischen Themen unterstrichen», sagen Sylvia Sasse und Jeronim Perović. Die Slavistin und der Osteuropa-Historiker sind die treibenden Kräfte hinter dem geplanten Osteuropainstitut. Für das neue Institut schliessen sich das Slavische Seminar und das Center for Eastern European Studies (CEES), das Perović gemeinsam mit der Osteuropa-Historikerin Nada Boškovska 2017 gegründet hat, zusammen. Mit dem Zusammenrücken von Forschenden aus den Literatur- und Kulturwissenschaften, der Linguistik und der Geschichtswissenschaft wird an der UZH das schweizweit erste und grösste Institut für Osteuropastudien entstehen.

Ziel des neuen Instituts ist es, die breite Expertise in der Forschung zu Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa und den ehemaligen Sowjetrepubliken im Kaukasus und Zentralasien an der UZH stärker zu bündeln und die Zusammenarbeit zu intensivieren und zu erweitern. «Viele aktuelle Themen kann man nur noch interdisziplinär erforschen», sagt Sylvia Sasse, die sich unter anderem mit Praktiken der Desinformation und Propaganda in Russland beschäftigt.

Um die Forschung zu diesem Thema weiter voranzutreiben, hat sich Sasse Verstärkung aus den Medienwissenschaften geholt. So wird künftig der ukrainische Medienwissenschaftler Roman Horbyk am Osteuropainstitut untersuchen, welche Narrative aus dem Kalten Krieg im heutigen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine eine Rolle spielen. Weiter intensiviert werden soll auch die Migrationsforschung, die bereits heute einer der Arbeitsschwerpunkte von Jeronim Perović ist. Im September 2024 ist diesem Thema unter dem Titel «Societies on the Move. Migration, Mobility and Displacement in Eastern Europe» auch eine grosse interdisziplinäre Konferenz gewidmet.

Albanisch, Belarusisch und Ukrainisch lernen

«TRANSFORM gibt uns die Möglichkeit das Osteuropainstitut aufzubauen», sagen Sasse und Perović, «das Projekt wurde von der Universitätsleitung Mitte Oktober bewilligt, nun können wir loslegen.» So soll für Jeronim Perović eine Professur ad personam für Moderne Osteuropastudien geschaffen werden. Zudem wurden zwei Postdoc-Stellen in den Bereichen Kultur- und Geisteswissenschaften sowie Sozialwissenschaften ausgeschrieben. Das schon 2019 im Rahmen des CEES initiierte Fellowship-Programm für junge Forschende aus Osteuropa kann dank TRANSFORM nun im Rahmen des neuen Instituts weitergeführt werden.

Die neuen Mittel ermöglichen zudem den Aufbau neuer Sprachkurse in Albanisch, Belarusisch und Ukrainisch. Und in diesem Frühling startet bereits das mit der Landis & Gyr Stiftung eingerichtete «Atelier Ost: Dozentur für Kulturschaffende aus Ostmittel-, Ost-, und Südosteuropa» mit dem bekannten belarusischen Autor Artur Klinaŭ. Offiziell gegründet wird das Osteuropainstituts im Herbst 2025.

Organentwicklung analysieren

Auf einem ganz anderen Forschungsgebiet angesiedelt ist das BioVision Center, das zurzeit mit Unterstützung des TRANSFORM-Programms an der UZH aufgebaut wird. Ziel des neuen, schweizweit einmaligen Zentrums ist, die Forschung und Entwicklung in der computergestützten Analyse von biologischen Bildern voranzutreiben. Gleichzeitig stellt es Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen Infrastruktur zur Verfügung, um eigenständig datenintensive Analysen durchzuführen und es will Schulungen in der Bildanalyse anbieten. 

«In den Life Sciences geht es immer mehr darum, ganz unterschiedliche Mikroskopiebilder in messbare, quantitative Parameter umzuwandeln – das können Bilder auf molekularer Ebene sein, aber auch Aufnahmen von ganzen Geweben, etwa ein Teil des Gehirns», sagt der Biologe Lucas Pelkmans, der gemeinsam mit seinem UZH-Kollegen Damian Brunner und Forschenden des Basler Friedrich Miescher-Instituts das Center gegründet hat. «Im Gegensatz zu uns sehen die modernen Mikroskope von heute mit mehreren Augen gleichzeitig, zudem lassen sich biologische Prozesse immer detaillierter im zeitlichen Verlauf untersuchen und so etwa die Embryonalentwicklung eines Organismus oder die Entstehung von Organen analysieren», sagt Pelkmans.

Die Datenfülle, die dabei anfällt, ist immens. «Wir reden hier von dutzenden Terrabytes pro Bilddatensatz», betont Damian Brunner.  Entsprechend anspruchsvoll und komplex ist das Auswerten dieser Daten. Indem der Austausch zwischen Forschenden angeregt, die Expertisen gebündelt und Daten und neue Methoden open source geteilt werden, möchte das BioVision Center die Kompetenz in diesem Bereich weiter verbessern und die Entwicklung beschleunigen.

Mit KI Neues entdecken

Die Hoffnungen, die die Forschenden in die digitale Bildanalyse setzen, sind gross. «Das ist ein Quantensprung – ich erwarte einen grossen Wissensgewinn und viele neue Entdeckungen», sagt Damian Brunner. Denn mit Hilfe Künstlicher Intelligenz, genauer gesagt mit so genannten Deep Neural Networks, lassen sich durch die Analyse von Bildern etwa neue Muster und Verhaltensweisen von Zellen und interzellulären Prozessen erkennen. Zudem können mit KI biologische Prozesse immer genauer simuliert und vorhergesagt werden. Am BioVision Center sollen solche innovative Verfahren weiterentwickelt und optimiert werden.

Ab Februar wird die Bio-Ingenieurin Virginie Uhlmann das Zentrum leiten; ihre Stelle wird aus TRANSFORM-Mitteln anschubfinanziert. Zudem soll 2025 eine Assistenzprofessur für Bioimaging und Datenanalyse geschaffen werden. Finanziell unterstützt wird das Projekt neben der UZH und dem Friedrich Miescher-Institut auch von einem grossen Schweizer Pharmaunternehmen. «Die Bildanalyse spielt bei der Entwicklung neuer Medikamente eine wichtige Rolle», sagt Lucas Pelkmans, «entsprechend sind auch Pharmafirmen daran interessiert.» Der Anfang ist nun gemacht. Längerfristig, so hoffen Pelkmans und Brunner, soll das BioVision Center an der UZH ein gut etabliertes, international anerkanntes Zentrum für die biologische Bildanalyse werden.

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