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35 Jahre Gleichstellung

Von der Frauenförderung zur Diversität

Von der ersten Frauenbeauftragten bis zur Abteilung Gleichstellung und Diversität: Die UZH blickt zurück auf 35 Jahre Gleichstellungsarbeit.
Marita Fuchs
  • Blick zurück: Dokumente aus Zeit von 1987 bis 1989.
    Blick zurück: Dokumente aus Zeit von 1987 bis 1989.
  • Die erste Ausgabe der «Alma Mater», eine Namensänderung und eine neue Frauenbeauftragte: Dokumente aus der Zeit von 1991 bis 1996.
    Die erste Ausgabe der «Alma Mater», eine Namensänderung und eine neue Frauenbeauftragte: Dokumente aus der Zeit von 1991 bis 1996.
  • Ein Bundesprogramm und in Zusammenarbeit mit der ETH die Gründung der Stiftung khiz für Kinderbetreuung: Dokumente aus der Zeit von 2000 bis 2004.
    Ein Bundesprogramm und in Zusammenarbeit mit der ETH die Gründung der Stiftung khiz für Kinderbetreuung: Dokumente aus der Zeit von 2000 bis 2004.
  • Diversität und Chancengleichheit: Dokumente von 2010 bis 2024.
    Diversität und Chancengleichheit: Dokumente von 2010 bis 2024.

Es war Rektor Konrad Akert, der 1989 entschied, eine Anlaufstelle für Frauen an der UZH einzurichten. Die Forderung nach einer Frauenbeauftragten war als Resolution an ihn gelangt, die sich aus einer Veranstaltung zum Thema «100 Jahre Frauenstudium» ergeben hatte. Zuvor hatten Wirtschaftsprofessorin Heidi Schelbert-Syfrig und Alt-Rektorin Verena Meyer im Senat der Universität das Konzept «Frauenförderung an der Universität Zürich» vorgestellt. Sie hatten auf den mangelnden Anteil an Professorinnen an der UZH hingewiesen. Im Jahr 1989 waren lediglich 2.4 Prozent der Professuren an der UZH mit Professorinnen und Assistenzprofessorinnen besetzt.

Rektor Akert entschied, dass Sylvia Derrer, die als Juristin im Rektorat angestellt war, zukünftig mit 20 Prozent ihrer Anstellung die Belange der Frauen an der UZH vertreten sollte. Sylvia Derrer beschrieb in einem Interview mit der Studierendenzeitung (ZS), dass sie zu Beginn mit Problemen konfrontiert war, die sie allein nicht lösen konnte, so kam etwa eine Doktorandin zu ihr, die massive Probleme mit ihrem Doktorvater hatte. «Wirklich helfen konnte ich ihr nicht, zumal die Fakultäten und nicht das Rektorat für derartige Probleme zuständig waren», erzählte sie der ZS. So regte sie an, ein Gremium ins Leben zu rufen, das sich aus Mitgliedern der Fakultäten zusammensetzen sollte: Die Frauenförderungskommission – 1994 in Gleichstellungskommission umbenannt – war geboren! Die Universität Zürich spielte damit eine Vorreiterrolle, denn ähnliche Stellen wurden bald auch an anderen Universitäten der Schweiz etabliert.

Gleichstellen statt fördern

Von nun an spannten die Frauenbeauftragten des Rektorats und die Gleichstellungskommission mit Vertreterinnen der Fakultäten zusammen und setzten sich für die Anliegen der Frauen an der UZH ein. Professorin Heidi Schelbert stand als erste Präsidentin an der Spitze der Gleichstellungskommission. Sie beschrieb in einem Interview: «Es war ein zäher Prozess – für Gleichberechtigung waren alle, aber Gelder zu bekommen war schwierig.» Schliesslich gelang es doch. Im Jahr 1996 wurde die Stelle der Frauenbeauftragten des Rektorats in die «Uni-Frauenstelle – Gleichstellung von Frau und Mann» überführt, mit Elisabeth Maurer als deren Leiterin. Mit der Namensänderung sollte sich auch die Sichtweise ändern: Frauen müssten nicht gefördert, sondern den Männern gleichgestellt werden.

Das wurde 1998 auch im Universitätsgesetz verankert, wörtlich heisst es: «Die Universität fördert die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern. Sie strebt eine ausgewogene Vertretung beider Geschlechter in allen Funktionen und Gremien an.» Allerdings lag dieses Ziel noch in weiter Ferne. Obwohl 1998 der Anteil der Studentinnen bei 51 Prozent lag, waren von insgesamt 389 Professuren und Assistenzprofessuren nur 32 von Frauen besetzt. Heute zeigt sich ein anderes Bild: Von 738 Professuren sind 216 mit Professorinnen besetzt. Das entspricht fast 30 Prozent. Unter den Studierenden sind 59 Prozent Studentinnen. (Zahlen aus dem Jahr 2023)

Frauen- und Geschlechterforschung vorantreiben

Elisabeth Mauer engagierte sich fast zwanzig Jahre als Frauen- und Gleichstellungsbeauftrage, ihre Stelle wurde im Laufe der Zeit von zunächst 50 auf 100 Prozent aufgestockt. Sie baute ein Team von Mitarbeitenden auf, das sie unterstützte. Ursprünglich lag der Fokus ihrer Arbeit auf Frauen im akademischen Umfeld, der Förderung ihrer Teilnahme an Hochschulbildung und Forschung und dem Aufbau von Frauen- und Geschlechterforschung. Mit der Zeit änderte sich Maurers Rolle – hin zu einer umfassenderen Gleichstellungsarbeit, die sich mit strukturellen Ungleichheiten und der Schaffung von Chancengleichheit befasste. Es ging unter anderem darum, eine geschlechterdifferenzierte Nachwuchsförderung zu etablieren, faire Verfahren in Berufungsprozessen sicherzustellen, Kinderbetreuungsangebote aufzubauen und Vorurteile zu bekämpfen. Ziel war es, die sogenannte «gläserne Decke» zu durchbrechen, die Frauen oft daran hinderte, höhere Positionen in der Wissenschaft zu besetzen. Nicht zuletzt die Bundesprogramme mit den Aktionsplänen für Chancengleichheit und massgeschneiderten Projekten in den sieben Fakultäten unterstützten diese Bestreben. Der Wertewandel spiegelte sich auch in der Namensänderung: 2009 wurde die «Uni-Frauenstelle» des Rektorats in die «Abteilung Gleichstellung» umbenannt.

Gegen Kleinmut und Duckmäusertum

«Die Zusammenarbeit der Abteilung Gleichstellung mit den Präsidentinnen der Gleichstellungskommission war jeweils zentral», sagt Elisabeth Maurer heute rückblickend. Zusammen mit Professorin Margit Osterloh (Präsidentin der Kommission von 1996 bis 2000) seien die notwendigen Rechtsgrundlagen an der UZH etabliert und das Kompetenzzentrum Gender Studies erkämpft worden.

Psychiatrieprofessorin Brigitte Woggon – sie war zwischen 2000 und 2008 Präsidentin der Gleichstellungskommission – brachte den Verhaltenskodex Gender Policy, ein Leitlinienpaket zur Durchsetzung der Chancengleichheit, mit auf den Weg. Vielfach legte die streitbare Psychiaterin den Finger auf wunde Punkte, sprach aus, was andere nur dachten.

Die Universität und ihre Kultur verändert

Nach Brigitte Woggon wurde Professorin Brigitte Tag fünfte Präsidentin der Gleichstellungskommission. Sie erstellte zusammen mit einer Arbeitsgruppe, der auch Elisabeth Maurer federführend angehörte, ein Reglement zum Schutz vor sexueller Belästigung (RSB), das im Jahr 2007 von der Universitätsleitung erlassen wurde. Dieses Reglement und die Arbeit der Kommission RSB waren wegweisend – nicht nur für die Universität Zürich, sondern auch für andere Schweizer Hochschulen. 

In dieser Zeit wurde zudem die enge Zusammenarbeit mit den Fakultäten im Bereich der Gleichstellung umgesetzt. «Das war der Anstoss für das Bundesprogramm Chancengleichheit, mit dessen finanzeller Unterstützung nahezu alle Fakultäten in enger Zusammenarbeit mit der Gleichstellungskommisison und der Abteilung Gleichstellung massgeschneiderte Projekte etablierten», sagt Brigitte Tag. Es ging zum Beispiel um Frauen in Führungspositionen, Laufbahn und Assistenzprofessuren, Kids and Careers, Filling the Gap. «Gemeinsam haben wir die Universität und ihre Kultur verändert. Vieles, was heute selbstverständlich ist, beruht auf der Pionierarbeit und dem langem Atmen der damaligen Verantwortlichen für Chancengleichheit», bilanziert Brigitte Tag.

Professorin Tatiana Crivelli setzte sich in ihrer Amtszeit als Präsidentin der Gleichstellungskommission dafür ein, dass Gleichstellungsbelange in die Führungsgrundsätze der UZH einflossen. Ihr folgte Professorin Katja Rost, die Lohnanalysen der Professorinnen einführte. In dieser Zeit entstanden auch neue Professuren von Frauen zum Thema Gender.

Der Vielfalt gerecht werden

Im Jahr 2015 übernahm Christiane Löwe die Abteilung Gleichstellung. In ihrer Amtszeit erlässt die Universitätsleitung auf ihre Initiative hin die Diversity-Policy. Unter dem Motto «Vielfalt fördern, leben, nutzen» setzt die Abteilung Gleichstellung somit neue Akzente. «Die Universitäten erkennen zunehmend, dass Gleichstellung mehr bedeutet als die Förderung von Frauen. Es geht darum, ein inklusives Umfeld zu schaffen, in dem jeder Mensch, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, sexueller Orientierung oder Behinderung, gleiche Chancen hat», sagt Christiane Löwe.

Dieser Wandel sei ein wichtiger Schritt in Richtung einer gerechteren Gesellschaft. Heute sieht Löwe die Herausforderung, die Gleichstellungsarbeit der Universitäten kontinuierlich anzupassen und zu verbessern. «Wir müssen innovative Strategien entwickeln, um die Vielfalt unserer Studierenden und Mitarbeiter:innen zu fördern und Diskriminierung zu bekämpfen», so Löwe. Ganz in diesem Sinne stellt sich nach der Pensionierung von Christiane Löwe im August 2024 die Abteilung neu auf. Ihre Nachfolgerin Karin Gilland Lutz wird als ihre erste Aufgabe das Thema Inklusion in die Abteilung integrieren. Nach 35 Jahren hat die Gleichstellung an der UZH damit eine erweiterte Ausrichtung gefunden.