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Seit elf Jahren stellen wechselnde Gruppen von Studierenden «Nachhaltigkeitswochen» an den Schweizer Hochschulen auf die Beine – auch an der UZH. Die Organisation eines so grossen und vielfältigen Anlasses verlangt von den Studierenden viel Einsatz. Es reicht nicht – bildlich gesprochen –, einfach nur das immergleiche Selleriesüppchen aufzutischen, mit dem man die Jahre zuvor gepunktet hat (selbst wenn das Süppchen nach wie vor fein, vegan, saisonal und regional ist). Es braucht vielmehr jedes Jahr frische Ideen, wie man das erklärte Ziel dieser Woche, den Studierenden ein nachhaltiges Leben schmackhaft zu machen, erreichen kann. Insofern zahlt sich das aufwändige, rotierende Organisationsmodell der Nachhaltigkeitswoche aus: Jedes Jahr bringen neue organisierende Student:innen ihre Ideen und Trends ein.
Liest man sich durchs Programm der diesjährigen Nachhaltigkeitswoche an der UZH, lässt sich ein kleiner Trend zum Feel good entdecken. Auf der englischen Website der Nachhaltigkeitswoche steht denn auch: «Get ready to have a blast during Sustainability Week! We’ve cooked up an awesome lineup of events that’ll make you feel good about saving the planet – all while having a great time!» Die Nachhaltigkeitswoche soll Spass machen, die dort vermittelten Inputs für ein nachhaltiges Leben eine Bereicherung sein. Das Programm will aufzeigen, dass es einem ein gutes Gefühl gibt, den Planeten zu retten.
Hintergrund dieser Einschätzung, dass ein nachhaltiger Alltag sich richtig gut anfühlen kann, ist eine neuere (auch wissenschaftlich fundierte) Erkenntnis: Die Gesellschaft hierzulande hat von allem mehr als genug, um glücklich zu sein. Eine Steigerung des Konsums macht nicht glücklicher. Ein nachhaltiger Lebensstil, der auf Qualität statt Quantität setzt, muss überhaupt nicht entbehrungsreich sein – er kann die Lebensqualität sogar steigern, so die Überlegung.
Kommt hinzu, dass der ökologische Fussabdruck westlicher Länder ohne Wachstumsreduktion nicht ausreichend gesenkt werden kann. Um den Klimawandel zu stoppen, braucht es neben technischen Lösungen zwingend auch eine Reduktion des Ressourcenverbrauchs und des Konsums.
UZH News hat zwei Student:innen gefragt, die die Nachhaltigkeitswoche an der UZH organisieren, welche Reduktion des Konsumverhaltens sie persönlich als Bereicherung empfinden.
Ich habe mich vor ein paar Jahren entschieden, keine Kleider mehr zu kaufen. Stattdessen habe ich mir vorgenommen, nähen zu lernen und die Kleider, die mir gefallen, selbst herzustellen.
Können Sie ein Beispiel geben, inwiefern für Sie eine Reduktion des Konsumverhaltens (Kleider, Wohnen, Mobilität, Ressourcenverbrauch o.a.) ein Gewinn ist?
Szonja Kéri: Ich beschäftige mich mit Fashion und würde deswegen gerne immer wieder Kleider kaufen. Nun entspricht mein Kleidungsstil leider nicht dem, was in Europa so angeboten wird. Ich habe viel lieber alternative Kleidungsstile, und solche Produkte findet man einfacher in den USA oder in asiatischen Ländern. Das führt dazu, dass ich oft Kleider, die mir gefallen, auf Websites wie Shein oder AliExpress sehe. Da es alles andere als nachhaltig ist, bei solchen Plattformen etwas zu bestellen, habe ich mich vor ein paar Jahren entschieden, keine Kleider mehr zu kaufen. Stattdessen habe ich mir vorgenommen, nähen zu lernen und die Kleider, die mir gefallen, selbst herzustellen. Ich habe auch schon mehrere Menstruationshöschen selbst genäht, die ich viel besser als Binden finde. Sie produzieren viel weniger Müll, und es macht mich sehr glücklich. Es ist auch für mein Portemonnaie eine bessere Entscheidung, als jeden Monat Binden kaufen zu müssen.
Brauchbare Lösungsansätze sichtbar zu machen, finde ich den besten Weg, um möglichst viele zu überzeugen.
Marius Decaillet: Auch ich finde die Reduzierung der Kleidermenge ein sehr gutes Beispiel. Wenn wir jung sind, ist Mode wichtig, wir wollen uns modisch kleiden oder gut aussehen. Heutzutage bedeutet das meist, Kleidung einer luxuriösen Marke zu tragen. Das kostet viel Geld, besonders für Studierende. Das Potenzial von Second-Hand-Kleidung wird oft unterschätzt – zum Beispiel kann dort die angesagte Jeansmarke Lewis günstig erworben werden. Die Qualität von Second-Hand-Kleidung ist oft viel höher, als wir denken oder als uns die Gesellschaft weismachen will. Studierende können sich so die gleichen Marken wie ihre erwerbstätigen Freund:innen leisten.
Die meisten Kleider werden in Asien produziert und nicht oft getragen, bevor sie weggeworfen werden – das ist nicht nachhaltig. Besser finde ich, in kleinen unabhängigen Geschäften vor Ort einzukaufen, das unterstützt die lokale Wirtschaft und mindert die Macht der multinationalen Unternehmen, es kostet weniger und der Planet profitiert davon. Alle gewinnen!
Wie überzeugt man Ihrer Ansicht nach die Mehrheit der Bevölkerung davon, dass man ein glückliches Leben auch mit einem kleineren ökologischen Fussabdruck führen kann?
Marius Decaillet: Es gibt bereits einige brauchbare Lösungsansätze. Diese Beispiele sichtbar zu machen, finde ich den besten Weg, um viele zu überzeugen. Dabei haben soziale Medien und die Bildung einen grossen Einfluss, wie Menschen leben. Die ökologische Herausforderung ist ja nicht etwas Neues, aber oft warten die Leute auf perfekte Lösungen.
Unsere Idee der Nachhaltigkeitswoche ist es, ein positives Bild von Nachhaltigkeit zu vermitteln. Wir verbinden die globale Erwärmung nicht mit Angst oder Stress, sondern mit einer Herausforderung, die wir als Gesellschaft meistern können. Diesen Tenor hören wir auch immer mehr von den Medien oder von Beratungsunternehmen. Wir versuchen, die globale Erwärmung zumindest punktuell als Chance zu sehen – das ist die Richtung, die wir einschlagen wollen.