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Neueröffnung des Völkerkundemuseums

Mehrfacher Grund zum Anstossen

Überraschende Traditionen unserer Trinkkultur zeigt das Völkerkundemuseum der Universität Zürich in einer neuen Ausstellung. Seine Wiedereröffnung feiert die 125jährige Institution mit einer weiteren Schau, die das Schaffen des Museums thematisiert.
Stefan Stöcklin
Verbesserte Aufteilung der Räume und optimierte  Lichtführung: Direktorin Mareile Flitsch zeigte sich an der Medienpräsentation zufrieden mit der Renovation des Völkerkundemuseums.

Wenn das Völkerkundemuseum der Universität Zürich diesen Donnerstag  seine Wiedereröffnung feiert, so können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich auf drei Ereignisse anstossen: «Wir freuen uns über den Abschluss der Renovationsarbeiten sowie die beiden Ausstellungen ‚Gesichter eines Museums’ und ‘Trinkkultur – Kultgetränk’,» sagte die Direktorin Mareile Flitsch am Dienstag anlässlich einer Medienführung im Museum.

Nach anderthalb Jahren öffnet die Institution wieder ihre Pforten. Während dieser Zeit renovierten Fachleute die Museumsräume, verbesserten die Aufteilung und optimierten die Lichtführung. Bei der umfassenden Sanierung wurde auf die Erhaltung eines einheitlichen Erscheinungsbilds geachtet. Dank den Arbeiten seien die Räume und ihre Exponate für das Publikum leichter zugänglich. «Wir betreiben Wissenschaft für die Öffentlichkeit und nicht im Elfenbeinturm», sagte Vizedirektor Thomas Laely.

Milch – Sinnbild von Macht und Überfluss

Was das frisch renovierte und freundlich gestaltete Museum zu bieten hat, zeigt die Ausstellung «Trinkkultur – Kultgetränk». Entsprechend dem Forschungsschwerpunkt von Direktorin Flitsch, die sich mit den Fertigkeiten von Völkern und Gesellschaften befasst, stellt diese Ausstellung sieben verschiedene Getränke und ihre Zubereitung in einen technischen und sozialen Kontext.  Zu diesen Getränken gehört zum Beispiel die Milch in den Alpen und in Afrika. Laut Ausstellungskurator Thomas Laely ist das Getränk weit mehr als ein Nahrungsmittel. Milch ist auch ein Sinnbild für Macht und Überfluss. Die Ausstellung dokumentiert sowohl die traditionelle Gewinnung und Verarbeitung als auch die heutigen Techniken zur Haltbarmachung. Leicht vergorene Sauermilch ist zum Beispiel in Afrika südlich der Sahara ist allgegenwärtig, da sie so länger haltbar bleibt.

Maniokbier als soziales Schmiermittel

Zu den untersuchten Getränken gehören auch Maniokbier und Kawa. Letzteres wird aus den Wurzeln des Rauschpfefferstrauches gewonnen. Die zerkleinerten Wurzeln werden dazu mit Wasser vermischt , danach wird der Saft abgesiebt. «Das berauschende Kawa wird in weiten Teilen des Pazifiks konsumiert», erläuterte Kurator Andreas Isler. Kawa ist bis heute Bestandteil traditioneller Zeremonien, fand im 20. Jahrhundert aber auch Anhänger in den USA und Europa. Angeblich soll es Stressymptome lindern. Der Anbau und Handel von Kawa ist so zu einem Erwerbszweig der Bewohner mancher Pazifikinseln geworden. 

Eine leicht berauschende Wirkung hat das im Amazonasgebiet verbreitete Maniokbier. Das Getränk wird nach traditionellen Vorgaben aus der kartoffelähnlichen Knolle hergestellt und ist ein «soziales Schmiermittel», wie Kuratorin Maike Powroznik erläuterte. Das leicht alkoholische Getränk wird nach besonderen Vorgaben in Ritualen aus kunstvoll verzierten Trinkschalen getrunken. Eine Auswahl dieser Schalen ist in Vitrinen ausgestellt.

Tradition neben Moderne

Die Ausstellung verdeutlicht, dass für alle Getränke traditionelle Trinkkulturen neben modernen Praktiken existieren. Milch wird in Afrika sowohl in herkömmlichen Kalebassen aufbewahrt als auch in neuartige Tetrapak abgefüllt. Die Indianer Südamerikas trinken Maniokbier aus traditionell hergestellten Schalen oder aus Bierflaschen. Und Kawa hat sich einen neuen Markt in westlichen Gesellschaften erobert. Die Ausstellung befasst sich neben diesen Getränken zudem mit Palmwein, Reisbier und der Teekultur im Himalaya und Japan.

«Wir haben die anderthalbjährige Renovationsphase zur Sichtung unserer reichhaltigen Sammlung genutzt und daraus die Ausstellung konzipiert», sagt Direktorin Mareile Flitsch. Dabei galt aus Platzgründen die Qual der Wahl, die Kuratoren mussten sich auf bestimmte Getränke beschränken. Kaffee oder Schnaps ist kein Thema, obwohl es auch dazu Material in den Museumsarchiven gäbe. Die Umbauarbeiten liessen zudem Zeit zur Produktion von Büchern. Zur Neueröffnung erscheinen fünf Publikationen, darunter die Bücher «Trinkkultur - Kultgetränk» und «Gesichter eines Museums».

Bevor die Besucher in die oberen Räume der Trinkkultur-Ausstellung gelangen, können sie im Parterre auf einem kurzen Rundgang die Geschichte des Museums Revue passieren lassen. Die Ausstellung «Gesichter eines Museums» zeigt, wie die Direktoren, Sammler und Kuratoren das Museum geprägt haben. Sieben Direktoren leiteten bis heute die 125jährige Geschichte. Mareile Flitsch ist die erste Frau in diesem Amt – ein vierter Grund zum Anstossen.