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Zürcher Gerontologietag

Die Lebenserfahrung nutzen

Der 15. Zürcher Gerontologietag widmete sich der Frage, wie die Lebenserfahrung älterer Menschen besser genutzt werden könnte. Zudem wurden die diesjährigen Vontobel-Preise für Altersforschung vergeben.
Paula Lanfranconi

Preisträgerin und Preisträger am diesjährigen Gerontologietag (v.l.n.r.): Stephan Böhm, Irene B. Meier, Florian Kunze, Timo Hinrichs. (Bild: Ursula Markus)

In der Alterspsychologie findet zur Zeit ein Umdenken statt: «Entscheidend für die Lebensqualität im Alter ist die Fähigkeit zur Alltagsbewältigung», sagte Hans Rudolf Schelling, Geschäftsführer des Zentrums für Gerontologie (ZfG), einleitend. Über Potenziale und Hindernisse auf diesem Weg diskutierten am 15. Gerontologietag vergangenen Donnerstag Fachpersonen aus verschiedenen Fachbereichen.

Debattiert wurde vor allem beim Podiumsgespräch zum Thema «Erfahrung nutzen!». Das Gespräch moderierte Martin Meyer, Professor für Neuroplastizitäts- und Lernforschung des gesunden Alterns. «Können wir von anderen Kulturen lernen?», lautete seine Einstiegsfrage. «Und ob», antwortete Mareile Flitsch, Direktorin des Völkerkundemuseums und Professorin für Ethnologie: Was soziale Nähe betreffe, sei uns die so genannte Dritte Welt überlegen. «Haushoch!»

Das Podiumsgespräch kreiste um die Frage: «Wie kann man die Erfahrung der Älteren vermehrt nutzen?»

Instrumente fehlen

«Was dürfen wir vom Universitären Forschungsschwerpunkt ‹Dynamik Gesunden Alterns› erwarten?», wollte Meyer von Mike Martin, Professor für Gerontopsychologie, wissen. «Nichts Geringeres als einen Paradigmenwechsel», antwortete Martin. Nicht mehr bloss Labortests, sondern das Individuum und seine konkreten Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung stünden im Forschungsfokus.

Von Personal- und Organisationsentwickler Ruedi Winkler wollte der Moderator wissen, weshalb sich die Wirtschaft zwar für Senioren als kaufkräftige Zielgruppe, aber kaum als ältere Arbeitnehmende interessiere. Erfahrungswissen, zum Beispiel im IT-Sektor, verfalle schnell, antwortete Winkler. Viele Firmen kapitulierten, weil ihnen Instrumente fehlten, um die grundlegenden Fähigkeiten älterer Bewerber einzuschätzen. «Da setzen wir auf die Forschung», sagte Winkler.

Karriereverläufe überdenken

Karriereverläufe, forderte der frühere Manager René Künzli, müssten neu überdacht werden: Ältere CEOs sollten ins Glied zurücktreten und als Berater für die Jüngeren wirken, was indes viele Chefs als Statusverlust ablehnen würden.

Dass der Know-how-Transfer durchaus auch in umgekehrter Richtung funktionieren kann, erläuterte die Pflegeexpertin und -politikerin Elsbeth Wandeler. Sie stellte im Rahmen eines Mentoringprojektes fest, dass Ältere von den Jungen profitieren können – wenn sie bereit sind, von ihren Mentees neue Kompetenzen zu erwerben.

«Erfahrung nutzen!» war das Thema des Podiums. Doch dieser Imperativ ist vor allem in der Arbeitswelt schwer umsetzbar, so das Fazit. Und dass die Diskussion hierzulande noch ganz am Anfang steht. Während einige Referenten an die Verantwortung der Rentnergeneration appellierten, kritisierten Stimmen aus dem Publikum, die Diskussion sei zu elitär. Was, fragte jemand, wollen Sie von ausgepowerten Fünfzigjährigen? Und was von finanzschwachen älteren Migranten?