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China und Europa

Glauben und Wissen im Gepäck

Vor 400 Jahren wurde der Jesuitenpater Matteo Ricci als einer der ersten Missionare zum Brückenbauer zwischen China und Europa. Eine Ausstellung im Lichthof der Universität Zürich und ein Symposium am 14. und 15. Juni widmen sich dem frühen Zusammentreffen von Ost und West.
Adrian Ritter

Das Geschenk war perfekt. Als der italienische Jesuitenpater Matteo Ricci 1601 nach Peking kam, brachte er dem Kaiser zwei Uhren mit. Sie erregten Erstaunen, worauf der Kaiser Uhren in grosser Zahl anschaffen liess.

Ost trifft West: Ausstellung im Lichthof der Universität Zürich zum 400. Todestag des Jesuitenpaters Matteo Ricci (links im Bild).

Um sie am Laufen zu halten, rekrutierten die Jesuiten in Europa «fromme Handwerker». Der bekannteste unter ihnen war der Schweizer Laienbruder Franz Ludwig Stadlin aus Zug, der es bis zum obersten Uhren- und Automatenmacher am kaiserlichen Hof in Peking brachte.

Sanft zum Ziel

Freundschaftliche Beziehungen zwischen Europäern und Chinesen waren keine Selbstverständlichkeit. Portugiesische und spanische Händler und Eroberer gingen im 15. und 16. Jahrhundert eher mit «Kreuz und Schwert» ans Werk – mit dem Resultat, dass China sich gegen die Fremden abschottete.

Matteo Ricci (1552–1610) ging die Sache anders an. Er erlernte die chinesische Sprache und achtete die Sitten und Riten. So gewann er unter Beamten und Gelehrten viele Freunde und wurde zum eigentlichen Brückenbauer zwischen Ost und West.

Diesen und anderen Geschichten frühneuzeitlicher Kulturkontakte widmet sich bis zum 3. Juli eine Ausstellung im Lichthof der Universität Zürich.

Aufstieg in hohe Staatsämter

Die Missionare aus den Klöstern in Italien, Portugal, Frankreich, Deutschland und der Schweiz hatten nicht nur die Bibel im Gepäck, sondern auch die Lehrbücher der europäischen Wissenschaft. Gemeinsam mit chinesischen Freunden übersetzte Ricci europäische Schriften zu Mathematik, Hydraulik und Astronomie in die chinesische Sprache.

Die chinesischen Gelehrten zeigten sich sehr interessiert. Mit ihren wissenschaftlichen Kenntnissen gelang es den europäischen Patres, bis in führende chinesische Staatsämter aufzusteigen. Sie erneuerten die chinesische Kartographie, reformierten den Kalender und erregten dadurch auch das Interesse an der christlichen Religion. Dies geschah bisweilen sehr dezent. Ricci beispielsweise erklärte das Christentum lieber im persönlichen Gespräch als von der Kanzel herab.

Der Adel in Seide

Ricci und zahlreiche andere Missionare waren aber auch wichtige Brückenbauer in die umgekehrte Richtung. Sie trugen ihr Wissen über China hinaus in den Westen und lösten dort eine eigentliche «China-Begeisterung» aus.

Europäische Adlige kleideten sich plötzlich in chinesischer Seide und tranken chinesischen Tee – am besten aus chinesischem Porzellan, das holländische Händler in grossen Mengen nach Europa zu verschiffen begannen. So wurde damals die Grundlage gelegt, dass China heute zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern Europas gehört. Und die Missionare?

Ihre Wertschätzung in China scheint auch heute noch zu bestehen. Nach dem Tod von Matteo Ricci 1610 schenkte der Kaiser den Missionaren am damaligen Stadtrand von Peking ein Grundstück. Dort entstand der «Friedhof der Missionare», der heute zu den staatlich geschützten Kulturdenkmälern der Volksrepublik China gehört.