Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

 

Wenn die Vielfalt sinkt

Welche Folgen hat die abnehmende Artenvielfalt auf die Ökosysteme? Andrew Hector, Assistenzprofessor für Umweltwissenschaften an der Universität Zürich, geht dieser Frage seit rund zehn Jahren nach. Für seine Forschung hat er im August den Preis für Terrestrische Ökologie des International Ecology Institute erhalten.
Lydia Farago

Wurde für seine Forschung zur Biodiversität ausgezeichnet: Prof. Andrew Hector vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Zürich. 

Die schwindende Biodiversität ist seit langem auch weit über ökologische Kreise hinaus bekannt. Das Interesse an diesem Thema ist jedoch nicht nur moralischer oder ästhetischer, sondern auch wissenschaftlicher Natur. Gemäss Andrew Hector vom Institut für Umweltwissenschaften sind die Auswirkungen bisher aber kaum erforscht worden.

Neue experimentelle Wege

Ändern soll dies unter anderem das EU-Projekt «BIODEPTH», welches seit 1996 den ökologischen Folgen der abnehmenden Artenvielfalt nachgeht. Hector hat dabei als wissenschaftlicher Koordinator des Projektes neue experimentelle Wege mitentwickelt. Forschende in acht europäischen Ländern bauten auf Grasland verschiedene Ökosysteme im Kleinformat auf. Diese enthielten jeweils unterschiedlich viele Pflanzen- und Tierarten an der Oberfläche und im Boden. Die standardisierten Versuche erlaubten erstmals einen europaweiten Vergleich.

Die Ergebnisse hat der Umweltwissenschaftler im Rahmen einer Dissertation am Imperial College in London ausgewertet. «Ein zentrales Resultat war, dass der Verlust an Artenvielfalt generell mit einem Rückgang der Produktivität und Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme einhergeht», so Hector. Zum Beispiel waren Flächen mit weniger Arten stärker von Schädlingen befallen und wiesen eine höhere Nitratbelastung auf als artenreiche Flächen. 

Die Forschung hat gezeigt: Je grösser die Artenvielfalt, desto produktiver und widerstandsfähiger ist ein Ökosystem.

Beitrag zur Dateninterpretation

Um die Experimente auszuwerten, mussten neue theoretische Ansätze entwickelt werden. Diese werden heute von Forschungsgruppen weltweit verwendet und verfeinert.

Für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Biodiversität erhielt Hector im August den «International Recognition of Professional Excellence»-Preis für Terrestrische Ökologie. Dieser wird vom International Ecology Institute in Oldendorf (BRD) vergeben und stellt einen der weltweit renommiertesten Preise für Nachwuchsforscher in diesem Bereich dar. Hector wird geehrt als «einer der talentiertesten Ökologen seiner Generation», der viel zur Klärung beigetragen habe, wie Experimente zur Biodiversität interpretiert werden können.

In Borneo wird im Rahmen eines laufenden Projektes unter anderem untersucht, welchen Einfluss die Artenvielfalt auf die CO2-Aufnahme grosser Ökosysteme hat. 

Aufforsten im Regenwald

Anwendung finden seine Ergebnisse auch in einem neuen Projekt des Instituts für Umweltwissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Imperial College und der britischen Royal Society. In diesem Projekt geht Hector seit 2003 unter anderem den Auswirkungen des Rückgangs der Biodiversität auf die CO2-Aufnahme durch grössere Ökosysteme nach. «In Wäldern, und besonders in tropischen Regenwäldern, ist die Artenvielfalt normalerweise sehr gross», sagt er. Gerade hier könnte es deshalb wichtig sein, die Artenvielfalt zum Beispiel bei Aufforstungsprojekten zu berücksichtigen.

Als idealer Ort dazu erwies sich die Insel Borneo. Dort ist die Abholzung weit fortgeschritten und die Holzwirtschaft legt  Monokulturen an bei der Wiederaufforstung. Hector will prüfen, ob es nicht sinnvoller wäre, verschiedene Nutzholzarten zu vermischen und so das Ökosystem leistungs- und widerstandsfähiger zu machen. Dies auch im Hinblick darauf, dass der Regenwald als eine effiziente globale Kohlendioxidsenke genutzt werden kann.

Ungewisse Finanzierung

Die Zukunft des noch bis 2009 vom Institut und der Royal Society finanziell unterstützten Projektes ist allerdings unsicher. «Experimente dieser Art brauchen einen sehr langen Atem - einen weitaus längeren, als die meisten Organisationen für Forschungsförderung ihn normalerweise aufbringen. Leider sind auch im Kyoto-Protokoll keine Projekte für Waldschutz und Aufforstung vorgesehen», so Hector.

Ob die Industrie als Geldgeber einbezogen werden kann, ist fraglich, da diese damit beschäftigt ist, die bisherigen Forderungen des Protokolls zu erfüllen. Hector hofft deshalb, dass in den kommenden Jahren die Biodiversitäts-Forschung ebenfalls in die Agenda des Kyoto-Protokolls aufgenommen wird.