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Bemutternde Affen, lustlose Frauen und andere Gender Studies

Was haben Nationalratswahlen, Kautschukbetriebe und Krallenaffen gemeinsam? Man kann sie alle unter dem Aspekt «kulturelles Geschlecht» betrachten. So geschehen letzten Mittwoch an einer Workshop-Tagung des Kompetenzzentrums Gender Studies der Universität Zürich.
Brigitte Blöchlinger

Einmal jährlich lädt das Kompetenzzentrum Gender Studies Nachwuchsforschende der Universität Zürich ein, Arbeiten, die einen Gender-Aspekt berücksichtigen, an einer Workshop-Tagung anderen interessierten Forscherinnen und Forschern vorzustellen – was immer auch eine gute Gelegenheit biete, untereinander Kontakte zu knüpfen, weiss die Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Gender Studies und Mitorganisatorin des Events, dipl. natw. ETH Kathy Steiner.

Vielfältig wie das Leben selbst

«work in progress. Gender studies. Uni zurich» heisst die Workshop-Tagung, sie besteht seit 2001 und fand diesen Mittwoch zum siebten Mal statt. Die Tagungsorganisation leisten seit je die Wissenschaftlerinnen Dr. Elisabeth Bühler (Geografie), Dr. Eva Lia Wyss (Germanistik), Dr. Béatrice Ziegler (Geschichte) und Kathy Steiner (dipl. natw. ETH). Die Gender-Arbeiten, die zur Sprache kommen, sind meist Lizentiate oder Dissertationen. Die Themen so vielfältig wie das Leben selbst: «'doing gender' im Wahlkampf?» zum Beispiel. Oder «Frauengeführte Kautschukbetriebe in Kerala». Oder «Gleichstellungscontrolling am Beispiel der Empa».

Professionelles Vortragen

Die Präsentationen der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler haben sich in den letzten Jahren enorm professionalisiert, konnte Kathy Steiner beobachten. Kein mauschelndes Herablesen ab Blatt, sondern souveränes freies Sprechen und ansprechende Power-Point-Präsentationen ab Laptop sind die Regel. Auch die Fragerunde anschliessend an den rund halbstündigen Vortrag meistert die Mehrzahl der Referentinnen ohne grössere Verunsicherungen.

Natürlich sind die vorgestellten Gender-Studien nicht alle gleichermassen publikumswirksam. Von allgemeinem Interesse erwies sich dieses Mal der Vortragsblock zum Thema Sexualität. Darin ging es zum einen um die «Weibliche Konkurrenz um die Ressource 'Männchen'» bei Krallenaffen, und zum andern um die «Sexuelle Lustlosigkeit bei Frauen ab 45 Jahren».

Viagra für die Frau? – nein danke

Gerade im Bereich Sexualität wird gerne auf die Biologie rekurriert. Dagegen verwahrte sich die Referentin des zweiten Themas, Verena Schönbucher. Sie verstand ihre Lizentiatsarbeit zur Lustlosigkeit von Frauen explizit als Gegenvorschlag zur gegenwärtigen Tendenz in der Psychologie, den Fokus vor allem auf Hormone und Gene zu legen. Dies zeige sich beispielsweise im Bestreben der Pharmaindustrie, nach Viagra für den Mann nun eine Testosteron-Pille für die Frau zu entwickeln, welche die weit verbreitete Lustlosigkeit von Frauen (bis zu 30 Prozent) beheben solle – bisher allerdings erfolglos, wie Schönbucher eingangs zu ihrem Referat sagte.

In ihrer Lizentiatsarbeit konnte Schönbucher denn auch nachweisen, dass weder Medikamenteneinnahmen noch der Gesundheitszustand einen wesentlichen Einfluss auf den «sexuellen Appetit» haben, sondern dass vielmehr psychosoziale Komponenten wie sexuelle Selbstbestimmung, Akzeptanz des Körpers, positive Sexualerziehung und emotionale Nähe zum Partner die wesentliche Rolle für ein zufriedenstellendes Sexualleben spielen.

Kümmern sich die ersten Wochen alleine um die Jungen und haben kein Problem mit Konkurrenz untereinander: die Springtamarin-Weibchen.

Affenmännchen als «Mütter»

Dass auch das Reich der Tiere bei Sexualität und Nachwuchspflege nicht nur die klassische Rollenteilung kennt, sondern eine Vielfalt von Spielarten aufweist, zeigte Franziska Mattle indirekt mit ihrem Experiment mit Affenpaaren. So konnte sie innerhalb der gleichen Familie (der Krallenaffen) zwei Arten beobachten, die recht gegensätzlich funktionieren: Die Springtamarine haben kein Problem mit Polygynie (zwei Weibchen buhlen um ein Männchen). Die Weibchen sind die ersten Wochen ohnehin allein mit der Aufzucht des Nachwuchses beschäftigt und haben deshalb wenig Interesse, ein Männchen für sich zu «verpflichten», vermutete die Anthropologin Franziska Mattle. Die Paare der Weissbüschelaffen hingegen können nur monogam bestehen. In Gruppen mit mehreren Weibchen und einem Männchen wird jeweils nur das dominante Tier trächtig. Dafür kümmert sich – man höre und staune – das Männchen rührend um die Neugeborenen.

Lieben es monogam und geraten bei Konkurrenz um Männchen in Stress, dafür hilft ihnen ihr Partner bei der Aufzucht: die Weissbüscheläffinnen.

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