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Nils Handler, Sie sind Umweltökonom und leiten seit kurzem das neue Strategische Projekt Decarb UZH. Worum geht es in diesem Projekt?
Handler: Es geht um die Dekarbonisierung der Universität. Im Zentrum steht die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen aus allen Quellen der UZH. Wir bauen auf der zehnjährigen Nachhaltigkeitsarbeit des Sustainability Hubs auf und arbeiten in diesem Projekt eng zusammen. Durch das Strategische Projekt erfährt das Thema Klimaneutralität nun eine neue Priorität und zusätzliche Mittel. Zum Beispiel haben wir provisorisch vier Task Forces zu den Themen Verpflegung, Flugreisen, Energie und Abfall ins Leben gerufen, die entlang der bisher in der Nachhaltigkeitsstrategie definierten Schwerpunkte Massnahmen prüfen.
Die UZH hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Wo steht sie heute auf dem Weg dorthin?
Handler: Die UZH hat schon Einiges erreicht. So gelang es, die CO2-Emmissionen in wichtigen Bereichen wie den Dienstreisen per Flugzeug deutlich zu reduzieren. Auch in Sachen Verpflegung – etwa, was die Zahl fleischloser Menüs anbelangt – sind positive Entwicklungen zu verzeichnen. Ebenso konnte die Energieeffizienz von Gebäuden verbessert werden. Aber es muss noch viel passieren, damit die UZH bis 2030 klimaneutral wird. Das Strategische Projekt eruiert nun in einem ersten Schritt weitere Reduktionspotenziale, die bislang nicht oder wenig beachtet wurden.
Wie gehen Sie vor, um solch schlummernde Reduktionspotenziale aufzuspüren?
Handler: Wir überprüfen aktuell, wo die höchsten Emissionen – direkt an der UZH oder durch von uns bezogenen Produkte und Dienstleistungen – anfallen und auf welche dieser Emissionen wir direkt Einfluss nehmen können. Ziel soll es sein, auf Emissionen zu fokussieren, die mit möglichst geringen Mehrkosten und möglichst ohne Beeinträchtigung der Arbeit der UZH-Angehörigen eingespart werden können. In der Vergangenheit wurden CO2-Reduktionspotenziale oft geschätzt. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz kann man heute aber viel genauer und einfacher Daten erheben und analysieren und dadurch neue Priorisierungen vornehmen. Hierdurch können Effizienzschätze gehoben werden, indem manuelle Prozesse automatisiert werden und so der administrative Aufwand verringert wird. Ein Beispiel ist die Materialbeschaffung: Die UZH kauft viele Güter wie etwa Labormaterial ein. Die Frage ist nun, was das für Produkte sind und ob es Alternativen gibt, die sich bezüglich CO2-Emmissionen aus Herstellung und Transport unterscheiden. Aktuell stellt unsere Beschaffungsplattform dafür noch nicht die nötigen Informationen zur Verfügung.
Mit den neuen Mittel von KI durchleuchten Sie nun die ganze UZH um weitere Reduktionspotenziale zu erkennen?
Handler: Das wäre ein möglicher Ansatz, den wir gerade explorieren. Dabei ist die Künstliche Intelligenz selbst auch ein Thema, das wir uns genauer anschauen möchten. In diesem Bereich gehen die Emissionen weltweit zurzeit ja komplett durch die Decke. Deshalb möchten wir mit einem Modell analysieren, wie die Künstliche Intelligenz an der UZH emissionsmässig zu Buche schlägt. Voraussagen zu machen, ist aber extrem schwierig, weil sowohl Gebrauch als auch Technologie sich rasant weiterentwickeln.
Wie könnte man die Emissionen bei der KI reduzieren?
Handler: Der CO2-Fussabdruck einer Anfrage an die KI kann dank Softwareoptimierung reduziert werden – das ist beispielsweise eine mögliche Perspektive. Eine weitere mögliche Strategie, um den Energiebedarf von KI zu reduzieren, könnte zudem das Cloud Computing sein. Allerdings ist die an der UZH verwendete Energie sehr grün und die energieintensivsten Rechenaufträge fallen bei hoch spezialisierten externen Anbietern an – zum Beispiel beim Swiss National Supercomputing Centre oder beim CERN.
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Zentral ist, dass wir alle Nachhaltigkeitsfragen in unseren Alltag integrieren und überlegen, welche Emissionen sie verursachen, damit wir uns für die emissionsärmste Lösung entscheiden können.
Sie haben die provisorischen Task Forces zu den Themen Energie, Flugreisen, Verpflegung und Abfall erwähnt – was sollen diese leisten?
Handler: Die Task Forces sollen in ihren jeweiligen Bereichen möglichst viele Potenziale für Effizienzsteigerungen und die Dekarbonisierung identifizieren und konkrete Massnahmen vorschlagen. Ziel ist es herauszufinden, wo mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel Emissionen eingespart werden können. Daran beteiligt sind viele wichtige Stakeholder. Zum Thema Verpflegung etwa Vertreter:innen des ZFV, der die Mensen betreibt, und des Mensarats, Studierendenvertreter:innen, und Ernährungswissenschaftler:innen. Sie analysieren gemeinsam, welche Lösungen es gibt und wie gut sich diese an der UZH implementieren lassen.
Alle Task Forces identifizieren so eine ganze Bandbreite möglicher Massnahmen. Der Steuerungsausschuss des Projektes, dem die Universitätsleitung und die Dekan:innen aller Fakultäten angehören, wird dann letztlich entscheiden, welche Massnahmen wie umgesetzt werden sollen. Unsere Aufgabe ist es, dafür eine möglichst gute und auch wissenschaftlich fundierte Entscheidungsgrundlage zu liefern.
Wie können die einzelnen UZH-Angehörigen zum Gelingen der gesteckten Ziele beitragen?
Handler: Zentral ist, dass wir alle Nachhaltigkeitsfragen in unseren Alltag integrieren – zum Beispiel, wenn es darum geht, das Büro neu zu organisieren oder bei der Frage, wie wir an wissenschaftliche Kongresse reisen, welches Labormaterial wir einkaufen oder welche Menüs wir in der Mensa wählen. Bei all diesen Entscheidungen sollten wir uns überlegen, welche Emissionen sie verursachen, damit wir uns für die emissionsärmste Lösung entscheiden können.
Als eine von mehreren Massnahmen im Rahmen der Task Force Verpflegung wird ab dem Frühjahrssemester 2025 das Menü «Butcher» jeweils am Montag vegetarisch sein. Menüs ausserhalb der Hauptmenülinien können an diesem Tag weiterhin Fleisch im Angebot haben. Die Wirkung dieser Massnahme wird durch ein interdisziplinäres Team von Forschenden der UZH evaluiert.
Grundsätzlich sollten wir das Thema Nachhaltigkeit nicht nur als Herausforderung betrachten, sondern auch als Chance. Etwas, an dem es sich lohnt, mitzuwirken, weil die Welt so auch langfristig lebenswert bleibt. Wir sind offen für innovative Vorschläge auch von Studierenden und Mitarbeitenden, die bisher nicht offiziell im Projekt mitarbeiten, wie wir die Emissionen weiter reduzieren können.
Das Projekt Decarb UZH ist bis Oktober 2026 geplant. Was wollen Sie bis dann erreichen?
Handler: Ich möchte möglichst viele Emissionen senken oder den Pfad zu deren Senkung vorbereiten. Ich hoffe, dass die UZH sich bis dahin als Vorbildinstitution dafür positionieren kann, wie Emissionsminderung, exzellente Forschung und Lehre und ein lebenswerter Campusbetrieb sich vereinbaren lassen.