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Als Viktoria Cologna und Niels Mede erfuhren, dass ihr Forschungsprojekt mit dem UZH Postdoc Team Award 2024 ausgezeichnet wird, war die Freude gross – nicht nur über die Würdigung, sondern auch über die Sichtbarkeit, die ihre Arbeit dadurch erhält. «Vielleicht werden so auch andere Forschende inspiriert, sich mit einem internationalen Projekt auf ähnliche Pfade zu begeben», sagt Mede. Ihr Forschungsprojekt «TISP» befasst sich damit, inwieweit Menschen weltweit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vertrauen und populistische Vorbehalte gegenüber ihnen haben. Dafür haben Cologna und Mede 241 Forschende aus 179 Institutionen zusammengebracht und mit ihnen eine globale Befragung durchgeführt – eine Mammutaufgabe.
Cologna, Umweltsozialwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Umweltpsychologie, und Mede, Kommunikationswissenschaftler mit Fokus auf Wissenschaftskommunikation, ergänzen sich fachlich und persönlich ideal, wie beide betonen. «Mir macht Projektmanagement und die Koordination grosser Teams Spass», erklärt Cologna, die derzeit ein Fellowship am Collegium Helveticum, dem Schweizer Institute for Advanced Study, innehat. Mede, Oberassistent am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der UZH, fügt hinzu: «Für mich ist die methodische Arbeit, also die Entwicklung des Studiendesigns und der Erhebungsinstrumente, sowie die Datenanalyse besonders spannend.»
Es gab während der Pandemie viele Vermutungen, dass das Vertrauen in die Wissenschaft niedrig sei, aber kaum globale Daten dazu. Wir wollten das genauer untersuchen.
Kernstück des TISP-Projekts ist eine weltweite, 37-sprachige Online-Befragung, die Cologna und Mede konzipiert und gemeinsam mit einem neunköpfigen Expertenbeirat und über 240 Forschenden aus allen Weltregionen durchgeführt haben. Damit erhoben sie einen der derzeit grössten Befragungsdatensätzen dazu, wie es um das Vertrauen in die Wissenschaft steht, wie die Bevölkerung die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Politik einschätzt und ob die Befragten der Ansicht sind, dass Wissenschaftler:innen genügend mit der Öffentlichkeit kommunizieren. Antworten von 71’922 Menschen in 68 Ländern umfasst der Datensatz, darunter viele aus dem «Globalen Süden». Die Idee für diese Forschung entstand während der Covid-19-Pandemie. «Es gab viele Vermutungen, dass das Vertrauen in die Wissenschaft niedrig sei, aber kaum globale Daten dazu», erinnert sich Cologna. «Wir wollten das genauer untersuchen.»
Nebst der wissenschaftlichen Herausforderung des Projekts kümmerten sich beide auch um die mentale Gesundheit in ihrem Zweierteam. «Wir haben immer aufeinander geachtet und offen über Belastungen gesprochen», erzählt Mede. Diese gelebte Fürsorge sei nicht nur menschlich, sondern auch für den Projekterfolg essenziell gewesen. Dazu zählte, dass sie Schwierigkeiten offen angesprochen hätten. «Natürlich gab es Meinungsverschiedenheiten. Wir haben in solchen Situationen bewusst Zeit investiert, um eine Lösung zu finden, mit der beide wirklich zufrieden waren. Oft haben wir dafür unseren Projektbeirat und das globale Konsortium um Rat und Einschätzungen gebeten», sagt Cologna.
Ursprünglich sollte das Projekt etwa 30 Partnerinstitutionen umfassen. Doch das Interesse wuchs explosionsartig: Forschende weltweit wollten mitwirken. «Das war überwältigend, aber auch eine logistische Herausforderung», erinnert sich Cologna. Viele Excel-Listen, ein eigener Newsletter und regelmässige Sprechstunden via Zoom sorgten dafür, dass das internationale Team vernetzt blieb. Ein interner Vertrag regelte die Zusammenarbeit für alle transparent einsehbar und fair.
Ein weltweites Forschungstreffen wäre der perfekte Abschluss für dieses aussergewöhnliche Projekt.
Besonders stolz sind die beiden darauf, dass sie auch Forschende aus dem «Globalen Süden» eingebunden haben. «Sie werden weniger zitiert und ihre Länder sind weniger oft Gegenstand der Forschung. Das wollten wir nicht reproduzieren», erklärt Mede. Während sich Forschende aus dem Westen von selbst meldeten, mussten Cologna und Mede zum Teil einen grossen Effort leisten, um die passende Kolleg:innen aus nicht-westlichen Ländern zu finden. Ein Hindernis stellte auch die Finanzierung dar. Die Lösung: Forschende aus wohlhabenderen Ländern unterstützten Kolleginnen und Kollegen finanziell, um Umfragen in Ländern mit begrenzten Ressourcen durchzuführen. «Die Solidarität war überwältigend», sagt Cologna. «Innerhalb einiger Wochen hatten wir Zusagen in fünfstelliger Höhe.» Neben der geografischen Verteilung achteten die beiden darauf, dass Frauen und Nachwuchsforschende gut vertreten waren. Die verschiedenen Perspektiven hätten das Projekt sehr bereichert, sagen beide Forschende.
Wie geht es weiter? Die Forschungsresultate erscheinen demnächst in der Zeitschrift «Nature Human Behaviour». Zudem wird der gesamte Befragungsdatensatz in der Zeitschrift «Scientific Data» publiziert werden und öffentlich frei verfügbar sein. So wollen Cologna und Mede ihrem Anspruch Rechnung tragen, gesellschaftsorientierte, transparente und reproduzierbare Forschung im Sinne einer «Open Science» zu betreiben. Zudem wollen die beiden mit einem Teil des Preisgeldes des UZH Postdoc Team Awards Forschende aus wirtschaftlich benachteiligten Ländern weiter unterstützen. Ein Wunsch wäre, das gesamte Team eines Tages an einer Konferenz persönlich zu treffen. «Wir haben über die Jahre viele Freundschaften geschlossen, auch wenn wir uns meist nur virtuell gesehen haben», sagt Cologna. Mede ergänzt: «Ein weltweites Forschungstreffen wäre der perfekte Abschluss für dieses aussergewöhnliche Projekt.»