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Energie, Brennstoffe, Materialien, Nahrung: Die nachhaltige Herstellung und Nutzung dieser Ressourcen ist in Zeiten der Klimaerwärmung gefordert. Es braucht CO2-neutrale Alternativen, die sich im Markt gegen die bestehenden, oft auf fossilen Rohstoffen basierenden Verfahren durchsetzen können. Doch die Entwicklung innovativer Ideen zu marktfähigen Technologien verschlingt enorme Summen.
Die schweizerische Werner Siemens-Stiftung (WSS) stellt nun eine Finanzierung im Umfang von 100 Millionen für ein innovatives interdisziplinäres Forschungsprojekt zur nachhaltigen Ressourcennutzung in Aussicht. Sie hat anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens im Jahr 2023 einen Wettbewerb ausgeschrieben, an dessen Ende der besten Projektidee 100 Millionen Schweizer Franken winken, verteilt auf zehn Jahre. Mit dieser Finanzierung soll ein WSS-Forschungszentrum für «Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung» aufgebaut werden.
Am Wettbewerb mitmachen konnten Forschungsgruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Insgesamt wurden 123 Ideenskizzen bei der WSS eingereicht. Sechs davon hat die Stiftung mit Sitz in Zug nun ausgewählt und mit einer Million Franken ausgestattet. Mit diesem Geld sollen die Forschenden ihre Idee bis diesen Herbst zu einem Konzept für ein WSS-Forschungszentrum weiterentwickeln – und sich damit um die 100 Millionen Franken bewerben.
Unter den sechs ausgewählten Projektgruppen ist das interdisziplinäre Team um die UZH-Professorin Greta Patzke, Direktorin des Universitären Forschungsschwerpunkts «LightChEC – Solar Light to Chemical Energy Conversion», und David Tilley, Leiter der Forschungsgruppe «Renewable Energy and Sustainable Chemistry» am Institut für Chemie. Ihre Idee besteht darin, neue leistungsfähige und kostengünstige Halbleiterpartikel zu entwickeln, die Wasser direkt mit der Energie des Sonnenlichts in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Wasserstoff gilt als vielversprechender zukünftiger Energieträger, sofern er klimaneutral hergestellt wird.
Das Team untersucht die solare Wasserstofferzeugung schon länger. In den letzten Jahren hat es grosse Fortschritte erzielt beim gezielten Design und Verständnis katalytischer Materialien. Dies ebnet nun den Weg zu sogenannten Solar-Particulate-Panel-Reaktoren (SPP-Reaktoren) – das sind vereinfacht gesagt neuartige, hocheffiziente «Solar-Panels», die durch direkte Nutzung von Sonnenlicht Wasserstoff erzeugen. Insbesondere schafften es die Forschenden, verschiedene neuartige Katalysatoren, welche die Spaltung von Wasser beschleunigen und effizienter machen, herzustellen und im Detail zu analysieren. «Unsere bisherige Grundlagenforschung war erfolgreich», sagt Tilley. «Andere Arbeiten zur Ökobilanzierung konnten prinzipiell zeigen, dass die solare Wasserstofferzeugung mittels Halbleiter-Katalysatoren bereits wirtschaftlich konkurrenzfähig sein kann. Nun möchten wir ihre Entwicklung und Praxistauglichkeit voranbringen.» Dazu müssen die verwendeten Materialien effizient synthetisiert, optimiert und auf ihre Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit hin geprüft werden. «Wir wollen ja eine nachhaltige Wasserstofferzeugung etablieren», sagt Tilley.
Sollte die Projektidee von Patzke und Tilley den WSS-Wettbewerb Ende Jahr gewinnen und die 100 Millionen erhalten, wird das Team die SPP-Reaktoren auf der Basis von verschiedenen Katalysatoren im neu zu gründenden WSS-Forschungszentrum erforschen und entwickeln. In den nächsten zehn Jahren würden dann Demonstrationsreaktoren von je mehr als 100 m2 Panel-Fläche entstehen.
Wichtig ist nicht nur die Umwandlungseffizienz dieser Anlagen. Die Panels sollen auch lange einsatzfähig und rezyklierbar bleiben sowie optimal in der Umwelt platziert werden – und die Katalysatoren sollen aus möglichst breit verfügbaren, kostengünstigen und umweltfreundlichen Grundstoffen bestehen. Die ökologische Bewertung, die langfristige Sicherheit und die Nachhaltigkeit der Technologie sind deshalb integrale Teile des interdisziplinären Forschungsvorhabens, an dem neben dem Institut für Chemie der UZH auch die Empa (Standort Dübendorf) und das Wasserforschungsinstitut Eawag der ETH Zürich mitarbeiten.
Langfristig sollen SPP-Reaktoren noch mehr herstellen als umweltfreundlichen Wasserstoff. Gemäss den Forschenden wird es mit der Technik dereinst auch möglich werden, Basis-Chemikalien zu erzeugen, Kohlenstoffdioxid in kostengünstige Flüssigtreibstoffe zu verwandeln oder aus Stickstoff nachhaltigen Dünger zu produzieren.