Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Biomedizinische Informatikplattform

Den Datenschatz heben

Das Forschungszentrum «The LOOP Zurich» schafft eine zentrale Plattform für den Austausch von Gesundheitsdaten zwischen UZH, ETH Zürich und den vier universitären Spitälern. Damit Daten rasch und unkompliziert zugunsten der Patientinnen und Patienten genutzt werden können.
Adrian Ritter
Mit neuartigen Methoden beobachten Forschende am Institut für Quantitative Biomedizin die Wirksamkeit von Krebstherapien. Die blauen, grünen und gelben Streifen zeigen Ergebnisse von DNA-Sequenzierungen.

 

Liegt eine Patientin auf der Intensivstation, überwachen zahlreiche Geräte ihren Gesundheitszustand. Zwischendurch erfolgt vielleicht eine Magnetresonanztomographie und im Hintergrund werden im Labor Blutproben ausgewertet. All dies mit dem Ziel einer bestmöglichen Behandlung. Und mit einer interessanten und wichtigen Folge: Pro Person fallen auf einer Intensivstation jeden Tag rund 20 MB an Daten an, in speziellen Situationen werden gar 100 GB erreicht – eine gewaltige Menge, die etwa der Dateigrösse eines einstündigen Kinofilms entspricht.

Stimmen die Patientinnen und Patienten der Nutzung dieser Daten für die medizinische Forschung zu, wird es spannend. Denn insbesondere wenn eine grosse Datenmenge analysiert werden kann, werden darin Muster sichtbar, wie sich Krankheiten entwickeln und welche Therapien wirksam sind. Immer öfter kommen dabei Methoden der Künstlichen Intelligenz zum Einsatz. Das neu gewonnene Wissen schafft die Grundlage, um personalisierte, also auf jeden einzelnen Menschen zugeschnittene Behandlungen zu entwickeln. «Grosse Datenmengen sind eine wichtige Grundlage der Präzisionsmedizin», sagt Beatrice Beck Schimmer, Direktorin Universitäre Medizin Zürich.

Mehr Daten, mehr Wissen

Aber wird dieser Datenschatz auch genutzt? Wie sieht das in den vier universitären Spitälern in Zürich aus, also dem Universitätsspital Zürich, dem Universitäts-Kinderspital Zürich, der Universitätsklinik Balgrist und der Psychiatrischen Universitätsklinik? «Wir nutzen das riesige Potenzial der Daten noch zu wenig», ist Beatrice Beck Schimmer überzeugt.

Das Problem: Heute benutzt jedes Spital sein eigenes Informatiksystem. Die Daten der Patientinnen und Patienten sind nicht kompatibel mit anderen Systemen und können nicht zwischen den Spitälern ausgetauscht und damit für unterschiedliche oder beispielsweise spitalübergreifenden Forschungsprojekte genutzt werden. Es fehlt an einer gemeinsamen digitalen Infrastruktur. Auch an den einzelnen Spitälern fehlt bisweilen die Infrastruktur, um mit grossen Datenmengen umzugehen.

Eine Plattform für alle

Jetzt ist eine Lösung dafür in Sicht. Das Forschungszentrum The LOOP Zurich – eine gemeinsame Initiative von UZH, ETH Zürich und den vier universitären Spitälern – will bis 2025 eine Biomedizinische Informatikplattform (BMIP) aufbauen. Den Auftrag dazu hat The LOOP von der Universitären Medizin Zürich (UMZH) erhalten, wofür der Regierungsrat des Kantons Zürich die notwendigen Mittel gesprochen hat. Damit entsteht ein zentrales Datenmanagement auf dem Forschungsplatz Zürich. «Ziel ist es, einen effizienten, einfachen Datenaustausch für alle beteiligten Forschenden zu garantieren. Das ist eine wichtige Basis für die langfristige Entwicklung des Medizinstandortes Zürich», sagt Michael Krauthammer, Medizininformatiker an der UZH und Ko-Projektleiter der Biomedizin-Plattform. Der zweite Projektleiter auf Seiten der ETH Zürich ist der Biomedizininformatiker Gunnar Rätsch.

Konkret: Die beteiligten vier universitären Spitäler werden ihre für jedes Forschungsprojekt erhobenen Daten an die neue Plattform senden. Dort werden alle Daten zusammengeführt, gespeichert und harmonisiert – also in ein Format gebracht, das den Austausch zwischen den einzelnen Spitälern erlaubt. Integriert in die Plattform werden auch die bestehenden Biobanken mit wertvollen Patientendaten unter anderem aus Gewebeproben. Die zentrale Lösung anstelle von zeitgemässen Infrastrukturen für jedes einzelne Spital wird auch deutlich kostengünstiger sein. Für die Daten auf der Plattform gelten die gleich strengen Anforderungen an den Datenschutz wie in den Spitälern.

Zurück in die Klinik

Die Biomedizinische Informatikplattform wird aber nicht nur die Speicherung und den Austausch von Daten ermöglichen, sondern auch die Entwicklung und die vernetzte Anwendung von Künstlicher Intelligenz. So werden sich etwa Algorithmen aus einem Projekt des USZ auch für das Balgrist nutzen lassen. Denn die Plattform ist keine Einbahnstrasse. Daten und Algorithmen lassen sich daraus auch wieder in die Spitäler exportieren. Um auf das Beispiel der Intensivstation zurückzukommen: Dort können solche Algorithmen genutzt werden, um beispielsweise eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes frühzeitig zu erkennen und geeignete Massnahmen einzuleiten. Die auf der Plattform entwickelten Algorithmen können dazu auch direkt an den Geräten der Intensivstation angewandt werden.

Bereit für schweizweite Lösung

Die Zürcher Plattform wird den Standards entsprechen, wie sie derzeit im Rahmen des Swiss Personalized Health Network (SPHN) entwickelt werden. Diese Initiative des Bundes will einen schweizweiten Austausch von Gesundheitsdaten für die Forschung ermöglichen. Die Zürcher Lösung wird sich in Zukunft über eine Schnittstelle direkt in die landesweite Lösung eingliedern lassen. «Mit unserer Informatikplattform könnte Zürich gar zum nationalen Vorbild für die datenzentrierte Forschung werden», sagt Beatrice Beck Schimmer. Das Leuchtturmprojekt für den Medizinstandort Zürich solle weiter dazu beitragen, eine interdisziplinäre Forschungskultur zwischen Ingenieurwissenschaften, Medizin und Informatik zu etablieren.

In erster Linie aber soll die Biomedizinische Informatikplattform den Patientinnen und Patienten zugutekommen. Ihre Daten werden es ermöglichen, die Diagnostik und Therapie zahlreicher Krankheiten zu verbessern. Die Plattform will sicherstellen, dass dies in Zukunft einfacher möglich ist – indem der Datenschatz allen Forschenden zur Verfügung steht. Die Informatikplattform trägt damit zu einer nachhaltigen Medizin bei, welche die Ressourcen und das Wissen bündelt und dafür sorgt, dass Patientinnen und Patienten die für sie wirksamste, evidenzbasierte Behandlung erhalten.

Weiterführende Informationen