Navigation auf uzh.ch
Rund 4000 UZH-Angehörige haben den umfangreichen Fragenkatalog der Mitarbeitenden-Befragung letzten Frühsommer ausgefüllt. Die generelle Auswertung zeigte, dass die Mitarbeitenden ihre Tätigkeit als sinnvoll erleben, sich ihrem Aufgabenbereich verpflichtet fühlen und eine sehr hohe Bereitschaft haben, sich zu engagieren. Mitarbeitende erfahren in ihren Teams Wertschätzung, Vertrauen und Respekt. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist ausgeprägt und die Verbundenheit mit der UZH gross. Auch im Hinblick auf die Arbeitsorganisation, die Chancengleichheit und die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sind die Werte gut.
Weil gute Führung für die Arbeitskultur besonders wichtig ist, wurde die Mitarbeitendenbefragung 2022 im Auftrag der Universitätsleitung noch genauer auf diesen Aspekt hin untersucht. Acht Fragen im Fragenkatalog bezogen sich auf den Führungsstil des bzw. der direkten Vorgesetzten der Mitarbeitenden. Der Zufriedenheitswert lag durchschnittlich bei 69 von möglichen 100 Punkten.
Klaus Jonas sass der sechsköpfigen Arbeitsgruppe vor, die mit der Auswertung der Mitarbeitenden-Befragung beauftragt war. Er ist emeritierter Psychologieprofessor und Leiter der kürzlich gegründeten Leadership and Governance Academy der UZH.
Gute Führung ist die Voraussetzung dafür, dass jede und jeder an der UZH die beste Leistung erbringen kann.
Klaus Jonas, 69 Punkte von 100 Punkten, ist das gut?
Klaus Jonas: Die Skala ist schwierig zu interpretieren, weil sie keiner gängigen Bewertungsskala entspricht. Aussagekräftiger wird es, wenn wir die Bewertungen auf Instituts-, Klinik-, ZDU- oder Fakultätsebene anschauen. Es zeigt sich, dass viele Organisationseinheiten gut geführt werden und die Mitarbeitenden dort gern arbeiten. In manchen Einheiten wird zum Teil aber auch deutliche Kritik an der Führung geäussert.
Welche Führungsmängel formulierten die UZH-Mitarbeitenden am häufigsten?
Wenn der oder die direkte Vorgesetzte kritisiert wird, betrifft dies einen Mangel an klar formulierten Erwartungen an die Mitarbeitenden, an fehlenden konkreten Zielvorgaben, was bis wann zu erreichen ist, und an fehlender Rückmeldung nach erbrachter Leistung. In manchen Einheiten kritisierten Mitarbeitende auch, dass die Arbeitsbereiche nicht klar organisiert und die Verantwortlichkeiten nicht geklärt seien. In diesen Fällen nehmen die Mitarbeitenden bei ihren Führungskräften einen Laisser-faire-Stil wahr. Aus der Führungsforschung weiss man, dass Laisser-faire zu Unzufriedenheit führt.
Wie steht es beim administrativen und technischen Personal, dem ATP?
ATP-Angehörige sind im Durchschnitt zufriedener mit der Führung ihrer direkten Vorgesetzten. Aber auch hier gibt es Organisationseinheiten, in denen Kritik geäussert wird.
Bei der Mitarbeitenden-Befragung gab es auch die Möglichkeit, offene Kommentare zu schreiben. Was fiel da auf?
Es wurden Beanstandungen formuliert wie: Die Führungskraft hat nie Zeit, ist immer im Stress oder abwesend. Oder: Andere Teammitglieder nehmen sich Dinge heraus, die unmöglich sind, und die Führungskraft tut nichts dagegen. Vereinzelt äusserten Mitarbeitende auch, dass sie sich nicht trauen, problematische Verhaltensweisen anzusprechen, weil sie unfaire Reaktionen der Führungskraft befürchten, oder dass direkte Vorgesetzte bei Mobbing im Team nicht einschreiten. Eine Führungskraft, die in solchen Fällen Laisser-faire praktiziert, verschärft die Probleme.
Welche Gruppen an der UZH formulierten in der Befragung am häufigsten Führungsdefizite?
Der wissenschaftliche Nachwuchs in der Qualifizierungsphase – also Doktorierende und Postdocs. Das kann ich gut nachvollziehen: Es sind junge, ambitionierte Leute ohne feste Stelle. In ihrem Bemühen, sich gegenüber der Konkurrenz zu behaupten und eine interessante Position zu erlangen, brauchen sie Empowerment und Unterstützung und nicht Laisser-faire.
Der wissenschaftliche Nachwuchs hatte bisher auch kaum die Möglichkeit, eigene Führungskompetenzen explizit auszuweisen. Das ändert sich nun: Die Philosophische Fakultät hat zum Beispiel festgelegt, dass Oberassistierende 10 Prozent ihrer Arbeitszeit für Führungsaufgaben verwenden können.
Auch Titularprofessor:innen sind im Vergleich zu den anderen Befragtengruppen unzufriedener. Das dürfte vor allem daran liegen, dass sie im Vergleich zu ordentlichen Professor:innen über wenig Ressourcen wie Einrichtungskredite oder Assistenzen verfügen. Sie sind oft auch weniger gut in die Informationskanäle ihrer Organisationseinheiten eingebunden.
Welche Führungsverantwortung haben Professor:innen gegenüber dem wissenschaftlichen Nachwuchs?
Professor:innen müssen die Bedingungen dafür schaffen, dass der wissenschaftliche Nachwuchs gut arbeiten kann. Das bedeutet in erster Linie, dass sie die Leitplanken setzen und klar kommunizieren. Doktorierende brauchen eine Vielzahl an Informationen wie: Welche Forschungsfragen in meinem Gebiet sind relevant und ergiebig? Welches sind die wichtigsten Kongresse? Wie kann die persönliche und berufliche Weiterbildung gefördert werden? Aber auch: Welche Betreuung kann ich erwarten, wie viel Freiheit habe ich? Ohne solche Informationen können Nachwuchskräfte nicht effizient vorankommen.
Was geschieht, wenn in einzelnen Einheiten Führungsmängel festgestellt wurden?
Die Dekan:innen und die Leitenden der Zentralen Dienste der UZH sind informiert, in welchen Bereichen Führungsprobleme beanstandet wurden. Sie sind angehalten, die betroffenen Führungskräfte auf die beanstandeten Punkte anzusprechen, um die Situation zu verbessern. Das ist bereits vielerorts geschehen.
Welche Gruppe an der UZH ist am zufriedensten mit der Führung?
Die Professorinnen und Professoren. Das ist wenig verwunderlich. Sie haben die meisten Ressourcen, die grösste Handlungsfreiheit und keine direkten Vorgesetzten.
Wie nehmen Dekan:innen gegenüber Professor:innen ihre Führungsfunktion wahr?
Dekan:innen sind Primus oder Prima inter pares, d.h. sie führen Gleichgestellte. Sie praktizieren sogenanntes laterales Führen, bei dem gute Argumente, gute Kenntnisse der UZH und ihrer Reglemente, die Fähigkeit zu motivieren, und auch die Überzeugungskraft der Erfahrung zählen. Die derzeitigen Dekan:innen erlebe ich alle als sehr motiviert, und sie verfügen auch über das nötige Know-how.
Wohin soll sich die Führungskultur an der UZH in Zukunft entwickeln?
Die UZH profitiert als Ganzes, wenn autonome Professor:innen sich motiviert fühlen, über den Tellerrand hinauszuschauen und mitzudenken, wie sich die UZH weiterentwickeln und interdisziplinär und international vernetzen könnte. Dieses Bewusstsein für das big picture zu fördern, ist für die Zukunftsfähigkeit der UZH wichtig. Die Universitätsleitung selbst will nahbar sein für die Führungskräfte der UZH und diese im Bestreben unterstützen, ihre Teams gut zu führen und auftauchende Probleme selbst professionell anzugehen. Wir sind überzeugt: Gute Führung ist die Voraussetzung dafür, dass jede und jeder an der UZH die beste Leistung erbringen kann.