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Planetenforschung

Wie entstanden die seltsamen Monde des Uranus?

Die besonderen Eigenschaften der Uranusmonde sind der Astronomie seit Jahrzehnten ein Rätsel. Mithilfe modernster Supercomputer und interdisziplinärer Expertise geben Forschende der Universität Zürich und des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS eine detaillierte Antwort.
Arian Bastani
Uranus und seine Trabanten sind seitlich gekippt.

In unserem Sonnensystem gibt es einen Planeten, der nicht der Choreografie der anderen folgt. Während sich die meisten Planeten horizontal um ihre Achse drehen, ist Uranus auf die Seite gekippt und dreht sich vertikal. Das Gleiche gilt für die Monde dieses riesigen, eisreichen Planeten. Hinzu kommt, dass die Massen der Uranusmonde eine sehr seltsame Verteilung aufweisen. Die Gründe für diese Besonderheiten sind bisher nicht restlos geklärt. In einer neuen Studie, die in der Zeitschrift Icarus veröffentlicht wurde, schlagen Forschende der Universität Zürich und des NFS PlanetS eine detaillierte Antwort vor.

Reinhard
Christian Reinhardt ist UZH-Postdoktorand und Mitglied von PlanetS.

Eine gewaltsame Geschichte

Im Gegensatz zu den Monden anderer Planeten, wie etwa denen des Jupiters, nehmen die fünf grössten Monde des Uranus mit der Entfernung von ihrem Wirt an Masse zu. Der am weitesten entfernte Mond ist etwa 100 Mal so massiv wie der nächstgelegene. «Das ist ziemlich kontraintuitiv», erklärt der Mitautor der Studie, UZH-Forscher und NFS PlanetS-Mitglied Christian Reinhardt. «Monde entstehen normalerweise aus einer scheibenförmigen Ansammlung von Eis und Gestein – einer sogenannten circumplanetaren Scheibe –, die sich um einen Planeten dreht. Mit der Zeit verklumpt das Material, bis es schliesslich zu Monden wird. Ähnlich wie bei einem Kreisel konzentriert sich die Masse einer solchen Scheibe zum Zentrum hin. «Man würde daher nicht erwarten, dass die Monde, die sich näher am Zentrum bilden, masseärmer sind», sagt Reinhardt.

Künstlerische Illustration zur Entstehung der grössten Uranusmonde.

Der Ursprung der Massenverteilung der Uranusmonde hat die Astronomie daher vor ein Rätsel gestellt. Eine Theorie besagt, dass der Einschlag eines grossen Himmelskörpers auf dem Planeten riesige Mengen an Trümmern hinterliess. Aus den Trümmern dieses Zusammenstosses könnten dann die Monde entstanden sein. Für diese Einschlagstheorie spricht auch die Tatsache, dass Uranus zur Seite geneigt ist. Denn dies sei ohne einen Einschlag in der Geschichte des Planeten sehr schwer zu erklären, wie Reinhardt betont.

Jason Woo ist UZH-Postdoktorand und Mitglied von PlanetS.

Rechenleistung und hauseigenes Fachwissen
Doch wie dieser Einschlag ausgesehen und wie genau er zur Bildung von Monden mit dieser besonderen Massenverteilung geführt haben könnte, war bisher sehr schwer zu ermitteln. Eine umfassende Antwort würde bedingen, dass die Geschichte des Uranus und seiner Monde im Laufe der Zeit detailliert nacherzählt würde, vom Einschlag bis zum heutigen Zustand. Genau das hat das Team getan.

«Mit Hilfe des Supercomputers Piz Daint am Swiss Supercomputing Centre (CSCS) in Lugano und der interdisziplinären Expertise des UZH-Forschungsteams konnten wir die Entwicklung des Uranus und der Trümmer nach dem Einschlag, sowie die Bildung der Monde im Detail modellieren», sagt Jason Woo, Hauptautor der Studie, UZH-Forscher und NFS PlanetS-Mitglied.

Unterschiede in der Eisverdunstung

«Die Ergebnisse deuten auf einen streifenden Einschlag eines Objekts hin, das etwa dreimal so massiv war wie die Erde. Dadurch wurde der Planet gekippt und es entstand eine Trümmerscheibe um ihn herum, aus der sich die Monde bildeten«, ergänzt Woo. Aus den Simulationen haben die Forschenden gelernt, dass die besondere Massenverteilung auf Unterschiede in der Eisverdunstung über die Zeit zurückzuführen ist. Wie Woo erklärt, «erzeugte der kolossale Einschlag eine grosse Hitze.» Daher wurden der Planet und alles in seiner Nähe sehr heiss und jegliche Eistrümmer sind rasch verdampft. «Weiter draussen erhöhten sich die Temperaturen nicht so stark. Ein grösserer Teil des Eises blieb gefroren und umkreiste weiterhin den Planeten. So stand dort neben Gestein auch Eis als Material für die Bildung der Monde zur Verfügung, so dass sie sich etwa zur Hälfte aus Gestein und zur Hälfte aus Eis zusammensetzten. Mit der Zeit kühlte sich alles wieder ab und auch in Planetennähe bildete sich wieder Eis. Da es aber weiter draussen bereits früher mehr Eis und damit mehr festes Material gab, hatten die Monde dort mehr Zeit zu wachsen und wurden deshalb grösser», so Woo.

Bewährter Ansatz

«Uranus – und Eisriesenplaneten im Allgemeinen – sind noch nicht gut erforscht, obwohl Beobachtungen zeigen, dass vergleichbar grosse Planeten recht häufig vorkommen. Unsere Ergebnisse geben uns mehr Gewissheit, dass der Uranus in der Tat spät in seiner Entstehungsgeschichte von einem massiven Objekt getroffen wurde und dass dies zur Bildung seiner grössten Monde führte. Unser interdisziplinärer Ansatz hat sich bei der Lösung schwieriger Fragen der Planeten- und Mondentstehung als erfolgreich erwiesen und könnte uns helfen, einige der anderen Planeten da draussen im Kosmos besser zu verstehen», so Reinhardt abschliessend.

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