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Vireninfektion

Das Coronavirus an der Achillesferse packen

Impfstoffe zum Schutz gegen das zirkulierende Coronavirus sind noch nicht vorhanden. Eine weitere Hoffnung richtet sich auf antivirale Medikamente. Nun testet ein UZH-Team rund 5000 – zum Teil bereits zugelassene – Wirkstoffe und wendet dabei ein weltweit neues Verfahren an.
Nathalie Huber
Das Team um den UZH-Professor Urs Greber testet rund 5000 Wirkstoffe gegen das Coronavirus.


Die Situation ist hochdynamisch: Das Coronavirus Sars-CoV-2 zirkuliert auf allen sieben Kontinenten – ausser Antarktika. Die WHO stuft die aktuelle Lage als Pandemie ein. Bereits gibt es in unmittelbarer Nähe der Schweiz, in Norditalien, einen beträchtlichen Infektionsherd. Auch hierzulande steigt die Zahl der Infizierten täglich an, und die Lungenkrankheit Covid-19 breitet sich aus. Der Tessin ist zurzeit am stärksten betroffen, gestern hat der Kanton den Notstand ausgerufen.

Weil infizierte Personen während mehreren Tagen keine merklichen Krankheitssymptome zeigen, kann sich das Virus unbemerkt verbreiten. Drastische Massnahmen wie Abschottung der Infektionsträgerinnen und -träger oder die Isolation ganzer Regionen sind schwierig vorzunehmen. Laut Expertinnen und Experten wird die Pandemie noch längere Zeit andauern.    

Im Moment gibt es noch keine Impfung gegen Sars-CoV-2. Auch antivirale Medikamente sind derzeit nicht verfügbar. Denn laut Urs Greber, UZH-Professor für Molekulare Zellbiologie, sind nur wenige chemische Hemmstoffe klinisch gegen Viren getestet – und diese sind entweder wirkungslos, oder sie bringen nach kurzem Einsatz resistente Viren hervor.

Wirkstoff-Bibliothek testen

«Um die Auswirkungen des Coronavirus zu mindern, sind deshalb antivirale Hemmstoffe auf breiter Basis akut nötig», sagt Urs Greber. Gemeinsam mit seinem Team arbeitet der Experte für Vireninfektionen unter Hochdruck daran, neue antivirale Hemmstoffe gegen Coronaviren zu testen. Sein Ansatz dazu ist weltweit einzigartig. Das Forscherteam testet dabei eine «geordnete» Sammlung von rund 5000 bekannten chemischen Wirkstoffen gegen eine für den Menschen ungefährliche Variante des aktuell zirkulierenden Sars-CoV-2. Die zu testenden Wirkstoffe sind zum Teil bereits gegen nicht-virale Erkrankungen beim Menschen getestet und zugelassen.

Diese Tests finden in Kulturen menschlicher Zellen statt und sind im Vergleich zu anderen Verfahren schnell und umfassend. Zur Identifizierung der Wirkstoffe braucht es keine speziellen Sicherheitsmassnahmen und auch kein extra dafür ausgebildetes Personal. Grebers Verfahren erfordert lediglich die sogenannte Biosicherheitsstufe 2, die in seinem Labor an der UZH gegeben ist.

Infektionskette in Zellkulturen simulieren

Im Gegensatz zu gängigen Tests misst das UZH-Verfahren alle Schritte der viralen Vermehrung – vom Eintritt des Virus in eine Zelle bis zu dessen Austritt und der Infektion der benachbarten Zellen. «Wir hoffen, damit die Achillesferse des Virus zu entdecken», so Greber.

Die Schritte der Virenvermehrung in einer infizierten Zelle und die Verbreitung auf die Nachbarzellen sind bei verschiedenen Coronaviren ähnlich. «Indem wir gewisse zelluläre Faktoren ausschalten, welche die Virenverbreitung beschleunigen, hoffen wir, bestimmte Hemmstoffe zu finden, die gegen viele Coronaviren wirken und wenige virale Resistenzen erzeugen», sagt Greber.

Erster Erfolg

Seinen mechanistisch-therapeutischen Ansatz hat er im vergangenen Jahr erfolgreich getestet: Mit seinem Team ist es ihm gelungen, aus rund 1200 bekannten chemischen Wirkstoffen einen zu identifizieren, der andere Atemwegsviren, sogenannte Adenoviren, hemmt. Das Team prüft nun mit andern UZH-Forscherinnen und -Forschern, ob der Wirkstoff eine klinische Wirkung gegen Adenoviren hat.

Greber nimmt an, dass es einen ganzen Cocktail an Wirkstoffen brauchen wird, um den Erreger in den Griff zu bekommen. Er rechnet damit, dass seine Tests per Ende Jahr abgeschlossen sind. Danach können die validierten Wirkstoffkandidaten am zirkulierenden, nicht abgeschwächten Sars-CoV-2, getestet werden – zunächst in Zellkulturen und dann gegebenenfalls klinisch.  

 

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