Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Gesellschaft

Über Heimatgefühle und Bürgerrechte

Die Ausstellung «Zürcher!nnen machen» setzt sich mit der Frage auseinander, wer denn eigentlich Zürcher!n ist. Das wurde auch an einer Podiumsdiskussion kontrovers debattiert.
Fabio Schönholzer

Kategorien

Auf der Suche nach den «wahren» Zürcherinnen und Zürcher: Die Ausstellung «Zürcher!nnen machen» im Lichthof West der UZH.

 

Ab wann werden Zugezogene zu Einheimischen? Ab wann fühle ich mich Zürcherin oder Zürcher? Und ab wann werde ich als Zürcher wahrgenommen? Mit Videoinstallationen, einer «Einbürgerungskommission» und cleveren Gedankenspielen widmet sich die Ausstellung «Zürcher!nnen machen» an der UZH diesen Fragen. Sie regt an, sich mit der Identität der Bevölkerung einer weltoffenen Stadt auseinanderzusetzen. Die Ausstellung zeigt dabei, dass es «die» wahre Zürcherin und «den» wahren Zürcher gar nicht gibt.

Diese Erkenntnis wiederspiegelte sich auch am von Tages-Anzeiger-Redaktorin Rafaela Roth moderierten Podiumsgespräch, das anlässlich der Ausstellung an letzten Donnerstag an der UZH stattfand. Alle Podiumsteilnehmer sahen sich zwar als Zürcher; die Antworten auf die Frage, ab wann man den Zürcher oder Zürcherin ist, fielen aber vielseitig aus.

Die Co-Präsidentin des städtischen Ausländerbeirates Renske Hedemma, gebürtige Holländerin, misst ihre Identität primär am eigenen Engagement: Nachdem sie bei ihrer Niederlassung in Zürich sämtliche alltäglichen und sprachlichen Hürden überwunden habe, fühlte sie einen Stolz, Zürcherin zu sein. Sie sei zwar immer noch Ausländerin, aber auch Teil der hiesigen Gesellschaft und wolle aktiv in der Stadt mitwirken. Hedemma setzt sich deshalb auch stark für ein lokales Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer ein.

SVP-Nationalrat Mauro Tuena, der als herausragendes Merkmal der Zürcherinnen und Zürcher scherzhaft die «Zürischnorre» ausmachte, widerstrebte dieses Ansinnen. Er berief sich dabei auf hiesiges Recht, dass nur Schweizerinnen und Schweizer bei Geschehnissen im Land mitbestimmen dürfen.

Die wissenschaftliche Perspektive erläuterte Claudia Vorheyer, die sich in ihrer Forschung an der UZH mit Expats und Mehrfachmigration auseinandersetzt. Es gebe dabei zwei Sichtweisen, welche das Zugehörigkeitsgefühl beeinflussen: Die Eigenwahrnehmung «sehe ich mich als Zürcherin?» sowie die Fremdwahrnehmung «sehen mich die anderen als Zürcherin?». Behördlich gesehen sei es aber ganz einfach: «Ich bin in der Stadt registriert, also bin ich Zürcherin.»

Podium
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion (v.l.n.r.): Soziologin Claudia Vorheyer, Co-Präsidentin städtischer Ausländerbeirat Renske Hedemma, Moderatorin des Gesprächs und Tages-Anzeiger-Redaktorin Rafaela Roth, SVP-Nationalrat Mauro Tuena, grüne Politikerin und Unternehmerin Anna Stünzi sowie Direktor des Thinktanks Avenir Suisse, Peter Grünenfelder.

Für Peter Grünenfelder, Direktor des Thinktanks Avenir Suisse, bedeutet Zürcher-sein, sich für die Stadt einzusetzen: Es sei wichtig, dass man für Zürich einen Mehrwert leiste – beispielsweise durch unternehmerische, soziale, kulturelle oder politische Tätigkeit. Diese könne man auch ohne Schweizer Pass ausüben. Dabei war er überzeugt, dass die in Zürich lebenden Ausländerinnen und Ausländer alleine wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zumindest auf lokaler Ebene an der Gestaltung der Stadt mitwirken sollen – denke man an beispielsweise an Schulen im Quartier, die auch mit ihren Steuergeldern bezahlt werden.

Dieser partizipatorische Ansatz wurde auch von der grünen Politikerin und Unternehmerin Anna Stünzi unterstützt. Zudem forderte sie auch mehr Gleichstellung, beispielsweise von Sans Papiers: «Wer in Zürich lebt und sein Leben hier verbringt, der soll auch die gleichen Rechte haben.» Sie spricht sich dabei für die sogenannte Zurich City Card aus, die Menschen ohne amtlichen Ausweise ein diskriminierungsfreies Zugangsrecht zu öffentlichen und privaten Leistungen ermöglichen soll.

Weitere kontroverse Themen der Podiumsdiskussion waren beispielsweise die Personenfreizügigkeit, Fragen zur Integration oder die Diskriminierung von Ausländerinnen und Ausländern. Nur bei einem Punkt waren sich alle Podiumsteilnehmer einig: Sie alle leben gerne in Zürich.

Weiterführende Informationen