Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Aufgefallen

«Vom hohen Ross steigen»

Länder vertreten, Argumente schärfen: In der Model United Nations (MUN) an der UZH diskutieren Studierende brisante Themen der internationalen Politik – grosses Vorbild ist die UNO. Deborah Häusermann steht dem Debattierclub vor, und spricht im Interview über die MUN, falsche Diktatoren und unterschiedliche Wertvorstellungen
Interview: Fabio Schönholzer

Kategorien

Deobrah Häusermann
Geschichtsstudentin Deborah Häusermann (24) präsidiert die Model United Nations an der UZH. (Bild: Fabio Schönholzer)

 

Deborah Häusermann, streiten Sie gerne?

Wenn man zivilisiert, vernünftig und mit Fakten streitet, dann tue ich das gerne. Es gibt viele verschiedene Anliegen, für die es sich auch zu streiten lohnt.

Gestritten wird heute viel, und zwar meist darüber, wer recht hat und wer falschliegt. Einen Mittelweg sucht scheinbar niemand mehr ...

... das sehe ich auch so: Es fehlt an Kompromissbereitschaft. Schnell steigern wir uns in etwas hinein und führen stark emotionalisierte Gespräche, die das Thema verzerren. Die Argumente  basieren dabei nicht immer auf Fakten, sondern legen diese teils sogar falsch aus, damit sie der eigenen Sache dienen. Es ist schon beängstigend, dass auch bei uns so Politik gemacht werden kann.

In der MUN übernehmen Studierende die Rollen von Abgeordneten einzelner Länder, um im Plenum über internationale Themen und Krisen zu verhandeln. Vor kurzem haben Sie etwa über die Flüchtlingskrise in Venezuela debattiert. Wird man bei diesen Diskussionen nicht auch irgendwann emotional?

Wir bereiten uns mit langer und ausgiebiger Recherche vor, um die Themen ernsthaft zu besprechen, und tun dies dann auch mit viel Herzblut. Ziel unserer Verhandlungen ist es, einen Konsens zu finden und diesen schriftlich festzuhalten. Die Gespräche können sich aber auch über mehrere Wochen hinziehen, wenn sich etwa die eine Seite einfach nicht kompromissbereit zeigt. Das kann dann doch etwas an den Nerven zerren. Dafür freuen wir uns natürlich umso mehr, wenn wir nach harten, aber erfolgreichen Diskussionen gemeinsam etwas trinken gehen.

Gibt es gelegentlich auch etwas zu lachen?

Ganz viel. Es gibt Leute, die gerne in die Rolle von Diktatoren schlüpfen. Wenn sie im Plenum dann ganz offensichtliche Propaganda verkünden, kann das auf eigenwillige Weise komisch werden.

Unsere Wertvorstellungen sind von unserer Kultur geprägt. Ist es schwierig, die Perspektive von fremden Ländern mit anderen Werten einzunehmen?

Das ist genau die Idee der MUN: In die Rolle anderer Länder und Kulturen zu schlüpfen, um so herauszufinden, wie die jeweiligen Meinungen und Perspektiven zustande kommen. Das ist nicht immer ganz einfach. Vor kurzem habe ich beispielsweise die Philippinen vertreten. Es war dann schon schwierig, vor einem fiktiven Menschenrechtskomitee zu behaupten, im Land sei alles in Ordnung, wir legten Wert auf die Grundrechte. Umgekehrt ist der Westen beim Einhalten von Menschenrechten auch nicht immer über alle Zweifel erhaben. Wir sollten vielleicht auch einmal von unserem hohen Ross steigen.

Weiterführende Informationen

UZH Magazin

Dieses Interview wurde im UZH Magazin 4/18 veröffentlicht.