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Psychologie

Der Weg wird zum Ziel

Jüngere Menschen setzen sich Ziele, die einen Gewinn versprechen, zum Beispiel die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf. Ältere Menschen fokussieren mehr auf das Tun an sich, etwa die körperliche Bewegung. Sie sind mit dieser Ausrichtung zufriedener als die Jungen. Dies berichtete die Entwicklungspsychologin Alexandra M. Freund an der Konferenz «Aging & Cognition» an der UZH.
Lena Serck-Hanssen
Alexandra M. Freund
Erforscht, wie sich Motivation und Zielsetzungen im Laufe des Lebens verändern: Entwicklungspsychologin Alexandra M. Freund (Bild: zVg)

Wie gehen Menschen damit um, wenn ihre physischen Kräfte oder gewisse andere Fähigkeiten und gesellschaftlichen Möglichkeiten mit dem Alter abnehmen? Diese Frage untersucht an der Universität Zürich Alexandra M. Freund, Professorin für Entwicklungspsychologie im Erwachsenenalter.

Ihre Forschung zeigt, dass sich junge Menschen vor allem Ziele setzen, die einen Gewinn versprechen, zum Beispiel das Erreichen einer beruflichen Position oder einer sportlichen Leistung. Demgegenüber fokussieren ältere Menschen eher auf den Prozess an sich, zum Beispiel auf die regelmässige Bewegung. Ihr Ziel: den Status quo an Fitness aufrechtzuerhalten.

Gezielt motivieren

Die Ziele, die sich Menschen setzen, verändern sich also im Laufe der eigenen Entwicklung. «Diese Anpassung macht Sinn», sagt Alexandra M. Freund: «In jungen Jahren möchte und sollte man noch einiges erreichen. Deshalb sind Gewinnziele in der Jugend gut und nützlich. Sie verlieren aber im Laufe des Lebens an Bedeutung.»

Freund konnte in ihrer Forschung zeigen, dass ältere Menschen mit ihrem Fokus auf den Prozess – also das Tun an sich – insgesamt zufriedener sind als jüngere Menschen. Zudem verfolgen sie ihr Ziel, gewisse Fähigkeiten aufrechtzuerhalten oder einen Abbau zu minimieren, hartnäckiger als jüngere Menschen ihre meist gewinnorientierten Ziele. Auch jüngere Menschen erleben die Fokussierung auf das Tun an sich als angenehm. Aufgrund ihres Strebens nach einem Gewinnziel haben sie jedoch viel weniger Gelegenheit dazu.

Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, alte und junge Menschen auf optimale Weise zu einem bestimmten Verhalten, zum Beispiel zu regelmässiger Bewegung, zu motivieren.

Wertvolle Lebenserfahrung

Ihre Forschung stellte Freund kürzlich an der internationalen Konferenz «Aging & Cognition» an der UZH vor (vgl. Kasten). Im Zentrum der Konferenz standen dabei die mit dem Altern einhergehenden Veränderungen kognitiver Funktionen – etwa bei der Informationsverarbeitung und beim Problemlösen.

Während sich die sogenannte fluide Intelligenz – das schnelle Denken und Lernen und das flexible Anpassen an Neues – im Alter verschlechtert, kann die sogenannte kristalline Intelligenz bis ins hohe Alter erhalten bleiben. Letztere basiert auf dem im Laufe des Lebens angesammelten Wissen und den Erfahrungen. Sie kann dazu beitragen, komplexe Lebensprobleme zu lösen.

«Als Beispiel für die Anwendung von kristalliner Intelligenz kann die Notlandung des Piloten Chesley Sullenberger auf dem Hudson River im Jahr 2009 betrachtet werden», so Freund. Sullenberger war damals 57 Jahre alt – aus der Sicht der Entwicklungspsychologie nicht alt, aber immerhin älter. Das Beispiel zeigt, dass Erfahrung von hoher Bedeutung sein kann.

Da die kristalline Intelligenz jedoch zeitlebens von der fluiden Intelligenz abhängig ist, stellt sich die Frage, ob man altersbedingte Defizite bei der fluiden Intelligenz durch spezifisches Training kompensieren kann. An der Konferenz «Aging &Cognition» wurden Studien präsentiert, die sich mit dieser Frage befassten. «Bis jetzt konnte hauptsächlich gezeigt werden, welche Art von Training keine signifikante Verbesserung herbeiführt», sagt Freund. Durch regelmässiges Rätseln an Sudokus können man diese zwar besser lösen, doch bis jetzt gibt es keinen nachweisbaren Effekt auf das Lösen anderer kognitiver Herausforderungen. «Trotzdem sind diese Erkenntnisse nützlich, um altersbedingte Veränderungen besser zu verstehen», so Freund.