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Life Sciences

Alle an einem Tisch

Zürich hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Zentrum für Life Sciences entwickelt. Jüngster Zuwachs ist der Balgrist Campus. Dort wurde vergangene Woche auf Einladung des Kantons Zürich über die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert.
Adrian Ritter
Offene Räume fördern Begegnung und Kommunikation: Balgrist Campus. (Bild: Adrian Ritter)

War in den 1990-er Jahren der Finanzplatz der Wachstumsmotor der Zürcher Wirtschaft, so hat seither die Life-Sciences-Branche stark zugelegt. «Zürich hat sich in den letzten Jahren als dynamischer Hot-Spot solcher Unternehmen etabliert», sagte die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh vergangene Woche beim «Life Science Cluster-Dialog» im Balgrist Campus. Die Veranstaltung war dem Thema «Innovation durch Kooperation» gewidmet, womit die Zusammenarbeit von Forschenden verschiedener Hochschulen, aber auch die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Industrie gemeint war.

Einer der «Leuchttürme» dieser Kooperation innerhalb der Life Sciences ist der Bio-Technopark Schlieren, in welchem auch zahlreiche Forschungsgruppen der Universität Zürich tätig sind. Mit dem Wyss Translational Center Zurichund dem Balgrist Campus sind die Life Sciences im Raum Zürich im Dezember 2015 gleich um zwei weitere Standorte gewachsen.

Anregende Architektur

Die Architektur des Balgrist Campus sei explizit auf eine kooperative Arbeitsweise ausgerichtet, berichtete Christian Gerber, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik Balgrist und Initiant des neuen Campus. Die technischen Installationen befinden sich am Rand des Gebäudes, während im Zentrum viel Raum für Begegnungen geschaffen wurde – etwa in der Form zahlreicher grosser Tische. In den Labors fehlen die sonst üblichen Regale für Chemikalien und Instrumente zwischen den Arbeitsplätzen – auch hier soll die freie Sicht die Kommunikation fördern.

«Alle unter einem Dach und an einem Tisch», beschrieb Gerber das Konzept des Balgrist Campus. Dabei arbeiten auch Vertreterinnen und Vertreter aus Forschung und Industrie nicht in separaten Räumen. Fixe Arbeitsplätze gibt es im Campus nicht – die Mitarbeitenden sollen sich zwischen Labor- und Computertätigkeit im Haus bewegen und begegnen, so Christian Gerber: «Die ersten Erfahrungen mit diesem Konzept sind gut.» So habe eine Forschungsgruppe die Zahl ihrer Sitzungen reduzieren können, weil die neue Arbeitsumgebung den Austausch ohnehin fördere. 

«Zürich als dynamischer Hot-Spot der Life-Sciences-Branche»: Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh. (Bild: Andreas Bucher)

Mit Nähe zum Erfolg

Auch Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh schwärmte vom neuen Forschungs-Campus direkt neben der Universitätsklinik Balgrist: «Die räumlichen Nähe von Patientinnen und Patienten, klinisch tätigen Ärzten, Forscherinnen und Ingenieuren, die Nähe zu Universität und ETH Zürich und die Zusammenarbeit mit der biomedizinischen Industrie schaffen ideale Voraussetzungen für Innovationen.» Es seien auch ideale Voraussetzungen, um das Ziel des Campus zu erreichen, in einigen Jahren das führende europäische Forschungs- und Entwicklungszentrum im Bereiche der muskuloskelettalen Medizin zu sein.

Aufwändige Zulassung

Bei der anschliessenden Podiumsdiskussion diskutierte der Zürcher Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger mit Professor Christian Gerber und weiteren Vertretern der Life-Siences-Branche über die Zukunft des Forschungsplatzes Zürich.

Cluster-Dialog zum Thema Life Sciences (von links): Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger, Moderatorin Marina Villa, Alexander Duschau-Wicke (Hocoma AG), Professor Christian Gerber und Robert Frigg (ehemals Synthes). (Bild: Andreas Bucher)

Innovation sollte weniger als industrieller Prozess verstanden werden, betonte Robert Frigg, früherer Chief Technology Officer von Synthes. Innovation benötige vor allem geeignete Plattformen und Netzwerke. Frigg forderte mehr Mut zum Risiko seitens der Investoren und weniger bürokratischen Aufwand für Startups. Die Zulassung neuer Medizinalprodukte etwa sollte weniger aufwändig und schneller möglich sein.

Alexander Duschau-Wicke vertrat an der Veranstaltung ein erfolgreiches Beispiel eines Spin-off der Universitätsklinik Balgrist. Die Firma Hocoma AG entwickelt Robotik für die Neurorehabilitation – etwa den Gehroboter «Lokomat». Duschau-Wicke lobte die gute Wissenschaftspolitik der Schweiz. So habe der 2013 abgeschlossene Nationale Forschungsschwerpunkt Neurowissenschaften massgeblich dazu beitragen, dass neue Labors entstanden und die Schweiz heute in den Life Sciences an der Weltspitze stehe. Duscha-Wicke rief gleichzeitig dazu auf, dem frühzeitigen und intensiven Kontakt zwischen Startup-Firmen und bereits bestehenden Industrieunternehmen noch mehr Gewicht zu geben.  

Mit guten Ideen zu Geld

Die Teilnehmer des Podiumsgesprächs waren sich einig, dass ein erfolgreicher Forschungsplatz sowohl hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, eine gute Infrastruktur wie auch förderliche politische Rahmenbedingungen benötigt. Der Staat sollte gemäss Regierungsrat Thomas Heiniger vor allem Entwicklungen zulassen und unterstützen. Ein Beispiel einer solchen Unterstützung sei die aufgegleiste Weiterentwicklung des Hochschulgebietes Zürich Zentrum. Weiter wachsen soll auch der Life-Sciences-Standort Zürich-Lengg. In unmittelbarer Nachbarschaft zu den bestehenden Kliniken und dem Balgrist Campus will das Kinderspital Zürich in den kommenden Jahren seine Neubauten realisieren.

Christian Gerber zeigte sich zuversichtlich bezüglich des Life-Sciences-Standortes Zürich: «Wer eine gute Idee hat, wird auch Geld dafür finden, sie zu verwirklichen.» Beim Balgrist Campus sei dies gelungen – der Bau wurde vollständig privat finanziert.