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Warum Männer manchmal schweigen sollten

Immer mehr Menschen leiden unter Stress. Frauen gehen damit anders um als Männer. Darüber sprach die UZH-Stressforscherin Ulrike Ehlert in der Veranstaltungsreihe «Wissen-schaf(f)t Wissen».
Magdalena Seebauer
«Frauen müssen häufiger als Männer Lebensunterbrüche bewältigen»: Psychologieprofessorin Ulrike Ehlert. (Bild: zvg)

Stress ist keineswegs ein Phänomen unserer Zeit. Früher war das Leben für die meisten Menschen viel anstrengender als heute. Allein das Überleben zu sichern und die alltägliche harte Arbeit zu bewältigen, war für viele ein permanenter Stress. Doch gerade heute fühlen sich immer mehr Menschen gestresst. Informationen überfluten uns immer und überall. In Beruf und Privatleben stehen uns viel mehr Möglichkeiten offen als früher. Und wir möchten gewisse Ziele erreichen und uns selbst verwirklichen. «Dadurch entsteht eine ganz andere Art von Stress als früher», sagte Ulrike Ehlert, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der UZH, vergangene Woche an einer Veranstaltung der Reihe «Wissen-schaf(f)t Wissen».

Wie jemand mit Stress umgeht, ist unter anderem durch die Gene, aber auch frühere Erfahrungen und die generelle Lebenseinstellung beeinflusst. Hat auch das Geschlecht einen Einfluss? Die Statistik zeigt deutlich, dass Frauen wesentlich häufiger an Depressionen leiden als Männer. Möglicherweise erkennen sie solche Symptome eher und äussern diese auch. Ausserdem müssen sie häufiger Lebensunterbrüche bewältigen – etwa eine Schwangerschaft oder die Menopause. Daneben haben wohl auch die gesellschaftlichen Rollenbilder einen Einfluss darauf, dass Frauen Stress im Durchschnitt belastender bewerten als Männer.

Reden oder Massieren?

Eigentlich wären Frauen durch das Hormon Östrogen gut vor Stress geschützt, denn es bremst die Ausschüttung von Cortisol. Dieses Hormon produziert unser Körper vermehrt, wenn wir gestresst sind. Es aktiviert Stoffwechselvorgänge und bereitet so den Körper auf Angriff oder Flucht vor. Ein Effekt, der evolutionsbiologisch gesehen sinnvoll ist. Eine von Ehlerts Studien zeigte denn auch, dass Frauen als Reaktion auf einen standardisierten Stresstest tatsächlich weniger Cortisol produzierten als Männer. Trotzdem fühlen sich Frauen gestresster. «Männern nehmen stressige Situationen viel eher auf die leichte Schulter», sagte Ehlert.

Unterschiede fanden Ehlert und ihr Team auch darin, wie Männer und Frauen von der sozialen Unterstützung ihrer Partnerin beziehungsweise ihres Partners in einer Stresssituation profitieren. Männer, deren Partnerin ihnen vor einem Stresstest gut zugeredet hatte, reagierten mit einem viel geringeren Cortisol-Anstieg als die Vergleichsgruppe. Frauen hingegen half es viel mehr, wenn sie von ihrem Partner eine entspannende Schulter- und Nackenmassage erhielten. Ob ihnen ihr Partner aufmunternd zugeredet hatte oder ob sie ganz alleine gekommen waren, machte keinen Unterschied. «Das können Sie tagtäglich beobachten», sagte Ehlert schmunzelnd. «Sucht eine Frau am Steuer den richtigen Weg in einer unbekannten Stadt und ihr Mann ist am Beifahrersitz, dann ist es meist besser, er hält den Mund.»

Ob Frau oder Mann: Wem der Stress über den Kopf zu wachsen droht, dem könnte ein Anti-Stress-Training helfen. Dabei lernt man beispielsweise, sich auch in einer Stresssituation den schlimmsten möglichen Ausgang vor Augen zu führen. «Meist erscheint das dann doch nicht mehr so schlimm», sagte Ehlert. Ausserdem wird geübt, sich selbst gut zuzureden, und auch unter Stress gezielt Lösungsmöglichkeiten zu finden.