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Asien-Orient-Institut

Zusammengerückt

Vergangene Woche fand die offizielle Eröffnung des Asien-Orient-Instituts statt. Die Institutsgründung war bereits im Januar 2013 erfolgt. Der kürzliche Umzug an die Rämistrasse 59 bot den willkommenen Anlass, den Zusammenschluss der Fächer Islamwissenschaft, Indologie, Japanologie, Sinologie und Gender Studies zu einem gemeinsamen Institut gebührend zu feiern.
Roman Benz
Podium zu den Perspektiven der Asien-Orient-Wissenschaften (von links): Prof. Wolfgang Behr, Prof. Angelika Malinar, Moderator Thomas Gull, Prof. Bettina Dennerlein und Prof. David Chiavacci. (Bild: Roman Benz)

In seinen Grussworten liess Prorektor Otfried Jarren die Geschichte der Asienwissenschaften an der Universität Zürich kurz Revue passieren. 1968 wurde mit der Gründung des Orientalischen sowie des Ostasiatischen Seminars der Grundstein für den heutigen Zürcher Asienschwerpunkt gelegt. 1989 kam am Indogermanischen Seminar angesiedelte Abteilung Indologie hinzu. Die Institutionen wurden personell weiter ausgebaut, sodass heute sieben Lehrstühle für die Fächer Indologie, Islamwissenschaft,  Japanologie, Sinologie und Gender Studies bestehen. Im Februar 2016 wird ausserdem eine Mercator-Assistenzprofessur für Moderne Indologie hinzukommen.

Für Andreas Jucker, Dekan der Philosophischen Fakultät, ist die Gründung des Asien-Orient-Instituts (AOI)im Januar 2013 eine Erfolgsgeschichte. Er wies darauf hin, dass die Initiative zu einem Zusammenschluss von den damaligen Seminaren ausging – ein Glücksfall für das Dekanat, da es dessen Professionalisierungsstrategie für Institute und Seminare entgegenkam: «Wegen der steigenden Komplexität der Abläufe wird eine immer professionellere Unterstützung durch Geschäftsführerinnen, Geschäftsführer und Geschäftsstellen benötigt, was jedoch eine ausreichende Grösse der Einheiten erfordert.»

Der Wunsch nach räumlicher Nähe sei stets ein wesentlicher Bestandteil der Fusionspläne gewesen, erklärte Angelika Malinar, Direktorin des Asien-Orient-Instituts und Professorin für Indologie. Seit Juli 2015 befinden sich die Islamwissenschaft, die Indologie und die Gender Studies an der Rämistrasse 59 in der frisch renovierten Alten Kantonsschule, einem 1842 fertiggestellten Gebäude, das heute zu den Schutzobjekten von kantonaler Bedeutung zählt. Direkt gegenüber, im Gebäude an der Zürichbergstrasse 4, sind weiterhin die Fächer Japanologie und Sinologie untergebracht. Insgesamt vereinigt das Institut mehr als 70 Mitarbeitende sowie fast 1000 Studierende auf der Bachelor-, Master- und Doktoratsstufe.

Perspektiven und Debatten

Nach einem Auftritt der Jazz-Formation «Sonic Calligraphy», die mit Vertonungen von Gedichten des Hongkonger Dichters und Kulturwissenschaftlers Leung Ping-kwan einen musikalischen Akzent setzte, diskutierten vier Professorinnen und Professoren des Asien-Orient-Instituts unter der Leitung von Thomas Gull (Kommunikation UZH) über das Thema «Philologie und Theorie: Perspektiven und Debatten in den Asien-Orient-Wissenschaften».

Schnell wurde deutlich, dass die Podiumsteilnehmenden Sprachkenntnisse und klassische philologische Methoden wie Textexegese, Paläographie oder Etymologie für ebenso unverzichtbar halten wie theoretische Ansätze und Modelle. So betonte David Chiavacci, Inhaber der Mercator-Professur für sozialwissenschaftliche Japanologie, dass er als Sozialwissenschaftler zwar häufig mit Theorien arbeite, dass ihm aber erst philologische Kenntnisse den Zugang zu seinem Forschungsgebiet eröffneten: «Wir dürfen nicht vergessen, dass etwa 90 Prozent der sozialwissenschaftlichen Publikationen in Japan in der Landessprache erscheinen.»

Die Rückkehr der Theorien

Am Beispiel der Indologie zeigte Angelika Malinar, dass sich das Selbstverständnis einer philologischen Disziplin hinsichtlich der Allgemeingültigkeit und somit Modellhaftigkeit ihrer Erkenntnisse im Laufe der Zeit verändern kann. Vom späten 19. Jahrhundert bis Mitte des 20. Jahrhunderts nahm die westliche Indologie für sich in Anspruch, dank ihren Textanalysen und Quelleneditionen sowohl die Geschichte als auch die Eigenarten der Kulturen auf dem indischen Subkontinent zu verstehen und in grössere Zusammenhänge stellen zu können.

Diese Zuversicht in die eigene Deutungsmacht wurde erst mit dem Ende des Kolonialismus in Indien nach dem Zweiten Weltkrieg gebrochen. Die indologische Forschung wandte sich für Jahrzehnte einer Art «Mikrophilologie» zu, d.h. einem Verständnis von Philologie, das Aussagen auf konkret untersuchte Texte beschränkte und nicht darüber hinausging. In den letzten Jahren kehrten Modelle und Theorien wieder zurück, wenn auch nicht mehr mit dem alten Geltungsanspruch.

Nivellierte Unterschiede

Dass wichtige Impulse, sich wieder mit Theorien zu beschäftigen, aus ehemaligen Kolonien kamen, erläuterte Bettina Dennerlein, Professorin für Gender Studies und Islamwissenschaft, am Beispiel der Orientalistik: «Nachdem sich viele europäische Gelehrte nach dem Zweiten Weltkrieg in den geschützten Bereich der reinen Textphilologie zurückgezogen hatten, wurden sie vor allem auch von marxistischen Intellektuellen aus dem arabischen Raum wieder mit theoretischen Fragestellungen konfrontiert.»

Über die gegenwärtige internationale Zusammenarbeit in der Philologie sprach Wolfgang Behr, Professor für Sinologie mit dem Schwerpunkt traditionelles China. Vor zwanzig Jahren habe er nicht davon ausgehen können, dass seine chinesischen Kolleginnen und Kollegen die verschiedenen westlichen Strömungen im Bereich der Theorie gekannt hätten, heute hingegen schon. Umgekehrt seien früher die Sprach- und die Textkompetenz auf der chinesischen Seite viel höher gewesen als im «Westen». Auch dieser Unterschied habe sich inzwischen nivelliert. Die Zusammenarbeit sei inzwischen so eng, dass in gewissen Bereichen der Sinologie westliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deutlich häufiger auf Chinesisch publizierten als vor 20 Jahren: «Das Lesepublikum ist in China grösser und die Zielgruppe interessanter als in Europa.»

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