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Talk im Turm

Typisch Mann, typisch Frau

Beim «Talk im Turm» drehte sich am Montag alles um die grosse Frage nach dem «kleinen Unterschied» zwischen Männern und Frauen. Die Klinische Psychologin Ulrike Ehlert und die Psychoanalytikerin Monika Gsell beleuchteten die Geschlechterdifferenz und deren Folgen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven.
Annette Wirthlin
Im Talk im Turm diskutierten die Psychologieprofessorin Ulrike Ehlert und die Psychoanalytikerin Monika Gsell mit den beiden «magazin»-Redaktoren Thomas Gull und Roger Nickl über die Unterschiede zwischen Mann und Frau. (Video: UZH, MELS)

Video-Aufzeichnung auf YouTube (in HD)

«Was ist für Sie persönlich ‹typisch Mann› beziehungsweise ‹typisch Frau›?» Mit dieser Frage an die beiden Expertinnen eröffneten die Gesprächsleiter Thomas Gull und Roger Nickl das Podium im Restaurant uniTurm. Für Ulrike Ehlert, UZH-Professorin für Klinische Psychologie, ist es die Tatsache, dass sich Männer nach der Ankunft in einem Hotel sofort breitmachen würden, während die Frau versuche, Ordnung in die Dinge zu bringen.

Monika Gsell, Psychoanalytikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Gender Studies und Islamwissenschaft der UZH, widersprach dem. Sie meinte: «Bei mir zu Hause sind die Rollen genau umgekehrt» – und nahm damit die Feststellung vorweg, dass vieles im Bereich Geschlechterdifferenzen auf Klischees beruht. Trotzdem sei es aufschlussreich, sich mit solchen Klischees zu befassen, weil diese Rückschlüsse darauf zulassen, was in unserer Gesellschaft als «männlich» beziehungsweise «weiblich» verstanden wird.

Die Macht der Hormone

So einiges ist denn aber doch mehr als blosses Klischee, wie die weitere Diskussion zeigte. Das Ausstechen von Konkurrenz durch zickenhaftes Verhalten etwa sei tatsächlich vorwiegend eine weibliche Strategie: «Eine wissenschaftliche Studie belegt, dass intrasexuelle Konkurrenz bei Frauen im Verlauf des Zyklus schwankt und vor dem Eisprung am stärksten ist», sagte Ulrike Ehlert, die unter anderem die Macht unserer Sexualhormone erforscht.

Überhaupt sei es vorwiegend die unterschiedliche Biologie, die uns zum Mann beziehungsweise zur Frau mache – darin waren sich beide Forscherinnen einig. Nach Monika Gsells Ansicht ist die kindliche Psyche in den ersten Lebensjahren noch nicht geschlechtsspezifisch geprägt. Die Geschlechtsidentität müsse erst erlernt werden, und daraus ergäben sich Konflikte.

Karrieren diskutieren

Ehlert hat empirisch herausgefunden, dass Frauen in Sachen Stressresistenz hormonell eigentlich besser aufgestellt wären als Männer. Dass sie sich selber für stressanfälliger halten, sei eher ein Problem des Selbstbewusstseins als der körperlichen Voraussetzungen.

Auf die heutige Vereinbarkeit von Karriere und Familie angesprochen, betonten beide Fachfrauen, wie anspruchsvoll diese sei – zunehmend für beide Geschlechter. Dass nur einer der Ehepartner einfach diskussionslos Karriere mache, funktioniere heute nicht mehr, fand Gsell. Und Ehlert forderte: «Mütter und Väter müssen für die Erziehung da sein, damit Kinder unterschiedliche Erfahrungen mit Rollenmodellen machen können.» Es sei Zeit, die bisher vernachlässigte Funktion der Väter für ihre Kinder genauer zu untersuchen.

Abschliessend mutmasste Gsell, dass man sich künftig wieder stärker auf die Differenzen zwischen den Geschlechtern berufen werde. «Dann hoffentlich aber nicht auf eine normative, einschränkende Weise.»