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Zentrum für Jugendforschung

Das Glück künftiger Generationen

Was brauchen Kinder und Jugendliche, damit ihre Entwicklung gelingt? An der UZH soll dies umfassend erforscht werden. 70 Millionen Franken werden dazu bis ins Jahr 2035 zur Verfügung gestellt. Die UZH soll künftig zu einem Leuchtturm der Jugendforschung werden.
David Werner
Hoch hinaus – das wollen diese Jugendlichen an der Kletterwand. Hoch hinaus will auch das Jacobs Center für Jugendforschung: Es soll eines der international führenden Institutionen in der Jugendforschung werden. (Bild: iStock)

Es gibt verschiedenste Einflussfaktoren, grosse und kleine, auffällige und unauffällige, die bei der Entwicklung eines Menschen zusammenspielen: Familienkonstellationen, Erziehungsmethoden, frühkindliche Fördermassnahmen, soziale Verhältnisse im Wohnquartier, das Schulsystem, der Umgang mit Medien, Erlebnisse mit Gleichaltrigen auf dem Pausenhof und vieles mehr.

Multidisziplinäre Ausrichtung

Wer also nach umfassenden Erklärungen sucht, warum sich Kinder und Jugendliche gerade so entwickeln, wie sie sich entwickeln, muss bereit sein, diese vielfältigen Einflussfaktoren im Zusammenhang zu betrachten. Die UZH wird in der Jugendforschung genau dies zum Prinzip machen. Das bestehende «Jacobs Center for Productive Youth Development» wird zu diesem Zweck neu organisiert, erweitert und multidisziplinär ausgerichtet. Forschende mit soziologischer, neurobiologischer, psychologischer und ökonomischer Ausrichtung werden eng und auf lange Sicht zusammenarbeiten.

Die Ressourcen für dieses ambitionierte Projekt werden je zur Hälfte von der Jacobs Foundation und der Universität aufgebracht. Sie finanzieren das Kompetenzzentrum in den nächsten zwanzig Jahren partnerschaftlich mit je 35 Millionen Franken. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, dass die UZH im Bereich der Jugendforschung zu einer international führenden Universität wird.

Drei Lehrstühle und drei Assistenzprofessuren

Die Universität Zürich und die Jacob Foundation haben das Kooperationsprojekt sorgfältig aufgegleist. Zwei Jahre haben die konzeptuellen Vorbereitungen gedauert. Um über die Hintergründe zu informieren, luden die UZH und die Jacobs Foundation am Dienstag zum Mediengespräch.

Wie Rektor ad interim Otfried Jarren bei dieser Gelegenheit ausführte, baut das Projekt auf den Grundlagen des bestehenden «Jacobs Center for Productive Youth Development» auf, das seit 2003 besteht und sich einen guten Ruf erworben hat – insbesondere durch die COCON-Studie, einer repräsentativen Längsschnittstudie, die mehrere Kohorten von Kindern und Jugendlichen untersucht.

International vernetzt

Die Soziologieprofessorin Marlis Buchmann wird dem Jacobs Center für Jugendforschung, das sie seit zehn Jahren leitet, bis zu ihrer Emeritierung im Juli 2015 vorstehen. Danach treten die Neuerungen in Kraft: Das Jacobs Center wird dann nicht nur, wie bisher, über einen Lehrstuhl für Soziologie verfügen, sondern darüber hinaus auch über Lehrstühle für Psychologie und Ökonomie. Dazu kommen drei Assistenzprofessuren und mehrere Stellen für Doktorierende und Post-Doktorierende.

Auf die Vernetzung des Zentrums mit weltweit führenden Institutionen in der Jugendforschung wird viel Wert gelegt, ebenso auf die Förderung des akademischen Nachwuchses. Die Nachwuchsforschenden sollen am Zentrum das Rüstzeug für eine internationale  Laufbahn holen können.

Erleichterte Kooperation über Fachgrenzen hinweg

Wie Jarren weiter ausführte, wird das erweiterte Jacobs Center an der Andreasstrasse (UZH-Standort Zürich Nord) angesiedelt sein und als universitäres Kompetenzzentrum geführt werden – und nicht, wie bisher, als assoziiertes Institut.

Organisatorisch wird das «Jacobs Center for Productive Youth Development» fortan also voll in die Universität beziehungsweise die Philosophische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät eingebettet sein. «Ein Vorteil dieser Organisationsform ist, dass sie Forschenden und Forschungsgruppen verschiedener Disziplinen die Zusammenarbeit erleichtert», sagte Jarren. Neben der Psychologie, der Soziologie und der Ökonomie werden sich auch noch weitere Disziplinen an der Jugendforschung zu beteiligen können. Denkbar, so Jarren, sei zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit Forschenden der Medizinischen Fakultät.

Nicht nur Grundlagenforschung

Die drei Lehrstühle des «Jacobs Center for Productive Youth Development» sollen mit Forschenden von Weltruf besetzt werden. Neben wisenschaftlicher Exzellenz ist aber auch die gesellschaftliche Relevanz der Forschung ein Ziel, wie sowohl Sitftungsratspräsident Klaus Jacobs als auch Regierungsrätin und Universitätsratspräsidentin Regine Aeppli am Mediengespräch betonten. Als Bildungsdirektorin des Kantons Zürich werde sie mit besonderem Interesse verfolgen, welche Erkenntnisse das Zentrum bezüglich der Schule bringe, sagte Aeppli.

Gruppendynamiken und Selbstkontrolle

Näheres zur thematischen Ausrichtung des Jacobs Centers für Jugendforschung führte Lutz Jäncke, Psychologieprofessor an der UZH, aus. Zusammen mit dem Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr verfasste er das inzwischen mehrfach international evaluierte wissenschaftliche Konzept für die Erweiterung des Jacobs Centers zu einem Kompetenzzentrum. «Das Gesamte Forschungsprojekt wird nicht deskriptiv, sondern vorrangig empirisch und kausal erklärend angelegt sein», sagte Jäncke. Dies habe zur Folge, dass langfristig angelegte Längsschnittstudien im Vordergrund stünden.

Erforscht werden soll zum Beispiel, wie Kleinkinder ihr Gedächtnis entwickeln, wie Gruppendynamiken und soziale Normen das individuelle Verhalten beeinflussen oder wie und unter welchen Voraussetzungen Kinder und Jugendliche im Laufe ihres Entwicklungsprozesses zielorientiertes Verhalten und Selbstkontrolle lernen. Die Frage nach dem Erwerb und dem Aufbau selbstregulatorischer Fähigkeiten sei ein relativ neuer, faszinierender Aspekt in der Jugendforschung, sagte Jäncke.

Neben Grundlagenforschung haben laut Jäncke am Jacobs Center auch Fragestellungen Platz, die auf einen direkten gesellschaftlichen Nutzen zielen. Zum Beispiel, wie Kinder lernen können, flexibel mit dem Druck ihrer Peers umzugehen. Oder welche Massnahmen geeignet sind, um die Leistungsfähigkeit sozial benachteiligter Schüler zu verbessern – und wie effizient solche Innovationen in volkswirtschaftlicher Hinsicht sind.