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Hedi Fritz-Niggli-Gastprofessorin

«Ein grosses Privileg»

Die Immunologin Salomé Leibundgut ist seit Beginn des Herbstsemesters Hedi Fritz-Niggli-Gastprofessorin an der Vetsuisse-Fakultät. Damit ist sie, nach der Medizinerin Kathleen B. Digre, die zweite Frau, die sich an ihrer Fakultät im Rahmen einer Gastprofessur aktiv für die Gleichstellung einsetzt.  
Marita Fuchs
Will vermehrt den Mittelbau ansprechen: Salomé Leibundgut, die neue Hedi Fritz-Niggli-Gastprofessorin für Gleichstellungsbelange an der Vetsuisse-Fakultät. (Bild: Marita Fuchs)

Salomé Leibundgut hat ihr Büro in der ehemaligen Kleintierklinik. Es war vormals ein Behandlungsraum für kranke Katzen oder Hunde, die Wände sind weiss gekachelt, die Regale noch leer. Die Gastprofessorin beginnt gerade erst, sich hier einzurichten. Geforscht und gelehrt hat die Immunologin bisher an der ETH Zürich. Konkret beschäftigt sie sich mit Infektionen, die durch Pilze verursacht werden.

Mit ihrer Forschungsgruppe wird die gebürtige Baslerin im kommenden Semester ganz an die UZH überwechseln und als Assistenzprofessorin den bisher vakanten Bereich der Immunologie an der Vetsuisse-Fakultät abdecken. In diesem Semester aber setzt sie sich zunächst als neue Hedi Fritz-Niggli-Gastprofessorin für Gleichstellungsbelange in der Fakultät ein.

Die Gastprofessur ist jeweils auf ein Semester ausgelegt und wird reihum an den verschiedenen Fakultäten angesiedelt. Die Gastprofessorinnen sollen unter anderem Rollenmodell für Nachwuchswissenschaftlerinnen sein. Den Anfang machte Kathleen B. Digre in der Medizinischen Fakultät, nun ist Salomé Leibundgut an der Reihe.

Viele Studentinnen – wenig Professorinnen

An der Vetsuisse-Fakultät ist der Frauenanteil unter den Studierenden im Vergleich zu anderen Fakultäten besonders hoch. So schlossen hier im Jahr 2013 etwa 95 Prozent Studentinnen mit dem Bachelor ab, 83 Prozent mit dem Master und 90 Prozent mit einer Promotion. Der hohe Anteil an Studentinnen und Doktorandinnen hat aber keine Entsprechung auf der Ebene der Professuren. Die Veterinärinnen habilitieren sich im Verhältnis gesehen seltener als ihre männlichen Kollegen und machen entsprechend seltener eine akademische Karriere. Der Frauenanteil der Habilitierten liegt auf die letzten zehn Jahre kumuliert bei 37 Prozent. «Die Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen ist der Vetsuisse-Fakultät ein grosses Anliegen», sagt Leibundgut. Die Gründe dafür, dass noch zu viele junge Veterinärinnen vor einer wissenschaftlichen Karriere zurückschrecken, müssten angesprochen werden, um Gegenmassnahmen zu ergreifen.

Vertreterinnen des Mittelbaus ins Boot nehmen

Gerade im Alter zwischen dreissig und vierzig, wenn zum Bemühen um das berufliche Fortkommen die Familiengründung hinzukommt, verlangt das akademische System von seinen Anwärterinnen eine hohe Mobilität. Viele junge Forscherinnen und Forscher müssen sich um befristete Stellen bemühen und mindestens ein Auslandaufenthalt ist Pflicht, was mehrfaches Umziehen innerhalb weniger Jahre bedingt. Dies ist mit Partnerschaft und Kindern oftmals nicht einfach vereinbar. Auf Familie wollen viele Frauen aber nicht verzichten.

«Gerade in dieser Zeit als Doktorandin oder Postdoc, respektive Assistentin oder Oberärztin, entscheidet sich, ob man in der Wissenschaft bleiben möchte oder nicht», sagt Salomé Leibundgut. Deshalb will sie als Gastdozentin vor allem die Vertreterinnen des Mittelbaus ansprechen. In verschiedenen Workshops möchte sie erarbeiten, worauf es bei der Laufbahnplanung ankommt, wo man Unterstützung für Forschungsprojekte bekommt oder auch wie man Anträge schreibt. Zusätzlich sieht sie sich als Mentorin mit offenem Ohr für alle Anliegen, die an sie herangetragen würden. (siehe Workshops)

Privileg der selbstbestimmten Arbeit

Salomé Leibundgut selbst ist den typischen Karriereweg gegangen. Die heute 41jährige hat an der ETH Zürich Biologie studiert, ihre Doktorarbeit in Genf verfasst, den Post-Doc am London Research Institute Cancer Research UK absolviert. 2008 kam sie nach dreieinhalb Jahren aus London an die ETH Zürich zurück, wo sie seit 2010 eine SNF Förderungsprofessur innehat, die es ihr erlaubte, eine Forschungsgruppe aufzubauen. Ihr Forschungsgebiet sind Infektionen durch Pilze wie zum Beispiel Candida albicans, die bei mangelnder Immunabwehr die Schleimhäute angreifen und wenn sie ins Blut gelangen, lebensbedrohliche Schäden verursachen können. Weltweit sterben etwa gleich viele Personen an Pilzerkrankungen wie an Tuberkulose. «Trotzdem werden Pilzerkrankungen viel weniger thematisiert, als Erkrankungen durch Viren oder Bakterien», sagt die Forscherin, die sich seit ihrer Zeit als PostDoc mit den Abwehrmechanismen gegen Pilzinfektionen beschäftigt.

Ohne Rücksichtnahme von Familie und Partner geht es nicht

«Forschen zu können habe ich immer als ein grosses Privileg betrachtet», sagt sie und beschreibt ihre Tätigkeit im Labor und in der Lehre als wahre Passion. «Sich täglich mit etwas zu beschäftigen, was mich begeistert, ist für mich der Inbegriff von Lebensqualität». Gleichzeitig hat Salomé Leibundgut auch eine Familie mit zwei kleinen Kindern von vier und sechs Jahren, für die sie mit ganzem Herzen da ist. Karriere und Familie seien durchaus vereinbar, meint sie, allerdings müsse man die Bedingungen dazu schaffen.

Sie habe schon bei ihren Eltern, beide Mediziner, erlebt, dass man im Beruf sehr engagiert sein und trotzdem Kindern gerecht werden könne, erzählt sie. Auf ihre heutige Situation bezogen muss sie aber auch relativieren: Ohne einen Partner der seinen Anteil an den Familienaufgaben übernehme und ohne gut organisierte Kinderbetreuung wäre es schwierig. Doch Fremdbetreuung sei für sie nicht negativ, im Gegenteil: «Die Kinder bekommen von der Krippe, der Nanny und den Grosseltern Impulse, welche diejenigen der Eltern ideal ergänzen».

Nach ihrer Zeit als Gastprofessorin wird Leibundgut vollständiges Mitglied der Vetsuisse-Fakultät. Sie freut sich schon, ihre Forschung auch auf Pilzinfektionen beim Tier auszuweiten. Schliesslich gebe es da viel zu erforschen, wie etwa die verheerenden Pilzinfektionen bei Fledermäusen und Amphibien, die ganze Populationen auslöschen können.