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UZH News

«International Day» an der UZH

Nano, Clubs und Pinot noir

In den kommenden Wochen informiert die Abteilung Internationale Beziehungen der UZH die Studierenden über Chancen und Möglichkeiten eines Auslandsemesters. Leonid Leiva ist derzeit als Physikstudent in Sydney und erzählt UZH News von Nanotechnologie, einem weinliebenden Nobelpreisträger und rituelle Fusswaschungen.
Adrian Ritter

UZH News: Der Zürcher Herbst grüsst den Australischen Frühling. Herr Leiva, wie geht es Ihnen?

Leonid: Gut, ausser, dass mir das Wetter bei meinen zweiwöchigen «midterm holidays» einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Ich war mit meiner Frau und unserem zweijährigen Sohn mit einem Camper nördlich von Sydney unterwegs – bei Dauerregen.  Es war trotzdem eine schöne Tour. Die Landschaft bietet eine unglaubliche Vielfalt: Regenwald, Steilküste, weisse Strände und sanfte Hügel. Was das Wetter anbelangt, waren wir schon bei der Ankunft in Australien im Juli kalt und regnerisch empfangen worden. Es war der kälteste Winter seit vielen Jahren, heisst es.

Sydney: Die boomende Megacity ist ein Austauschsemester wert.

Sie haben an der UZH acht Semester Physik studiert und verbringen jetzt ein Semester an der University of Technology Sydney (UTS). Warum gerade dort?

Zum einen wollte ich meine Englischkenntnisse verbessern. Die Wahl fiel auf die UTS, weil sie in Physik einen sehr guten Ruf hat und ein breites Angebot an Veranstaltungen zu Nanotechnologie, Nanophysik und Oberflächenphysik. All dies passt gut zu meiner Bachelorarbeit, die ich demnächst einreichen werde und zu meiner Spezialisierung im Masterprogramm an der UZH. Für die UTS sprach zudem, dass sie Partneruniversität der UZH ist, was die Sache sehr vereinfacht. So bezahle ich weiter die Studiengebühren der UZH und werde von der Abteilung Internationale Beziehungen unterstützt – von der Modulbuchung über die Krankenkasse bis zu einem Stipendium.

Worin unterscheidet sich das Studium an der UTS von demjenigen an der UZH?

Der grösste Unterschied betrifft die Art der Leistungsbewertung. Man muss hier dauernd «assignments», also Hausaufgaben, machen, die in die Schlussnote fliessen und somit einen direkten Einfluss darauf haben, ob man ein Modul besteht. Von den Vorlesungen, die ich hier belege, hat keine eine Abschlussprüfung. Man wird also während des Semesters auf Trab gehalten, hat dann aber wirklich Ferien. Anders als an der UZH, wo man oft einen Grossteil der Ferien mit Lernen auf Prüfungen verbringen muss.

Leonid Leiva, ausnahmsweise bei gutem Wetter: «Die Landschaft bietet eine unglaubliche Vielfalt.» 

Inwiefern unterscheidet sich die UTS im Bereich Forschung von der UZH?

Das Selbstverständnis der UTS als technische Universität lässt manchmal den Eindruck aufkommen, dass Grundlagenforschung hier eine weniger wichtige Rolle spielt. Das Departement Physik ist sehr praxisorientiert. In den Vorlesungen werden Anwendungen von physikalischem Wissen betont, oder die Bedienung von Instrumenten. Die Theorie wird weniger gründlich behandelt als an der UZH. So fehlen hier Gruppen für Teilchenphysik, Theoretische Physik und Astronomie. Dafür sind etwa Nanotechnologie und experimentelle Festkörperphysik stark vertreten. Das passt zu meinem Profil. Für diejenigen, sich auf andere Bereiche der Physik spezialisiert haben, hat die UTS eher weniger zu bieten.

Sind Sie selber auch in Forschungen involviert?

Nicht direkt, aber ich besuche eine «Honours-Vorlesung» in «Advanced Nanomaterials». Im so genannten «Honours-Jahr» rückt die Forschung, wenn auch anwendungsbezogen, in den Vordergrund. Honours-Studierende haben ihren Bachelor mit sehr guten Noten abgeschlossen und machen während eines Jahres Forschung an der UTS. Sie werden in ein laufendes Forschungsprojekt eingespannt, sind in ihrer Arbeit aber relativ selbständig. Wer dabei die angeforderten Qualitäten demonstriert, kann nach dem «Honours-Jahr» direkt in ein Doktorat-Programm einsteigen – also den Master überspringen.

Tönt anspruchsvoll.

Ja, an der «Honours-Vorlesung» waren die «assignments» oft recht anspruchsvoll. Ich musste etwa innerhalb einer Woche Literatur recherchieren, also Artikel in Fachjournals finden und lesen, um die Aufgabe zu lösen. Ich finde diesen Ansatz aber sehr intelligent, weil es den Studierenden bereits nach dem Bachelor einen Vorgeschmack auf die Tätigkeit eines Forschers gibt. In der Schweiz wird dies etwas hinausgezögert und man entdeckt vielleicht zu spät, dass man nicht für die Forschung geeignet ist.

University of Technology Sydney: Viel Praxis, wenig Theorie

Wie erleben Sie das Campus-Leben an der UTS?

So wie Sydney, die boomende Megacity, so ist auch der UTS-Campus sehr international und vielfältig. Was mir am meisten auffällt, sind die zahlreichen Clubs aller Art. So gibt es etwa viele religiöse Clubs. Sie haben einen gemeinsamen Gebetsraum, der in den Wochen des Ramadans rege von Moslems benutzt wird. Direkt neben dem Gebetsraum gibt es eine Herrentoilette, in der neben dem Pissoir eine Wand zur Fusswaschung reserviert ist. Das scheinen einige Studierende mit dem Pissoir verwechselt zu haben. Deshalb hängt dort jetzt ein Schild, das drauf aufmerksam macht, dass hier die Füsse gewaschen werden vor dem Gebet.

Daneben gibt es natürlich auch viele Clubs mit politischen Orientierungen, Clubs für Schwule und Lesben. Das scheint mir schon ein grosser Unterschied zur UZH zu sein, der hier überall anzutreffende politische Geist.

Worüber wird denn diskutiert?

Es sind politische Debatten, die gegenwärtig auch die australische öffentliche Meinung beschäftigen. Es gibt etwa Podiumsdiskussionen zur geplanten Einführung einer CO2-Steuer oder zu der kürzlich vom australischen Verfassungsgericht als unrechtmässig abgelehnten Ausschaffung von Asylsuchenden nach Malaysia.  

Sie sind in der Schweiz neben dem Studium auch als Wissenschaftsjournalist tätig. Was fällt Ihnen am Wissenschaftsstandort Australien auf?

Ich sehe in meinem Fachbereich, dass der Arbeitsmarkt für Physiker nicht besonders üppig ist. Es gibt wenige australische Technologie-Unternehmen. Entsprechend bleibt einem Physiker fast nur die universitäre Forschung nach dem Studium. Manche Politiker bemängeln diese Umstände und rufen zu mehr Innovationsförderung in Australien auf. Das Land lebt aber noch sehr gut von Kohleexporten, vor allem nach China. Der Segen der Rohstoffe ist also ein Fluch für die Innovation.

Das widerspiegelt sich auch im Stellenwert von Wissenschaft und Technik in den Medien. Die «Sydney Morning Herald», meine tägliche Lektüre, hat zwar eine wöchentliche Wissenschaftsseite. Die Berichterstattung ist allerdings bei weitem nicht so ausführlich oder wissenschaftsorientiert, wie ich das von der Schweiz kenne. So erschien etwa ein Porträt des soeben gekürten US-australischen Physik-Nobelpreisträger Brian Schmidt. Im Artikel ging es aber weniger um seine Forschung als um die Tatsache, dass er Hobby-Winzer ist und «Pinot noir» liebt.

Weiterführende Informationen

Hinweis

Am 18.10. finden an der UZH Zentrum und am Irchel Infoveranstaltungen zum Studieren im Ausland statt. Am 25. Oktober findet von 11 bis 14.30 Uhr im Lichthof (UZH Zentrum) zudem der International Day mit zahlreichen Ansprechpartnern zum Auslandaufenthalt statt.