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Medizinische Forschung für Mensch und Tier

Wenn die Sehne reisst

Im neuen «Center for Applied Biotechnology and Molecular Medicine» bündeln Forschungsgruppen der Human- und Tiermedizin ihre Kompetenzen. Davon profitiert nicht zuletzt der wissenschaftliche Nachwuchs. 
Marita Fuchs

Felix Theiss ist Student der Veterinärmedizin am «Center for Applied Biotechnology and Molecular Medicine» (CABMM). Für seinen PhD sucht er nach einem relevanten Thema, zu dem bisher wenig geforscht wurde. Auf Anraten der Veterinärmedizinerin Brigitte von Rechenberg und anderer Wissenschaftler des CABMM entscheidet er sich, Sehnenschäden beim Pferd zu untersuchen.

Tückisch: Sehnenverletzungen beim Pferd.

Solche Verletzungen kommen bei Pferden häufig vor. Die Ursache kann zum Beispiel mit einem heftigen Sturz oder Ausrutschen zusammenhängen. Auch bakterielle Infektionen können der Auslöser sein. Sehr oft wird ein Sehnenschaden jedoch durch die falsche Reitweise verursacht, also durch mangelhaftes Warmreiten, durch Boxenhaltung und darauffolgendes Schwersttraining oder durch extreme Überanstrengung ohne Pausen.

Zwischen Veterinär- und Humanmedizin

Schlimm, wenn der Sehnenschaden chronisch wird: Nach einer kurzen Zeit der vermeintlichen Besserung beginnt das Tier, erneut zu lahmen. Bis jetzt ist gegen die Sehnenschäden nicht wirklich ein Kraut gewachsen.

Das gilt aber nicht nur für die Vierbeiner, auch beim Menschen heilen verletzte Sehnen kaum, meist werden sie lediglich durch Bindegewebe ersetzt; eingeschränkte Bewegung und Verwachsungen sind die Folge.

Felix Theiss will in seiner PhD-Arbeit untersuchen, welche Zellen das Sehnenwachstum fördern. Kann das Einspritzen von Stammzellen das Sehnenwachstum anregen? Damit forscht er an der Schnittstelle zwischen Veterinär- und Humanmedizin, denn Sehnen sind in Funktionalität und Aufbau bei Mensch und Tier vergleichbar.

Bei seinem Projekt wird Theiss von Forschern der veterinärmedizinischen und medizinischen Fakultät und deren Geschäftsführerin Silke Mark unterstützt. Alle Mitglieder des CABMM haben sich zum Ziel gesetzt, in der klinischen, angewandten Forschung zusammenzuarbeiten. Aufgebaut wurde das Zentrum von Brigitte von Rechenberg, zusammen mit Simon Hoerstrup vom Zentrum für Klinische Forschung und Michael Hottiger vom Institut für Veterinärbiochemie.

Schneller zum Doktortitel

Das CABMM hat inzwischen 34 Mitglieder, die grösstenteils der Universität Zürich angehören, der Zuwachs und das Interesse an der interdisziplinären Zusammenarbeit ist gross. Auch Forscher anderer Universitäten und der ETHZ sind als assoziierte Mitglieder dabei. Bedingung für die Teilnahme ist die aktive Beteiligung, sprich: die Zusammenarbeit an mindestens einem gemeinsamen Forschungsprojekt.

Brigitte von Rechenberg: «Viele Fehler in der Tierhaltung können vermieden werden.»

Felix Theiss kann auf die Erfahrung der Gruppe von Professor Christian Gerber, Orthopäde an der Klinik Balgrist und Sehnen-Experte, zurückgreifen, und er profitiert von einer Forscherin der Universität Lausanne, die sich besonders gut mit Zellkulturen und der Herstellung von Zellbanken auskennt. «Dank dem CABMM kann er in drei Jahren das erreichen, wofür andere vielleicht sechs benötigen», bilanziert von Rechenberg.

Nachoperative Komplikationen vermeiden

Forschung funktioniert nur im Team, ist die Veterinärmedizinerin überzeugt: «Ich unterstütze meine Kollegen bei der Planung und beim Verfassen von Expertisen bestimmter Forschungsvorhaben. Wird mit Tieren gearbeitet, kann ich auf einen grossen Erfahrungsschatz zurückgreifen.» Die jahrelange Praxis ihrer Gruppe in der Anästhesie, Traumatologie und Orthopädie beim Tier zahlt sich eben aus.

Ihr Kollege Simon Hoerstrup zum Beispiel betreibt Herzforschung. Bei Herzoperationen am Schaf konnten die nachoperativen Komplikationsraten so stark heruntergesetzt werden, dass sie heute bei einigen Projekten unter einem Prozent liegen.

Auch bei der Frakturheilung zählt die Erfahrung. «Schafe nehmen keine Schonhaltung ein, sondern belasten trotz einer Operation ihren Körper so, wie sie es gewohnt sind, das muss man berücksichtigen», erklärt von Rechenberg. «Werden Fehler in der Tierhaltung vermieden, dann laufen klinische Versuche unkomplizierter ab.»