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Veranstaltungsreihe «Klon statt Person»

Vom Klon-Ich und Klon-Du

Wie wäre es, dem eigenen Klon gegenüber zu sitzen? Am vergangenen Donnerstag diskutierten der Naturwissenschaftler Giuseppe Testa und der Geisteswissenschaftler Martin R. Dean im Rahmen der Reihe «Klon statt Person».
Marita Fuchs

Eine Amerikanerin hat kürzlich bei einer Biotechnologie-Firma den Klon ihres geliebten Pittbulls bestellt, um niemals ohne ihn zu sein. Kostenpunkt: 148‘000 Dollar. In den Gazetten erscheint diese Meldung unter der Rubrik «Buntes» – seit dem Klon-Schaf Dolly hat das Duplizieren grösserer Säugetiere nur noch einen geringen Sensationswert.

Für den Schweizer Schriftsteller Martin R. Dean hat dieser Vorgang etwas Ungeheuerliches. «Sind wir uns überhaupt bewusst, was da passiert?», fragte er deshalb am vergangen Donnerstag auf dem aktuellen Forum der Reihe «Klon statt Person». «Wir lesen diese Nachricht und müssen uns doch fragen, welche Folgen es hat, wenn demnächst auch Menschen in die Versuchung geraten, sich selbst zu klonen», sagte Martin Dean. Durch das Klonen verschwinde das, was den Menschen ausmache. Die Seele – verstanden als Metapher einer Unverwechselbarkeit des Individuums – mache sich davon. Für ihn wäre es ein Horrorszenario sich einem Klon seiner selbst gegenüberzusehen.

150'000 Dollar für ein zweites Leben: Giuseppe Testa, European Institute of Oncology, Milano (links) und der Schriftsteller Martin R. Dean diskutierten Sinn und Unsinn des Klonens.

Die Errungenschaft des aufgeklärten Menschen, nicht an die Vorgaben von Obrigkeiten oder Zwängen gebunden zu sein, und sein Leben und Denken selbst zu bestimmen, werde heute durch die Forschung ausgehebelt, meinte Dean. Das zeigten schon die Möglichkeiten, die die Hirnforschung uns beschert hätten: Emotionen, wie Verliebtsein oder Charaktereigenschaften wie Schüchternheit seien heute pharmazeutisch manipulierbar.

Das Leben ist nicht kontrollierbar

Das Rad der Forschung könne man nicht zurückdrehen, hielt der Molekularbiologe Giuseppe Testa, Professor am European Institute of Oncology, Mailand, dagegen. «Manipulieren wir nicht ständig?» fragte er. Geben wir beispielsweise hyperaktiven Kindern Ritalin, veränderten wir auch ihre Persönlichkeit. Und überhaupt, würden Eltern ihre Kinder manipulieren, allein durch die Lebensumstände, die sie ihnen böten. Als Stammzellenforscher sehe er, dass sich Individualität stets forme. Selbst die Stammzelle werde erst im Laufe der Entwicklung, zu dem was sie später sei, etwa zur Leber- oder zur Hautzelle.

Ein Hundeklon soll Frauchen glücklich machen.

Ausserdem wisse man inzwischen um die Tücken des Klonens. Nach der ersten Euphorie in Forscherkreisen über die Geburt des britischen Klonschafs Dolly hat sich Ernüchterung breit gemacht. Zwar sind inzwischen Säugetiere aus sieben Gattungen geklont worden - unter ihnen Ziegen, Schweine, Katzen und Kaninchen. Die Probleme der Technik sind jedoch übermächtig. Häufig sind die geklonten Tiere krank.

Beim Klonen wird das Erbgut einer Körperzelle in eine vom Zellkern befreite Eizelle eingeschleust. Obwohl dasselbe Erbgut zugrunde liege, so Testa, entstehe keine eins-zu-eins-Kopie.

Kein Abschied von der Einzigartigkeit…

Heute werde das Genom, das menschliche Erbgut, zu sehr mit der Persönlichkeit, oder der Seele eines Menschen gleichgesetzt, meinte Testa. Dieser eingeschränkte Blick auf die Genetik blende aus, dass zwei genetisch gleiche Wesen sich im Laufe der Entwicklung immer unterschiedlich entfalten.

Dass bedeute, dass etwaige Klone des Schriftstellers Dean andere Individuen wären als Dean selbst. Denn im Laufe der Entwicklung eines Menschen würden beispielweise im Gehirn ganz unterschiedliche Synapsen ausgebildet, je nach Lebensumständen und Zufall. Die Zufälligkeit dieser Entwicklung sei nicht zu reduzieren und gehöre zum Leben. Eine deckungsgleiche Kopie von Martin R. Dean könne es also gar nicht geben.

…und kein Abschied von der Endlichkeit

Die Faszination des Klones liege sicher auch darin, meinte Martin R. Dean, dass der Mensch erhoffe, der Endlichkeit auf diese Weise entgehen zu können und ewig zu leben. Diese narzistisch geprägte Erwartung an einen Klon würde sicherlich bitter enttäuscht werden, denn das Erbgut sei nur ein Teil – wenn auch ein wichtiger – des komplexen Ganzen Mensch, bilanzierte Testa.

Auch der Pittbull-Klon könnte also sein Frauchen desillusionieren, dann nämlich, wenn aus dem braven Snoopy ein bissiger Snappy wird.

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