Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

 

Bildung allein reicht nicht

Damit sich Afrika wirtschaftlich entwickeln kann, braucht es mehr als nur Schulunterricht für die Kinder. Dies zeigte Prof. Katharina Michaelowa an einem Referat auf Einladung des Schweizerischen Institutes für Auslandforschung.
Adrian Ritter

Die Einschulungsrate ist in Afrika in den vergangenen Jahrzehnten zum Teil stark erhöht worden. Ausschlaggebend ist aber auch die Qualität der Bildung. Massai-Kinder im Schulunterricht in einem Dorf in Kenya. 

Bildung ist ein Wert an sich und entsprechend ist das Recht auf Bildung auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte enthalten. Darüber hinaus kann Bildung aber auch viel zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Nation beitragen, sagte Katharina Michaelowa am Dienstag in ihrem Referat im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Afrika: Probleme und Perspektiven».

Die Professorin für Politische Ökonomie der Entwicklungs- und Schwellenländer am Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich machte allerdings deutlich, dass die Rahmenbedingungen ebenfalls stimmen müssen auf dem Weg zur wirtschaftlichen Prosperität.

Hohe Ertragsrate

Wer eine höhere Bildung hat, erzielt in der Regel ein höheres Einkommen und trägt somit auch zum Wachstum einer Volkswirtschaft bei. Studien zeigen, dass gerade in Schwarzafrika die so genannte Ertragsrate der Bildung sehr hoch sein kann: Ein zusätzliches Schuljahr verhalf einem Schulabgänger in den 1980er Jahren zu rund 13 Prozent mehr Verdienst bei der späteren Arbeitsstelle.

Man hätte somit erwarten können, dass Anstrengungen zur Verbesserung der Bildung zu einem eigentlichen Entwicklungsschub des Kontinentes führen, so die Referentin. Das Bildungswesen war nämlich in vielen afrikanischen Ländern nach der Dekolonisierung ausgebaut und durch Entwicklungshilfe unterstützt worden. So besuchten beispielsweise 1975 erst 62 Prozent aller Kinder eine Primarschule, 1980 lag die Einschulungsrate aber bereits bei 75 Prozent.

«Die Eltern werden bald wieder aufhören, ihre Kindern zur Schule zu schicken, wenn sie sehen, dass diese nachher trotzdem keine Arbeit finden»: Prof. Katharina Michaelowa

Alles umsonst?

Ein ebenso beachtliches Wirtschaftswachstum blieb allerdings aus. Während beispielsweise Ostasien zwischen 1965 und 1985 jährliche Wachstumsraten von vier Prozent aufwies, lag dieser Wert für die afrikanischen Staaten südlich der Sahara lediglich bei 0,5 Prozent. Dies, obwohl das Bildungsniveau – auch als Humankapital bezeichnet - in derselben Zeit in Afrika stärker gewachsen war als in Ostasien.

«Where has all the education gone?», hätte deshalb ein Wissenschaftler die Frage auf den Punkt gebracht, so Michaelowa. In der Tat lasse sich nämlich auch mit neueren Zahlen kein Zusammenhang zwischen dem Wachstums des Humankapitals und dem Wirtschaftswachstum feststellen.

Die Qualität beachten

«Ist Bildungspolitik somit als Entwicklungspolitik für Afrika ungeeignet?», fragte Michaelowa. Ihre Antwort ist klar: Nein. Allerdings gelte es gewisse Punkte zu beachten. So sei beispielsweise die Einschulungsrate allein wenig aussagekräftig: «Das Absitzen von Unterrichtsstunden darf nicht verwechselt werden mit effektivem Lernen».

In vielen Studien werde die Bildungsqualität nicht beachtet. Diese sei in Afrika oft mangelhaft: Lehrkräfte fehlen, das Schulwesen ist schlecht organisiert oder die Kinder bleiben dem Unterricht oft fern, weil sie zuhause arbeiten müssen oder Hunger leiden und krank sind.

Der Arbeitsmarkt entscheidet

Wenig hilfreich sei es zudem, zwar in die Bildung zu investieren, daneben aber die Entwicklung von Arbeitsmarkt und Privatwirtschaft zu vernachlässigen. «Die Eltern werden bald wieder aufhören, ihre Kindern zur Schule zu schicken, wenn sie sehen, dass diese nachher trotzdem keine Arbeit finden.»

Es müsse auch beachtet werden, welche Art von Bildung auf dem Arbeitsmarkt überhaupt gesucht ist. «Die Schulen müssen ihre Schüler darauf vorbereiten, sich nach dem Schulaustritt aktiv um eine Arbeit zu bemühen», so Michaelowa.

In früheren Jahren habe die Schulabgänger zum Teil eine garantierte Anstellung durch den Staat erwartet – das ist vorbei. Heute sie Ideenreichtum gefragt, um sich allenfalls auch selbstständig machen zu können. Um dies zu unterstützen, sei es wichtig, dass Formen der Mikrofinanzierung, beispielsweise Mikrokredite, verfügbar seien.