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Den Nerven das Wachsen erlauben

Wie bringt man verletzte Nervenzellen dazu, wieder nachzuwachsen? Dieser Frage geht das Team von Professor Martin Schwab am Institut für Hirnforschung der UZH und am Departement Biologie der ETHZ nach. Für seine Arbeit wurde er am Freitag mit dem Betty und David Koetser-Preis 2007 ausgezeichnet.
Adrian Ritter

Prof. Martin Schwab, Direktor des Institutes für Hirnforschung der Universität Zürich: «Die erste Phase der klinischen Tests bei Menschen verlief bisher sehr erfolgreich.»

Geehrt wird Schwab für seine Verdienste um den Aufbau des Zentrums für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ) von Universität und ETH Zürich, seine Förderung der Verbindung von Grundlagenforschung und klinischer Neurowissenschaft und seine Forschung zur Regeneration von Nervenfasern.

Geringfügige Schädigungen des Gehirns oder Rückenmarks haben grundsätzlich eine gute Aussicht, so zu verheilen, dass verlorene Funktionen wieder hergestellt werden können. Schwieriger oder fast unmöglich zu heilen sind für das Nervensystem aber grössere Verletzungen wie etwa bei einer Paraplegie. Verletzte Nervenzellen können zwar ihre Aufgaben in einem gewissen Ausmass an gesunde Zellen abgeben oder nachwachsen. Die Distanz des Wachstums ist allerdings mit 0,2-1mm sehr gering.

Woran dies liegt, haben Schwab und sein Team bereits in den 1990er Jahren entdeckt. Im Nervensystem tummeln sich zahlreiche so genannte Inhibitoren, die das Nervenwachstum bremsen. «Der wichtigste unter ihnen scheint das Membranprotein Nogo-A zu sein», so Schwab in seinem Referat anlässlich der Preisübergabe am Freitag an der Universität Zürich-Irchel.

Nogo blockieren

Entsprechend setzte die Forschung in der Folge alles daran, Nogo-A bei seiner Tätigkeit zu blockieren. Konkret wurden mehrere Antikörper gegen das Protein entwickelt, welche sich in den vergangenen Jahren in Tierversuchen als sehr wirksam erwiesen.

Preisübergabe anlässlich des ZNZ Symposiums (von links): Prof. Volker Dietz (Koordinator der klinischen Studie; Universitätsklinik Balgrist), David Koetser (Koetser Stiftung) und Prof. Martin Schwab.

«Am Anfang wussten wir nicht, ob es zu einem Chaos führen wird, wenn die Nerven zwar nachwachsen, aber vielleicht falsche Funktionen übernehmen», so Schwab. Umso wichtiger war es, nicht nur mit biochemischen Analyse und bildgebenden Verfahren aufzuzeigen, dass die Nervenzellen tatsächlich nachwachsen, wenn Nogo-A ausgeschaltet wird.

«Es ging vor allem darum, zu zeigen, dass die Versuchstiere nach der Behandlung tatsächlich in der Lage sind, Tätigkeiten wieder auszuführen, die aufgrund der Nervenschädigung nicht mehr möglich waren.» Die Ergebnisse waren ermutigend: Ratten konnten drei bis vier Wochen nach der Antikörper-Behandlung wieder über dünne Holzstäbe balancieren und Makaken ihre Hände wieder benutzen.

In Zusammenarbeit mit Novartis hat das Team um Professor Schwab in den letzten Jahren einen spezifisch menschlichen Antikörper gegen Nogo-A entwickelt. Dessen Verträglichkeit wird gegenwärtig in einer internationalen klinischen Studie unter der Koordination der Universitätsklinik Balgrist getestet. «Diese erste Phase ist fast abgeschlossen und es hat sich gezeigt, dass der Antikörper sehr gut toleriert wird», so Schwab. Entsprechend beginnt demnächst die zweite Phase, in welcher die Forschenden zu zeigen hoffen, dass der Antikörper nicht nur verträglich, sondern auch wirksam ist und menschlichen Nervenzellen erlaubt, wieder nachzuwachsen. Mit ersten Resultaten rechnet Schwab in etwa einem Jahr.