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Blick auf die Anfänge des Universums

Mit einer Aufnahme der kosmischen Hintergrundstrahlung öffnete George F. Smoot der Kosmologie 1992 neue Perspektiven. Zusammen mit John C. Mather erhielt er 2006 den Nobelpreis für Physik. Am Montag schilderte Smoot in einem Vortrag an der Universität Zürich den langen Weg, den er und seine Mitarbeitenden bis zu diesem Ziel zurücklegten.
Simone Weinmann

«Blick ins Antlitz Gottes» - so beschreibt George Smoot die Aufnahme des sehr frühen, heissen Universums, die ihm 1992 mit dem Satelliten COBE gelang.

Die kosmische Mikrowellenstrahlung wurde 1964 zufällig entdeckt und zuerst für ein von Menschen verursachtes Störsignal gehalten. Sie entpuppte sich aber bald als spektakuläre Entdeckung. Das Rauschen kommt aus einer Zeit rund 400'000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum noch ein dichtes Plasma war und gilt als zentrales Argument für die Urknalltheorie.

Smoot hörte als Doktorand der Teilchenphysik den Vortrag eines anderen jungen Physikers, der vorschlug, man solle in der neu entdeckten Mikrowellenstrahlung nach kleinen Schwankungen suchen. Denn die Strahlung schien aus allen Richtungen im All genau dieselbe zu sein, was einigermassen verwirrend war: Wie ist es möglich, fragte der junge Physiker, dass aus einem offenbar extrem gleichförmig verteilten Plasma ein reich strukturiertes Universum voller Galaxien und Galaxienhaufen entsteht? Müssten nicht auch schon in dieser heissen Ursuppe die Keime der heutigen Galaxien angelegt sein, als winzige Fluktuationen in der Strahlung?

Während seine Kollegen über diese spekulative Idee nur lachten, war Smoot so sehr von ihr beeindruckt, dass er ihr seine ganze Karriere widmen sollte. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, diese Schwankungen zu messen, und scheute dafür keinen Aufwand.

«Goldenes Zeitalter der Kosmologie» in Sicht? Prof. George F. Smoot anlässlich seines Referates an der Universität Zürich. 2006 erhielt er gemeinsam mit dem Astrophysiker John C. Mather den Nobelpreis für Physik. 

«Das Antlitz Gottes»

In seinem Vortrag betonte Smoot immer wieder, wie viele Techniker, Theoretiker und Ingenieure zum Erfolg seiner Forschung beigetragen haben. Immer häufiger sei ein Nobelpreis nicht nur der Arbeit einer genialen Einzelperson zu verdanken, sondern wäre ohne logistisch aufwendige Teamarbeit schlicht unmöglich.

Um die kosmische Hintergrundstrahlung zu untersuchen, befestigten Smoot und seine Mitarbeiter Detektoren an ein Flugzeug, hängten sie an einen Heliumballon oder vergruben sie am Südpol – doch immer störte die Erdatmosphäre. Smoot liess sich nicht entmutigen. Er schlug vor, die Detektoren an einem Satelliten ins All zu schicken, und schaffte es, die NASA von dieser unsicheren, 160 Millionen Dollar teuren Mission zu überzeugen. Über 1000 Wissenschaftler arbeiteten an dem Projekt um den Satelliten COBE (Cosmic Background Explorer) mit, das 1992 endlich von Erfolg gekrönt wurde.

Das Resultat war atemberaubend: «Ein Blick in das Antlitz Gottes», beschrieb Smoot die Aufnahme des sehr frühen, heissen Universums, die ihm mit COBE gelungen war. In seinem Referat berichtete er, dass er beim Anblick der ersten Mikrowellenkarte am Muster der Schwankungen sofort erkannte, dass das Universum «flach», oder mathematisch ausgedrückt, euklidisch ist. Dies war zuvor von vielen Forschern bezweifelt worden.

Dank weiteren Missionen ist es heute möglich, mit einer Genauigkeit im Prozentbereich zu messen, woraus das Universum besteht: Nur zu vier Prozent aus normaler Materie, aus der beispielsweise unser Sonnensystem aufgebaut ist – der Rest besteht aus der noch immer rätselhaften dunklen Materie und der noch weniger verstandenen «dunklen Energie».

Dank COBE ist die Kosmologie in die Nähe der präzisen Wissenschaft gerückt. Smoot sprach denn auch von einem anbrechenden «Goldenen Zeitalter der Kosmologie». Es ist nicht zuletzt seiner eigenen Forschung zu verdanken.