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Ausgezeichnete Anreize

Nicht nur Geld allein hält uns in Bewegung – auch die Aussicht auf Titel, Orden oder Ehrungen spornen uns zu ausserordentlichen Leistungen an. In ihrer Dissertation untersucht die Ökonomin Susanne Neckermann die Anreizwirkung solcher Auszeichnungen. Sie betritt damit wirtschaftswissenschaftliches Neuland.
Roger Nickl

Auf den Doktortitel freut sich Susanne Neckermann; der Hauptantrieb für ihre Dissertation, die vom Forschungskredit der Universität Zürich unterstützt wird, ist aber die wissenschaftliche Neugier. Und davon braucht sie eine gehörige Portion: die junge Ökonomin untersucht in ihrem Forschungsprojekt am Institut für empirische Wirtschaftsforschung den Anreiz, den Auszeichnungen – Titel, genauso wie Orden, Ehrungen und Preise – auf Menschen ausüben. Mit diesem Thema betritt sie Neuland in den Wirtschaftswissenschaften. Bislang ging man in der Ökonomie davon aus, dass Geld der entscheidende Faktor ist, wenn es darum geht, Menschen durch äussere, so genannte extrinsische Anreize zu motivieren. Doch nicht nur das Geld allein hält uns in Bewegung, ein ebenso starker Motor für ausserordentliche Leistung ist der Gewinn an Sozialprestige, den uns Auszeichnungen verleihen.

Kann mit Hilfe von Auszeichnungen das menschliche Entscheidungsverhalten beeinflusst werden? Dieser Frage geht Susanne Neckermann in ihrer Dissertation nach.

Ökonomische Ponierarbeit

Diesem nicht-monetären Anreiz wurde in den Wirtschaftswissenschaften bisher jedoch wenig Beachtung geschenkt. Susanne Neckermann leistet deshalb Pionierarbeit – ihre Studie ist eine der ersten, die das Phänomen systematisch erforscht. Hintergrund für das Projekt ist die Neudefinition der ökonomischen Forschung, die aktuell stattfindet: War es früher das Modell des «Homo oeconomicus», des rational handelnden und allein auf seine persönliche Nutzenmaximierung konzentrierten Menschen, das das Denken der Ökonomen prägte, so werden heute vermehrt die «irrationalen», psychologischen und sozialen Faktoren des wirtschaftlichen Handelns untersucht. Das Institut für empirische Wirtschaftsforschung, an dem Susanne Neckermann arbeitet, ist auf diesem Gebiet eine der weltweit ersten Adressen.

«In meiner Dissertation möchte ich herausarbeiten, wie man mit Hilfe von Auszeichnungen das menschliche Entscheidungsverhalten beeinflussen und wie man Leute motivieren kann», erklärt die 27-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin, «genauso möchte ich auch Grundlagenforschung betreiben: Mich fasziniert ganz generell die Frage, auf Grund welcher Motivationen Menschen bestimmte Dinge tun.» Dass Antworten auf solche Frage nicht allein mit wirtschaftswissenschaftlichen Methoden gefunden werden können, versteht sich von selbst. Neckermanns Studie ist deshalb interdisziplinär ausgerichtet. Die Forscherin setzt sich mit soziologischen und philosophischen Theorien genauso auseinander wie mit psychologischen Fragestellungen.

«Mitarbeiter des Monats»

In amerikanischen Firmen sind Auszeichnungen für herausragende Leistungen bereits üblich. Mc Donalds beispielsweise kürt regelmässig den «Mitarbeiter des Monats». Der Trend macht sich auch allmählich in europäischen Unternehmen bemerkbar. So preisen sich grössere Schweizer Firmen auf ihren Websites mit dem Hinweis auf spezielle Anerkennungssysteme für leistungsbereite Mitarbeiter an. Doch welche Komponenten einer Auszeichnung stimulieren und motivieren die Mitarbeiter tatsächlich? Und wie muss ein Preis aussehen, der besonders attraktiv ist? Darüber gibt es bislang kein wissenschaftlich erhärtetes Wissen. Eine Umfrage, die Susanne Neckermann in einem Schweizer Unternehmen plant, will deshalb mehr Licht ins Dunkel solcher Fragen bringen.

«Heute ist es allgemein bekannt, dass Auszeichnungen in Firmen eine wichtige Rolle spielen», sagt Susanne Neckermann, «welche Faktoren – etwa die Höhe der Preissumme, die Anerkennung durch den Arbeitgeber oder eine öffentliche Ehrung – in welcher Kombination eine Auszeichnung aber begehrenswert machen, ist weitgehend unbekannt.» So versprechen die Resultate der Studie neue Erkenntnisse darüber, wie attraktiv und motivierend etwa die Aussicht auf Prestigegewinn durch eine öffentliche Preisverleihung oder diejenige auf ein Preisgeld auf Mitarbeiter wirken. Zudem könnte die Arbeit Hinweise darauf geben, wie Unternehmer das Profil von firmeninternen Auszeichnungen optimieren können.

Wenn Staaten ehren

Susanne Neckermann analysiert aber nicht nur die Anreizwirkung von Auszeichnungen, sondern auch die Vergabe staatlicher Orden und Ehrungen. Die Ökonomin interessiert sich insbesondere für nationale Unterschiede. Sie hat deshalb zuerst Hypothesen formuliert – beispielsweise, dass in stark zentralisierten Ländern Auszeichnungen wichtiger sind als in anderen Staaten. Oder, dass sie in Nationen mit einer höheren Steuerrate eine grössere Rolle spielen als in solchen mit einer tiefen. Dies weil Auszeichnung in der Regel steuerfrei sind. «Wenn ich in meiner Arbeit zeigen kann, dass die Auszeichnungssysteme eines Landes klar bestimmten Hypothesen folgen, wäre das ziemlich revolutionär», meint die junge Forscherin.

Doch der Weg zu solchen Resultaten ist weit: eine erste Hürde stellte bereits die Suche nach guten Daten dar. Allein drei Monate war Susanne Neckermann damit beschäftigt, Staatsverwaltungen aller Herren Länder um die notwendigen Informationen zu bitten. Der Erfolg dieser Bemühungen waren gelinde gesagt mässig, die Rückmeldungen spärlich. Eine Alternative war gefragt. Neckermann untersucht nun Daten des «International Who is Who», einer Liste aller wichtigen Persönlichkeiten und ihrer Auszeichnungen in rund 150 Ländern der Welt. Seit fünf Monaten ist sie nun dabei, diese Daten zu erfassen. Danach sollen anhand von Zufallstichproben von 80 Personen je Land spezifische nationale Profile erstellt und vergleichen werden. Zu welchen Resultaten Susanne Neckermann gelangen wird, ist noch offen. «Empirische Forscher leben mit einem gewissen Risiko», sagt sie, «wir sind immer auf der Suche nach Daten und hoffen, dass wir mit diesen letztlich zu interessanten Resultaten gelangen.» Ob sich dieses Risiko in ihrem Fall gelohnt hat, wird sich spätestens Ende Dezember 2008 zeigen. Bis dann möchte die Wirtschaftswissenschaftlerin ihre Dissertation abgeschlossen haben.