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Finanzmärkte zwischen Wettbewerb und Spezialisierung

Das «Swiss Finance Institute» der Universität Zürich lud vergangene Woche zum zweiten «Zurich Wealth Forum». Es bot Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft und Praxis zum Thema Finanzmärkte.
Adrian Ritter

Die europäischen Finanzmärkte als Forschungsgegenstand und Diskussionsthema am zweiten «Zurich Wealth Forum». Im Bild: Europäische Zentralbank in Frankfurt mit Euro-Skulptur.

Sie verwalten Vermögen, vergeben Kredite, legen Renten an, handeln mit Währungen und Wertpapieren und versichern unser Hab und Gut. Aber wie funktionieren die Akteure des Finanzmarktes wie Banken, Versicherungen und Börsen eigentlich? Rund 100 Fachleute aus Praxis und Wissenschaft nutzten die Gelegenheit, sich am zweiten «Zurich Wealth Forum» über aktuelle Forschungsresultate zu informieren und Einschätzungen zur Zukunft der Finanzmärkte zu diskutieren.

Die Referate und Workshops behandelten eine breite Palette von Themen - von den psychologischen Grundlagen des Investitionsverhaltens über die Kunst der Beratung bis zur Expansion in den asiatischen Finanzmarkt. unipublic hat einen Workshop besucht, in dem das Verhältnis zwischen die europäischen Finanzzentren diskutiert wurde.

Von Städten zu Metropolen

Zwei Fragen standen dort im Vordergrund: In welchen geographischen Räumen lassen sich Finanzplätze beschreiben und inwiefern besteht zwischen ihnen Wettbewerb oder Arbeitsteilung? Gemäss Workshopleiter Prof. Alain Thierstein von der Technischen Universität München sind Finanzzentren nicht in erster Linie als nationale Einheiten zu verstehen, sondern es sind «urbane Räume, welche die Wertschöpfung erbringen».

Präsentierte im Workshop Forschungsresultate zum Finanzplatz Schweiz: Dr. Christian Kruse, Oberassistent am Swiss Banking Institute der Universität Zürich. 

Diese urbanen Räume sind nicht einzelne Städte, sondern lassen sich als Metropolen beschreiben, die mehrere Städte und Regionen umfassen. Dr. Christian Kruse, Oberassistent am Swiss Banking Institute der Universität Zürich, zeigte für die Schweiz das folgende Bild: Eine Metropolregion Nordschweiz mit dem Hauptzentrum Zürich, eine Metropolregion Genf sowie kleinere Regionen um Lugano und Bern.

Neben dem allgemeinen Fokus des Finanzplatzes Schweiz auf die Vermögensverwaltung haben sich die Regionen vor ihrem sprachlich-kulturellen Hintergrund auf unterschiedliche Kunden spezialisiert, so Kruse. So bedient Genf vor allem französischsprachige Kunden sowie Länder in Südamerika und Nahost, die Nordschweiz angelsächsische Länder sowie beispielsweise China. Lugano wiederum ist unter anderem auf den italienischen Markt fokussiert.

Aufmerksame Workshopteilnehmer (von vorne): Thomas Held von Avenir Suisse, Prof. Hans Geiger vom Swiss Banking Institute der Universität Zürich und Dr. Urs Roth von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Wettbewerb und Arbeitsteilung

Neben einem solch arbeitsteiligen Nebeneinander besteht allerdings auch ein Wettbewerb zwischen Finanzzentren. Dieser kann die Steuerbelastung der Akteure des Finanzmarktes, die staatliche Finanzmarktaufsicht oder arbeitsrechtliche Regelungen beinhalten und spielt vor allem zwischen den einzelnen Nationen.

Prof. Hans Geiger, Direktor des Swiss Banking Institute und Präsident des Zurich Wealth Forum gab sich überzeugt: «Der Wettbewerb ist die treibende Kraft des Finanzplatzes, die Komplementarität ist das Resultat davon.»

Nummer eins in der Vermögensverwaltung

Dass die Finanzmärkte der europäischen Länder unterschiedliche Entwicklungen und Kernkompetenzen besitzen, wurde am Beispiel von Referierenden aus Irland und Luxemburg deutlich. Irland beispielsweise besitze erst seit rund 20 Jahren überhaupt einen Finanzplatz, sei heute aber ein «anerkannter global player», sagte Enda Twomey von der irischen Bankiervereinigung.

Auf eine lange und erfolgreiche Tradition als Finanzplatz kann bekanntlich die Schweiz zurückblicken. Mit einem Marktanteil von rund 32 Prozent sei sie nach wie vor die Nummer eins in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung, berichtete Dr. Urs Roth, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung. Zwar habe in den letzten zehn Jahren ein Konzentrationsprozess stattgefunden, der die Anzahl Banken im Inland schrumpfen liess. Gleichzeitig hätten die Schweizer Banken aber ihre Auslandpräsenz verstärkt.

Diese Internationalisierung macht die unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern umso bedeutender. Diese müssten nicht identisch sein, aber gegenseitig anerkannt werden, forderte Roth. In der Schweiz sind im Herbst 2005 «Richtlinien für eine wirksame Finanzmarktregulierung» verabschiedet worden.

Sehen der Konkurrenz durch neue

Finanzmärkte gelassen entgegen: Jean-Jaques Rommes (vorne), Generaldirektor der Luxemburgischen Bankiervereinigung und Enda Twomey, stv. Direktor der Irischen Bankiervereinigung.

Herausforderung neue Finanzplätze?

Inwiefern fühlen sich die europäischen Finanzmärkte durch aufstrebende Märkte in Nahost und Asien herausgefordert? Wenn diese neuen Märkte Nischen finden, in denen sie flexibler und besser sind als andere, dann wird das eine Herausforderung, meinte Urs Roth. «Aber wir sollten diesen Wettbewerb willkommen heissen, denn er hilft uns, besser zu werden.»

Gelassen gaben sich auch die Bankenvertreter von Luxemburg und Irland. «Wir haben in den letzten Jahrzehnten auf dem globalen Finanzmarkt einen grossen Wandel erlebt, das ist von daher nichts Neues», sagte Jean-Jaques Rommes, Generaldirektor der Luxemburgischen Bankiervereinigung.

Willkommene Forschung

Klar scheint, dass sich die Finanzmärkte auch in Zukunft und vielleicht noch verstärkt auf gewisse Geschäftsbereiche spezialisieren werden. Solche Vorgänge gelte es wissenschaftlich noch genauer zu untersuchen, wobei nicht nur ökonomische, sondern auch soziale und ökologische Elemente mitberücksichtigt werden sollten, sagte Kathryn Pain von der Loughborough University (London).

Dass die Forschung sich vermehrt Fragen des Finanzmarktes widmet, darüber zeigte sich Urs Roth erfreut. Die Gründung des Swiss Finance Institute an der Universität Zürich sei eine Pioniertat, die mit ihrem Angebot dazu beitrage, den Erfolgsfaktor «Wissen» des Finanzplatzes Schweiz weiter zu stärken.