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Concours diplomatique auch für Frauen

Die Diplomatie gilt als Männerdomäne. Doch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) steht auch gut ausgebildeten Frauen offen. Gestern informierten Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und Mitarbeiter des EDA Studierende an der Universität über den diplomatischen Dienst und seine Herausforderungen.
Marita Fuchs

Auch das EDA benötigt talentierten und gut ausgebildeten Nachwuchs, warum nicht qualifizierte Bewerber vor Ort, also in einer Universität, direkt ansprechen? Das Institut für Völkerrecht hat die Informationsveranstaltung organisiert. Die voll besetzte Aula bewies, dass Studierende dem diplomatischen Dienst grosses Interesse entgegenbringen. Daniel Thürer, Professor für Völkerrecht an der Universität Zürich, führte durch die Veranstaltung und verwies zu Beginn auf die Karrieremöglichkeiten, die Frauen im diplomatischen Dienst offen stehen. Er sprach damit zugleich das diesjährige Auswahlverfahren an, das für Aufregung in der Öffentlichkeit gesorgt hatte, weil Micheline Calmy-Rey in ihrer Eigenschaft als Vorsteherin des EDA in die Vorschläge der Auswahlkommission eingegriffen hatte: Die Kommission hatte 14 Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen – zehn Männer und vier Frauen. Calmy-Rey hatte daraufhin aus Gründen der Parität sechs Männer gestrichen und vier Männer und vier Frauen ausgewählt.

Micheline Calmy-Rey, Vorsteherin des EDA, will keine Quotenfrauen, Frauen sollen jedoch vermehrt für den diplomatischen Dienst gewonnen werden.

Vielfalt der Schweiz repräsentieren

Thürer, selbst Mitglied der Auswahlkommission, betonte, dass starre Quoten von der Verfassung nicht zugelassen seien. Aber die Frauenförderung sei wichtig, auch an der Universität Zürich sei man stolz auf den wachsenden Anteil von Frauen unter den Studierenden: Immerhin betrage der Frauenanteil in der Medizinischen und in der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät rund 50 Prozent, bei den Veterinärmedizinern sei mit 80 Prozent der Frauenanteil am höchsten.

Micheline Calmy-Rey berichtete, dass sich der Frauenanteil im höheren Kader im Diplomatischen Dienst in den letzten Jahren wenig geändert habe. So seien von 116 Botschaftern lediglich 11 Frauen. «Das ist einfach zu wenig. Die Schweiz muss im Ausland in ihrer ganzen Vielfalt vertreten sein. Dazu gehören auch die Frauen und die vier Landessprachen», sagte sie.

An die Kandidatinnen und Kandidaten werden hohe Anforderungen gestellt: Sie dürfen nicht älter als 35 Jahre sein, sollten mindestens drei Sprachen perfekt beherrschen und ein abgeschlossenes Studium sowie eine Berufsausbildung haben. Dazu kommen persönliche Kompetenzen und ein breites Wissen.

Christine Schraner und Yvonne Baumann haben die Karriereleiter erklommen: Sie berichteten von der faszinierenden und anspruchsvollen Arbeit als Botschafterin der Schweiz.

Wissen um kulturelle Unterschiede

Botschafterin Yvonne Baumann berichtete aus ihrer langjährigen Erfahrung von der faszinierenden Seite der Arbeit im auswärtigen Dienst. Sie habe schon in Budapest, Caracas und Mexiko gearbeitet. Jeder Wechsel bringe neue Herausforderungen mit sich und erfordere entsprechende Qualifikationen, sei aber auch interessant und faszinierend. So müsse eine Botschafterin oder ein Botschafter ein guter Beobachter sein und die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen eines Landes im Auge haben. Sie müsse beispielsweise ein Schweizer Unternehmen, das in dem Land investieren wolle, adäquat beraten können. Weiterhin sei es wichtig, dass die Botschafterin ein Netzwerk aufbaue; der Kontakt zu Persönlichkeiten aus verschiedensten Bereichen der Gesellschaft sei wichtig, um beispielsweise politische Zusammenhänge rechtzeitig zu sehen. Zudem sei eine Botschafterin Managerin, Kommunikationsexpertin und Teamleaderin.

Auch mit dem kulturellen Hintergrund eines Landes müsse sich eine Diplomatin vertraut machen und zum Beispiel wissen, wenn eine bestimmte Kultur es verbietet, einfach mit einem «Nein» etwas abzulehnen. «Ein Diplomat ist kein Snob im Nadelstreifenanzug und kein Partylöwe», sagte Baumann, «sondern eine vielfältige Persönlichkeit, die mit einem Bauern ebenso sprechen kann wie mit dem König von Norwegen.»

«Diplomatinnen und Diplomaten sind Generalisten» meint Sabine Ulmann, verantwortlich für die Personalgewinnung beim EDA.

Langwieriges Prüfungsverfahren

Sabine Ulmann, zuständig für Personalgewinnung und Zulassungsfragen beim EDA, betonte, dass die Auswahl geeigneter Personen keine Prüfung sei, sondern ein Verfahren. Es gebe zwar zu Beginn schriftliche Prüfungen, diese lieferten jedoch eher Indikatoren. Letztlich gelte es, die Kommissionsmitglieder davon zu überzeugen, dass man die richtige Kandidatin oder der richtige Kandidat sei. In dem vier bis sechs Monate dauernden Auswahlverfahren werden nach der ersten Runde 30 bis 40 Kandidatinnen und Kandidaten ausgewählt, in der zweiten Runde werden in einem Assessmentverfahren mündliche Prüfungen durchgeführt, zu denen Rollenspiele und Gruppendiskusssionen gehören, in denen die Kandidaten ihre Kommunikations- und Kritikfähigkeit unter Beweis stellen müssen. Von 200 bis 250 Bewerbungen pro Jahr werden schliesslich zehn bis zwanzig Personen ausgewählt. Danach beginne die Ausbildung mit einem theoretischen Teil in Bern und einem praktischen Teil im Ausland.

Diplomatie und Kinder

Christine Schraner, Mitarbeiterin beim EDA, schilderte ihren Berufsalltag als Botschafterin und Mutter. Sie habe mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann in Dublin gelebt und mit ihrem Mann dabei im Job-Sharing gearbeitet. Das habe sehr gut funktioniert, da das EDA sich als flexibler Arbeitgeber gezeigt habe. Für Familien mit Kindern sei das Rotationsprinzip, also der Wechsel nach vier Auslandsjahren in ein anderes Land, eine Herausforderung.

Am Ende der Veranstaltung sprach Micheline Calmy-Rey von der Ehre, die Schweiz im Ausland vertreten zu dürfen. Ihr sei es wichtig, dass in den Botschaften auch genügend Frauen vertreten seien. Sie wolle keine Quotenfrauen, aber sie habe die Pflicht, eine Parität zu erreichen. Sie richtete abschliessend einen Appell an die anwesenden Studentinnen: «Frauen, bitte kandidieren!»

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