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Spirituelle Führer, mächtige Politiker und Frauenliebhaber

Der Dalai Lama besucht im August die Universität Zürich. Anlass sind unter anderem zwei Ausstellungen im Völkerkundemuseum der Universität. Die Vorbereitungen im Museum laufen auf Hochtouren, wie ein Augenschein zeigt.
Sascha Renner

Portraitplastik des 14. Dalai Lama.

Über zwei goldenen Brokatkissen erhebt sich ein Zähne fletschendes Ungeheuer. Flammen schiessen aus seinem Rachen und versetzen das prunkvolle Dekor der Rückenlehne in heftige Wallung. Noch steht der reich ornamentierte Thron des 14. Dalai Lama sicher verwahrt und vor den Augen Unbefugter verborgen im unterirdischen Depot des Völkerkundemuseums der Universität. Doch bald wird er ins Rampenlicht gehoben: Die Leihgabe eines privaten Sammlers aus Holland ist eine der Raritäten, die ab dem 4. August in der Ausstellung «Die 14 Dalai Lamas» zu bestaunen sein wird.

Erlesene Exponate aus aller Welt

Der Thron ist nicht das einzige hochkarätige Stück. Namhafte Institutionen wie das Musée Guimet in Paris, die Hermitage in St. Petersburg oder das Victoria and Albert Museum in London treten als Leihgeber auf. Kurator Martin Brauen gerät ins Schwärmen, als er sorgfältig ein tibetisches Rollbild aus dem Seidenpapier schält: «Feinheit und Detailreichtum dieser Darstellung sind einmalig. Sie zeigt den Dalai Lama sowie verschiedene seiner Präexistenzen.» Den Quellen zufolge stammt dieses Thanka aus der Nachkommenschaft des 9. Dalai Lama, hat also ein Alter von beinahe 200 Jahren.

Eine aufwändige Produktion

So gross die Freude über die Vielzahl bedeutender Exponate, so gross auch die Mühe, diese alle nach Zürich zu bringen. Sponsoren mussten und müssen gefunden, Auflagen bezüglich Lichtexposition erfüllt, Zustandsberichte erstellt und die Sicherheit während des Transports gewährleistet werden. Damit nicht genug. Auch die Begleitpublikation steht kurz vor der Drucklegung. Und weil die Ausstellung nächstes Jahr nach Rotterdam weiterwandert, müssen die Leihgeber um Zustimmung gefragt werden. Kurz: Eineinhalb Monate vor Eröffnung gleicht das Museum einem Bienenhaus.

Alle 14 Dalai Lamas auf einen Blick

Anlass für die Ausstellung ist nebst dem wissenschaftlichen Interesse ein ganz unmittelbarer: Im Juli 2005 wird der Dalai Lama, das weltliche und religiöse Oberhaupt der buddhistischen Tibeter, 70 Jahre alt. Dieses Ereignis, aber auch die achttägige Belehrung des Dalai Lama im Hallenstadion Zürich, bilden den festlichen Rahmen für einen Rückblick auf die über 600 Jahre alte Institution des Dalai Lama in Tibet. Die Ausstellung wird jeden der 14 Gottkönige mit Hilfe von Rollbildern, Statuen, historischen Fotografien und Filmen vorstellen. Deren Amtsführung war sehr unterschiedlich, wie Brauen erklärt. «War der 5. Dalai Lama ein politisch mächtiger Führer, der Tibet mit Hilfe der Mongolen geeint hat, so war sein Nachfolger vor allem an Poesie und schönen Frauen interessiert.»

Fotografisches Nahporträt

Einen ganz aktuellen Blick auf den jetzigen Dalai Lama, Tenzin Gyatso, wirft parallel dazu eine Fotoausstellung im Völkerkundemuseum. Sie präsentiert die einzigartige Langzeitstudie des Winterthurer Fotografen Manuel Bauer, der Seine Heiligkeit auf über dreissig seiner Reisen in alle Welt begleitet hat: von Dharamsala, dem Sitz der tibetischen Exilregierung in Indien, bis ins Weisse Haus in Washington, vom Plenarsaal des Europaparlaments bis hinter die verschlossenen Türen des Meditationsraums. Entstanden ist dabei das Nahporträt einer weltweit geschätzten Persönlichkeit.

 

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