«Das Interesse junger Menschen an Mobilität ist enorm»
Die Emil Frey Gruppe finanziert durch eine Schenkung das UZH Center for the Future of Personal Mobility. Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, in die Forschung in diesem Bereich zu investieren?
Lorenz Frey-Hilti: Ohne individuelle Mobilität steht unsere Wirtschaft still. Gerade in der Schweiz werden trotz des weltweit wohl am besten ausgebauten öffentlichen Verkehrssystems rund drei Viertel aller Personenkilometer im privaten motorisierten Strassenverkehr zurückgelegt. Auch der Güterverkehr findet hauptsächlich auf der Strasse statt. Die individuelle Mobilität, wie wir sie heute kennen, ist ein grosses Bedürfnis der Gesellschaft und mit all ihren Vor- und Nachteilen ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Wir sind überzeugt, dass es sich angesichts dieser Bedeutung lohnt, die ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte dieser Mobilität auch durch die akademische Forschung besser zu beleuchten.
Was versprechen Sie sich von der Forschung am neu gegründeten Center?
Kathrin Frey: Das Center soll dazu beitragen, faktenbasiert und wissenschaftlich fundiert über die Bedeutung und die bestmögliche Entwicklung der individuellen Mobilität nachdenken und diskutieren zu können. Das Interesse junger Menschen an Mobilität ist enorm. Das UZH Center for the Future of Personal Mobility wird Studentinnen und Studenten die Möglichkeit bieten, sich in diesem Bereich akademisch zu engagieren.
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Wir sind sehr gespannt auf neue Erkenntnisse und innovative Ideen, die wir heute noch gar nicht kennen und uns nicht vorstellen können.
Am UZH Center for the Future of Personal Mobility wird unter anderem die Evolution der individuellen Mobilität erforscht. Sehen Sie Entwicklungen, die Sie besonders interessieren?
Kathrin Frey: Als Vertreter der «jungen» Generation in unserem Familienunternehmen interessieren wir uns natürlich besonders für die Themen wie neue Mobilitätskonzepte, neue Antriebstechnologien und neue Verkehrskonzepte. Aber die Entwicklung in unserer Branche ist derzeit so rasant, dass wir auch sehr gespannt sind auf neue Erkenntnisse und innovative Ideen, die wir heute noch gar nicht kennen und uns nicht vorstellen können.
Sie handeln mit Autos. Welche Rolle wird das Auto in Zukunft spielen?
Lorenz Frey-Hilti: Unser Familienunternehmen konnte im vergangenen Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern. In diesen 100 Jahren musste sich das Unternehmen immer wieder neuen Kundenbedürfnissen, neuen Technologien und dem Markt anpassen. Das wird auch in Zukunft so sein. Ob das Auto, wie wir es heute kennen, oder eine neue Art der Fortbewegung, wir glauben an die individuelle Mobilität und sind überzeugt, dass es immer einen Bedarf an Dienstleistungen in diesem Bereich geben wird.
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Wir glauben an die Zukunft der individuellen Mobilität. In welcher technologischen Form sowie Art und Weise diese sein wird, werden wir sehen.
Wie sehen Sie die Zukunft des Autos, wenn wir an Stichworte wie selbstfahrende Fahrzeuge und alternative Kraftstoffe denken?
Lorenz Frey-Hilti: Wie gesagt, wir glauben an die Zukunft der individuellen Mobilität. In welcher technologischen Form sowie Art und Weise diese aber sein wird, werden wir sehen. Selbstfahrende Fahrzeuge und alternative Treibstoffe sind Bereiche, in denen bereits viel geforscht und entwickelt wird, und die heute schon im Einsatz sind. Wir sind neugierig, wie das UZH Center for the Future of Personal Mobility die Entwicklung in diesen Bereichen einschätzt.
Sie haben sich für eine Kooperation mit der UZH entschieden. Weshalb ist die Universität für Sie ein interessanter Partner?
Kathrin Frey: An erster Stelle steht sicher der – auch im internationalen Vergleich – hervorragende Ruf der UZH für ihre wissenschaftliche und unabhängige Lehre und Forschung. Da wir historisch ein sehr traditionsbewusstes Unternehmen sind, spielt ein zweiter Punkt eine wichtige Rolle: Am 1. Oktober 1924 eröffnete der Mechaniker Emil Frey, mein Grossvater, seine erste Werkstatt an der Schwingerstrasse 3 im Zürcher Stadtkreis 6; nicht allzu weit von der UZH entfernt. Da liegt es nahe, dass wir die Universität in der Heimatstadt der Emil Frey AG berücksichtigen wollen.
Für die Hochschulen sind bei Kooperationen Regeln zur Wahrung der Forschungsfreiheit wichtig. Ist das aus Ihrer Sicht eher ein Anreiz oder eine Hemmschwelle, um Geld für die Forschung zu spenden?
Kathrin Frey: Die Emil Frey Gruppe setzt sich laufend mit strategischen Marktentwicklungen auseinander. Das ist Teil unserer Verantwortung gegenüber Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden. Gerade deshalb ist es für uns besonders wertvoll, dass die akademische Forschung im Center der UZH strikt unabhängig und eigenständig agiert und neue Erkenntnisse zum Nutzen aller einbringen kann.
Neuer Leuchtturm für die Mobilitätsforschung
Die individuelle Mobilität verändert sich gerade rasant. Technologische Innovationen wie Elektromobilität, neue Batterie- und Energiespeichersysteme, autonomes Fahren und KI mischen die Automobilindustrie auf. Welche Angebote werden mit Hilfe neuer Technologien geschaffen? Wie verändern sie die Branche? Und wie reagieren die Konsumentinnen und Konsumenten darauf? Das sind Fragen, mit denen sich das neue «UZH Center for the Future of Personal Mobility» beschäftigen wird. «Die Erforschung von aktuellen Trends wie die Veränderung des Konsumentenverhaltens, der Einsatz von KI für Mobilitätsszenarien wie autonomes Fahren, Connected-Car-Technologien oder auch multimodale Mobilität erfordert eine Kombination verschiedenster Expertisen», sagt Harald Gall, Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der UZH, «das ist die Kernkompetenz einer Gesamtuniversität wie der UZH, die dank des vielfältigen Netzwerks interdisziplinäre Innovationforschung betreiben kann.»
Interdisziplinäre Verknüpfung
Das «UZH Center for the Future of Personal Mobility» wird am Institut für Betriebswirtschaftslehre angesiedelt und mit Expertinnen und Experten aus diversen Fächern der UZH zusammenarbeiten. Dekan Harald Gall betont: «Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät bietet ideale Voraussetzungen, um das neue Zentrum nahtlos in bestehende Forschungsstrukturen zu integrieren und gegenseitige Impulse zu fördern.» Insbesondere wird das Center mit den verschiedenen Digitalisierungsinitiativen der UZH zusammenarbeiten und darüber hinaus mit Fächern wie der Geographie, Psychologie, Ethik und weiteren Wissenschaftsgebieten kooperieren. «Die UZH hat den grossen Forschungsbedarf für diesen wichtigen und innovativen Markt erkannt und dafür eine interdisziplinäre Forschungsagenda entwickelt», so Gall.
Das neue Forschungszentrum stellt das Individuum, das persönliche Konsumverhalten sowie die individuellen Präferenzen im Mobilitätsverhalten ins Zentrum. «Es gibt viele Fragen, etwa wie Angebote für Kunden gestaltet oder Anreize gesetzt werden, die im Kontext der neuen Technologien schlecht erforscht sind», erklärt Harald Gall. Die neue Professur werde deshalb idealerweise an der Schnittstelle zwischen Digitalisierung, Management und Innovation sowie Marketing angesiedelt; Kerngebiete der BWL, die sich mit Kundenpräferenzen, Kundenentscheidungsmodellen, Innovationsmanagement und Design von neuen Angeboten beschäftigen. Das Forschungszentrum ergänzt damit andere UZH-Initiativen, die sich mehr mit der gesellschaftlich wünschenswerten Mobilität auseinandersetzen.
Attraktive Professur
Mit der grosszügigen Spende der Emil Frey Gruppe kann das UZH Center for the Future of Personal Mobility breit aufgestellt und eine attraktive und gut vernetzte Professur eingerichtet werden. «Das ermöglicht, Mobilität integral und interdisziplinär zu betrachten», sagt UZH-Rektor Michael Schaepman, «das hat für uns den Ausschlag gegeben, die Donation der Emil Frey Gruppe in einem neuen Forschungszentrum umzusetzen. Wir haben damit eine ausgezeichnete Ausgangslage, um die Zukunft der individuellen Mobilität zu erforschen.»