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191. Dies academicus

Von Brückenbauern, Good Governance und Grumpies

Die UZH präsentierte sich am Samstag zur 191. Gründungsfeier im festlichen Kleid. Bei strahlendem Wetter feierten geladene Gäste und Angehörige der UZH am Irchel Campus. Die Festrede hielt Ständerat Daniel Jositsch, Rektor Michael Schaepman blickte zurück auf das akademische Jahr 2023 und Prorektorin Gabriele Siegert berichtete über die UZH-Governance in der Lehre.
Marita Fuchs

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Gastredner am diesjährigen Dies academicus war der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch. (Bilder: Michel Buechel)

Ständerat Daniel Jositsch ist ein bekanntes Gesicht, – nicht nur in Bundesbern auch an der UZH, denn hier lehrt er Straf- und Prozessrecht. In seiner Ansprache erzählte er, wie der Rektor ihn vor einiger Zeit gebeten hatte, am Dies academicus eine Rede über Politik und Wissenschaft zu halten. Kein Problem für ihn, habe er gedacht, doch im Nachsatz hätte der Rektor auch gewünscht, dass der Vortrag ein wenig lustig sein sollte. Er sei Sozialdemokrat und Strafrechtsprofessor, lustig sei seine Sache nicht, so Jositsch. Einige Tage später, hätte er Alt-Rektor Michael Hengartner im Zug von Bern nach Zürich getroffen, und dieser hätte ihn dringlich gebeten, doch eine lustige Rede zu halten. Gesagt, getan.

Augenzwinkernde Abrechnung

Daniel Jositschs Standesrede war dann eine humorvolle bis zuweilen ironische Abrechnung mit der Bundespolitik und ihrer lieben Mühe mit der Wissenschaft. Er belegte seine Aussagen anhand eines Berichts des Bundesrats, in dem es um die Frage geht, wie man das wissenschaftliche Potenzial der Schweiz in der Politik nutzen könne. Der Bundesrat habe nämlich spätestens seit der Covid-Pandemie bemerkt, dass Wissenschaft nicht nur ein Bereich sei, den man finanzieren müsse, sondern auch einer, der sinnvoll integriert werden könne, zumindest in Krisenzeiten. Am Schluss betonte Jositsch – nun doch ernst – dass er der Universität Zürich dankbar sei, dass sie ihm die Möglichkeit gebe, sich in die Politik einzubringen. «Ich verstehe das auch als Auftrag, eine Brücke zu schlagen zwischen Wissenschaft und Politik», sagte der Festredner.

Positionspapier aus dem Jahr 1997

Jessy Duran Ramirez und Philip Zimmerman vom VAUZ verblüfften mit einem Positionspapier aus dem Jahr 1997.

Spielerisch ging es weiter: Mit Jessy Duran Ramirez und Philip Zimmerman kam der wissenschaftliche Nachwuchs (VAUZ) zu Wort. Beide betonten, dass der Arbeitsumfang des Mittelbaus in den letzten Jahren zugenommen habe, ohne dass das entsprechend anerkannt würde, dass Frauen nach wie vor nicht genügend in ihren Karriereabsichten unterstützt würden und dass ausseruniversitäre Berufsperspektiven kaum thematisiert würden, denn nur wenige hätten die Chance auf eine Professur. Weitere Punkte wurden aufgelistet. Am Ende ihrer Ansprache verblüfften Rednerin und Redner das Publikum, denn Jenny Duran Ramires sagte zu Philip Zimmermann: «Denkst Du, Sie haben uns das abgekauft?» Und weiter: «Unser Vortrag stammt aus einem Positionspapier des Jahres 1997, das habe ich im Archiv gefunden, viel hat sich ja seither nicht geändert!»

Autonomie, globale Vernetzung, Innovations-Ökosystem

Traditionsgemäss blickt der Rektor jeweils zurück auf das vergangene akademische Jahr. Michael Schaepman betonte, dass die Universitäten heute sowohl wissenschaftlichen als auch gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht werden müssten. Das führe oft zu dem Druck, messbare oder direkt anwendbare Ergebnisse zu liefern. Diese Erwartungshaltung könne die Selbstbestimmung und Autonomie der Universitäten bedrohen, was wiederum die Freiheit von Forschung und Lehre beeinträchtige. Die Universität Zürich habe sich im letzten Jahr intensiv mit diesen Themen auseinandergesetzt, und sie in verschiedenen Kontexten diskutiert.

Die UZH verfüge in akademischen Bereichen und Personalhoheit über einen hohen Grad an Autonomie, sagte der Rektor. Im Vergleich zu anderen europäischen Hochschulen zeigten sich jedoch Schwächen in organisatorischer und finanzieller Unabhängigkeit. Dieses Thema wurde im vergangen Jahr in einer Podiumsdiskussion mit Rektor:innen europäischer Universitäten vertieft, wobei man sich einig gewesen sei, so der Rektor, dass die Autonomie der Universitäten ein wertvolles Gut sei, das unbedingt geschützt werden müsse. Dies erfordere eine verantwortungsbewusste und exzellente Führung der Universitäten.

Die UZH ist der Allianz Una Europa, die aus elf führenden europäischen Forschungsuniversitäten besteht, vor zwei Jahren beigetreten. Eine der Hauptprioritäten von Una Europa ist die Entwicklung innovativer Lehrformate, ein Bereich von besonderem Interesse für die Universität. Im nächsten Jahr werde, so Schaepman, die UZH an zwei Una-Europa-Programmen teilnehmen: dem Joint Bachelor in European Studies und dem Joint Bachelor in Sustainability. Diese Beteiligung markiere einen Meilenstein in der Internationalisierung der Universität und fördere die Interdisziplinarität.

Rektor Michael Schaepman im festlichen Saal während des 191. Dies academicus der Universität Zürich.

Orientierung bieten

Als weiteren Punkt kam der Rektor auf das Thema Innovation zu sprechen. Als Beispiel nannte er den Innovationspark in Dübendorf. In der Halle 4 entstünde gerade ein neues Innovations-Ökosystem. In einer einmaligen Zusammenarbeit zwischen Kanton, Bund, der Gemeinde Dübendorf, Privaten und Forschungsinstitutionen wie der Universität Zürich, der ETH und der Empa entstehe hier ein neues Innovationszentrum.

Am Ende dankte der Rektor allen Anwesenden für ihr Wohlwollen und ihre Unterstützung für die UZH und betonte: In einer Zeit multipler Krisen, Polarisierung und Partikularinteressen sei es wichtig, dass Universitäten objektiv und faktenbasiert Orientierung bieten. «Wir konnten diese Rolle im vergangenen Jahr erfüllen und ich versichere, dass wir uns auch zukünftig für das Wohl der Gesellschaft einsetzen und Orientierung bieten werden.»

In Videoeinspielungen wurde den zahlreich erschienenen Gästen Highlights des Jahres 2023 aus den Fakultäten vorgestellt. Und auch die Ehrendoktoren kamen in kurzen Videosequenzen zu Wort. Der diesjährige Lehrpreis ging an den Rechtsprofessor Marc Thommen, der mit digitalen Quiz- und Feedback-Tools den Studierenden die Möglichkeit gibt, ihren Lernfortschritt zu überprüfen. 

Erfahrungen von einst

Gabriele Siegert im lockeren Gespräch mit Moderatorin Barbara Bleisch.

Wie es um die Lehre an sich an der UZH bestellt ist, darüber sprach Prorektorin Gabriele Siegert in einem lockeren Zweiergespräch mit der Philosophin Barbara Bleisch, die auch die Moderation des Dies übernommen hatte. Mit diesem Talk wurde im Rahmen des Dies academicus ein neues Format eingeführt, das auch persönliche Fragen und Antworten zulässt.

So erinnerte sich Gabriele Siegert – auf die Frage von Barbara Bleisch – an ihre Erfahrungen als Studentin an der Universität Augsburg. In einer Vorlesung hätte der Professor alle anwesenden Studentinnen aufgefordert, doch lieber den Hörsaal zu verlassen, und zurück in die Küche zu gehen. Siegert ist der Aufforderung nicht gefolgt, hat eine wissenschaftliche Karriere gemacht und treibt heute als Prorektorin die Lehre an der UZH voran.

Sie betonte, dass gute Lehre mehrere Dinge einschliesse: ein ausgeklügeltes Studienprogramm, gute Rahmenbedingungen, wie Gebäude, Räume und Ausstattung – und es brauche ein klare Governance. Den Dozierenden werde an der UZH ausführliche und niederschwellige Unterstützung angeboten, es gebe hochschuldidaktische Weiterbildungen, Teaching-Tools und eine Plattform, auf der Dozierende sich schnell und einfach gute Praxisbeispiele ansehen könnten.

Auf die Frage von Bleisch, ob es nicht so sei, dass diejenigen, die es am meisten nötig hätten, beratungsresistent seien, sagte Siegert, dass es immer so genannte Grumpy-Professoren gäbe, die nichts ändern wollten. Es gäbe aber dagegen eine grosse Anzahl von Dozierenden, die gut lehren ohne sich viel um Innovationen und Weiterentwicklung zu kümmern. «Wenn man die Lehre an der UZH weiterbringen will, muss man diese grosse Mehrheit erreichen», sagte Siegert.

Das akademische Orchester Zürich sorgte für die musikalische Begleitung. Mit der akademischen Festouvertüre von Johannes Brahms fand der diesjährige Dies academicus seinen feierlichen Ausklang.