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In Citizen-Science-Projekten arbeiten Bürger:innen und Forschende gemeinsam an wissenschaftlichen Fragen. Citizen Science Zürich, eine gemeinsame Plattform von UZH und ETHZ, wird von der Stiftung Mercator Schweiz unterstützt und fördert jährlich mit Anschubfinanzierungen, den Seed Grants, entsprechende Pilotprojekte mit je bis zu 40'000 Schweizer Franken. «Pro Jahr werden etwa sechs Projekte mit Seed Grants unterstützt», so Ursina Roffler, Leiterin der Abteilung Kommunikation von Citizen Science Zürich. Am 3. März endete die diesjährige Ausschreibung für die neuen Projekte.
Bereits mit einem Seed Grant unterstützt wird das Hair SALON Projekt (SALON ist ein Akronym für Seeking Alternative Links to Outreach Networks), welches Frauen im südlichen Afrika, genauer in Lesotho, einen besseren Zugang zu Gesundheitsdiensten und -produkten ermöglichen will und Aufklärungsarbeit leisten möchte. Das Team setzt sich aus Forschenden des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der UZH, des Instituts für Klinische Epidemiologie des Universitätsspitals Basel und The HUB, einem Jugendzentrum in der Nähe der Hauptstadt Lesothos, zusammen. Das Projekt wird vom Epidemiologen Alain Amstutz geleitet und von Pontšo Sekhesa, der Projektkoordinatorin bei The HUB, koordiniert.
In bestimmten Gebieten Afrikas sind AIDS und Komplikationen während und nach der Schwangerschaft, wie etwa Blutungen oder Infektionen, noch immer die Hauptursachen für den Tod vieler junger Frauen. Dies, obwohl Gesundheitseinrichtungen bestehen und die Frauen an Informationen und Medikamente im Zusammenhang mit sexueller Gesundheit, Familienplanung und häuslicher Gewalt kommen könnten. «Es gibt eine Lücke zwischen den angebotenen Diensten und deren Nutzung», meint UZH-Epidemiologe Amstutz. Ein Grund dafür sei die Tatsache, dass die katholische Kirche in Lesotho über 40 Prozent des Gesundheitssystems finanziere. Zudem werden die jungen Frauen mit ihren Problemen vom meist schon älteren, konservativen Gesundheitspersonal oft nicht ernst genommen. «Die bestehenden Gesundheitsangebote erreichen die jungen Leute nur ungenügend. Die Frauen fühlen sich in den traditionellen Gesundheitseinrichtungen nicht wohl, und Themen wie die sexuelle Gesundheit werden oft gar nicht oder zu wenig besprochen.»
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Die Frauen fühlen sich in den traditionellen Gesundheitseinrichtungen nicht wohl, und Themen wie die sexuelle Gesundheit werden oft gar nicht oder zu wenig besprochen.
Ganz anders ist das im Coiffeursalon. Dort sitzen Frauen stundenlang, um ihre Haare zu flechten, und haben genügend Zeit, sich in einem geschützten Rahmen mit anderen über Themen wie die sexuelle Gesundheit, Familienplanung und häusliche Gewalt auszutauschen. «Meine Partnerin ist selbst aus Lesotho und hat jedes Mal, wenn sie von ihrem Hairsalon nach Hause gekommen ist, Geschichten von jungen Frauen erzählt, die sich dort über teils auch sehr intime Themen austauschten. Das war die Geburt der Projektidee», erzählt Alain Amstutz.
Das Forschungsteam um Alain Amstutz will nun herausfinden, wie und in welcher Form man ein Informationsangebot in Hairsalons in Lesotho zu sexueller Gesundheit und Familienplanung gestalten könnte. Dabei übernehmen 100 Stylistinnen in Hairsalons in ganz Lesotho eine wichtige Rolle; sie sollen als Citizen Scientists insgesamt 300 Klientinnen rekrutieren, die eine Umfrage zu diesen Themen ausfüllen.
«Unser Ansatz ist sehr innovativ und neu, gleichzeitig bietet er grosse Chancen», sagt Tala Ballouz, eine der Forschenden der UZH. «Durch die Hairstylistinnen haben wir bereits Leute vor Ort und können auf natürliche Weise Daten sammeln.» Bei Problemen mit der Umfrage sind die Stylistinnen im Notfall zur Stelle und können helfen. Neben den Klientinnen füllen zudem auch die Stylistinnen einen Fragebogen aus, damit das Forschungsteam einen Einblick in beide Seiten hat.
Die Umfrage wird nun gestartet. Die Resultate sind im Herbst zu erwarten. Sie sollen Hinweise dafür geben, welche Angebote die Stylistinnen in ihren Hairsalons anbieten können und welche Angebote die Klientinnen tatsächlich nutzen würden. «Denkbar wäre beispielsweise die Bereitstellung von Menstruationsprodukten, HIV-Präventionsmedikamenten und der Pille», so die The-HUB-Projektkoordinatorin Pontšo Sekhesa.
Ein Folgeprojekt ist auch schon angedacht: Basierend auf den Umfragen soll ein Angebot zusammengestellt werden, das an verschiedenen Standorten getestet wird. «Anschliessend schauen wir, ob und wie sich das Wissen zu sexueller Gesundheit und Familienplanung verbessert hat», erklärt Amstutz.