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Im Herbstsemester 2023 starten 215 Bachelor- und 452 Masterstudierende sowie 169 Doktorierende aus dem Ausland ihr Studium an der UZH. Ebenfalls treten 530 Mobilitätsstudierende ihr Austauschprogramm an der UZH an, das ein oder mehrere Semester dauert. Die Zahlen sind provisorisch.*
Mit dem Start an einer fremden Uni stellen sich viele Fragen: Wie studiert man an einer Schweizer Universität? Wo finde ich Freunde? Wie werde ich in der Schweiz heimisch? Eine neue Universität, eine fremde Stadt und eine noch unvertraute Kultur kennenzulernen ist aufregend, aber auch eine Herausforderung – gerade in der ersten Phase. «Für viele fremdsprachige Studierende und Doktorierende aus dem Ausland sind die Deutschkurse am Sprachenzentrum der UZH und der ETH ein geeigneter Ort, um mit dem Gastland in Berührung zu kommen und erste Bekanntschaften zu schliessen», erklärt Ueli Bachmann, Leiter der Fachschaft «Deutsch als Fremdsprache» am Sprachenzentrum der UZH und ETH.
Im Deutschkurs lernen sie nicht nur eine Landessprache sowie die Schweizer Kultur kennen, sondern auch Mitstudierende, die sich in der gleichen Situation befinden. So stellt sich meist schnell ein Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe ein, in der man sich über die Erlebnisse im fremden Land austauscht. Zugleich spielt die Kursleitung selbst eine zentrale Rolle: «Für die Studierenden repräsentiert die Lehrperson das Gastland. Die Beziehung, die die Lernenden im Laufe des Kurses zu ihr aufbauen, erleichtert den Zugang zur Sprache und zur Kultur», erklärt Bachmann. Von einer guten Beziehung zur Lehrperson hänge 50% des Lernerfolgs ab, zitiert er den bekannten Bildungsforscher John Hattie.
Als motivierend und unterstützend beschreibt die Türkin Kübra Stoican die Beziehung zu ihrer Deutschlehrperson Michiko Farrér-Yamanaka. Die Masterstudentin der Technischen Universität München absolviert derzeit ein Austauschsemester an der ETH und besuchte vor Semesterbeginn einen Intensiv-Deutschkurs am Sprachenzentrum. «Dank Michikos Unterrichtsstil hat mir das Sprachenlernen grosse Freude bereitet», erzählt Kübra. «Rund die Hälfte der Teilnehmenden – ich inklusive – haben sich deswegen für den weiterführenden Semesterkurs eingeschrieben.»
Die Studentin der Sportwissenschaften schätzte insbesondere das Wissen um die Schweizer Kultur, das im Kurs vermittelt wurde und ihr half, in die Schweizer Kultur einzutauchen. Dank der Lernumgebung am Sprachenzentrum fühlt sie sich ermutigt, Gespräche mit Einheimischen zu initiieren: «Kommunizieren, auch wenn wir Fehler machen – dieses Mindset des Deutschkurses hat mir das nötige Vertrauen gegeben», sagt Kübra.
Kommunizieren, auch wenn wir Fehler machen – dieses Mindset des Deutschkurses hat mir das nötige Vertrauen gegeben.
Kontakte aufnehmen und Bekanntschaften schliessen zu können, ist ein wichtiger Grund, weshalb internationale Studierenden die deutsche Sprache erwerben möchten. «Mir ist es wichtig, dass ich mich mit den Einheimischen in ihrer Muttersprache unterhalten kann – dann fühle ich mich stärker verankert», sagt der Mikrobiologie und Immunologie-Doktorand Milad Ameri.
Der Iraner wohnt bereits mehrere Jahre in der Schweiz: Er absolvierte seinen Master in Neurowissenschaften an der Universität Genf und arbeitete danach am Medizincampus in Davos. «Die UZH erlebe ich als sehr offen und freundlich gegenüber internationalen Studierenden», erzählt er. Trotzdem sei es schwierig, Schweizer Studierende und Doktorierende kennenzulernen. «Es gibt wenig Anlässe in kleinen Gruppen oder Situationen, in denen man sich näherkommt», sagt Milad. Schweizer Freunde hat er bisher vor allem ausserhalb der Universität gefunden, beispielsweise in seinem Wohnhaus.
Die UZH erlebe ich als sehr offen und freundlich gegenüber internationalen Studierenden.
Von der gleichen Herausforderung spricht auch der Bachelorstudent Yuki Mizukami aus Japan. Im HS22 und FS23 hat er als Austauschstudent Philosophie und Soziologie an der UZH belegt. Im Deutschkurs am Sprachenzentrum hat Yuki schnell Freunde gefunden. «Wir haben uns auch in der Freizeit getroffen, um gemeinsam Deutsch zu sprechen und zu üben», erzählt er. Doch die erste Kontaktaufnahme mit Schweizer Studierenden gestaltete sich schwieriger: Um in den regulären Lehrveranstaltungen neue Bekanntschaften zu schliessen, nutzte er sein Interesse an der Schweizerdeutschen Sprache: «Die Sprache wurde zum verbindenden Element: Meine Schweizer Mitstudierenden freuten sich, dass sie mir etwas beibringen konnten», sagt er. «Sobald man ein, zwei Leute kennt, wird es dann einfacher, weil man deren Freunden vorgestellt wird.»
Die schweizerdeutsche Sprache war neben der Geschichte der Verdingkinder der Hauptgrund für Yukis Austauschstudium in der Schweiz. Bei einem früheren Austausch in Kanada hat er einen Aargauer kennengelernt und sich in die Sprache verliebt. «Ich finde es spannend, dass es im Schweizerdeutschen keine Regeln zur Schreibweise gibt», erzählt er. Schweizerdeutsch lernt er mit Hilfe des Schweizer Fernsehens, Büchern und Konversationen mit seinen Freunden. Die gleichen Ressourcen sind auch für Milad zentral. Insbesondere schätzt er es, wenn er von seinen Schweizer Freunden zu Familienessen oder- festen eingeladen wird, wo er zugleich der Kultur näherkommt. Hochnehmen kann ihn an solchen Anlässen jedoch niemand: «Chuchichäschtli zu sagen, ist für mich kein Problem: Im Persischen haben wir ganz ähnliche Laute», lacht er.
Besonders bei Mitarbeitenden, Doktorierenden und Professor:innen, die bereits Deutsch auf hohem Niveau sprechen, seien die Schweizerdeutsch-Kurse am Sprachenzentrum sehr beliebt, sagt Bachmann. Das Angebot des Sprachenzentrums richtet sich nach den Bedürfnissen der Studierenden und widerspiegelt den Wandel der Zeiten: Vor 29 Jahren, als Bachmann als Deutschlehrer an der UZH und ETH anfing, waren in erster Linie Deutschkurse auf höherem Niveau gefragt. «Ausländische Studierende mussten bereits Deutsch beherrschen, um sich immatrikulieren zu können», erzählt Bachmann. Die Deutschkurse dienten zur Sicherstellung ihrer Studierfähigkeit.
Heute sind Deutschkenntnisse in der Regel keine Voraussetzung mehr für einen Austausch an der UZH oder ETH. Seit der zunehmenden Internationalisierung der UZH und der Einführung des Erasmus-Programms bietet die UZH englische Lehrveranstaltungen für Mobilitätsstudierende an. Die Funktion der Deutschkurse wandelte sich entsprechend in den letzten 25 Jahren, erklärt Bachmann. «Der Erwerb der deutschen Sprache dient heute vor allem dazu, sich im gesellschaftlichen Umfeld der Universität zurechtzufinden.»
Die Tendenz zur Internationalisierung des Universitätsbetriebs bildet sich direkt im Sprachenzentrum ab: Im Unterschied zu früher dominieren heutzutage Deutschkurse auf Anfänger:innen-Niveau. Damit geht ein weiterer Trend einher: «Wir übernehmen zunehmend auch allgemeine einführende Aufgaben, die über die Sprachvermittlung hinausgehen. Beispielsweise helfen wir den ankommenden Studierenden zu verstehen, mit welchen Anforderungen und Erwartungen das Studium an einer europäischen Hochschule verbunden ist», sagt Bachmann.
Der Erwerb der deutschen Sprache dient heute vor allem dazu, sich im gesellschaftlichen Umfeld der Universität zurechtzufinden.
Dass die UZH auf Mobilitätsstudierende immer attraktiver wirkt, belegen die Zahlen: Während im akademischen Jahr 2005/2006 noch 148 Studierende aus dem Ausland einen Mobilitätsaufenthalt an der UZH machten, hat sich die Zahl inzwischen mehr als verfünffacht. Mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020/2021 ist die Anzahl Mobilitätsstudierende aus dem Ausland jedes Jahr gestiegen.
Ununterbrochen gewachsen ist die Zahl der ausländischen Doktorierenden an der UZH: Die UZH verzeichnet eine ständige Zunahme an Doktorierenden aus dem Ausland. Derzeit sind 2372 ausländische Doktorierende an der UZH immatrikuliert, was einer Zunahme von 218 Prozent seit 2005/2006 entspricht.
Ebenfalls angestiegen ist die Anzahl an Bachelor- und Masterstudierenden, die aus dem Ausland stammen und an der UZH ihre Ausbildung absolvieren. Seit der offiziellen Einstellung des Lizenziats im Jahr 2015 hat sich die Zahl an Masterstudierenden aus dem Ausland fast verdoppelt – von 1127 Studierenden 2015 zu 2089 Immatrikulationen aktuell. Derzeit sind zudem 1802 ausländische Bachelorstudierende an der UZH eingeschrieben, 326 mehr als noch 2015.
Ein konstanter Trend lässt sich auch bei der Herkunft der Mobilitäts-, Bachelor- und Masterstudierenden aus dem Ausland erkennen: Der Grossteil stammt aus Europa, gefolgt von Asien. In mehreren Jahren am wenigsten stark vertreten waren Mobilitätsstudierende vom afrikanischen Kontinent sowie Personen von Australien und Ozeanien bei den regulären Studierenden. Auf der Stufe Doktorat zeigt sich ein ähnliches Bild: Die Nachbarländer der Schweiz sowie China gehören zu den am häufigsten vertretenen Herkunftsländern.
Bei dieser diversen Mischung wird klar, warum im universitären Forschungsbetrieb häufig in Englisch kommuniziert wird. Milad bezeichnet Deutsch daher als seine «Freizeitsprache». «Einzig in der Klinik bin ich manchmal froh um meine Deutschkenntnisse», sagt er. Umso wichtiger sind für ihn Beziehungen und Gespräche mit Deutschsprachigen, in denen er seine Sprachkenntnisse festigen kann. Wem es noch an Selbstvertrauen mangelt, sich in der neuen Sprache zu äussern, dem empfiehlt Bachmann den Kurs «Theatrale Improvisation». Dabei spielen die Studierenden Konfliktsituationen nach, in denen sie spontan agierend Position beziehen müssen.
Das Programm am Sprachenzentrum ist vielfältig. Einzig noch mehr ausserschulische Lernaktivitäten direkt in der Stadt und mehr Einblick ins Schweizerdeutsche wünschen sich die beiden internationalen Studierenden. «Schliesslich sind die direkten Interaktionen mit Schweizer:innen die besten Lerngelegenheiten», sagt Milad.
*Hinweis: Die Immatrikulation für das Herbstsemester 2023 ist noch nicht abgeschlossen. Sämtliche Studierendenzahlen entsprechen dem Stand vom 15.09.2023 und können sich weiterhin verändern. Die endgültigen Zahlen stehen erst im November fest.