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Gerontologie

Fit fürs Netz

Der heutige Tag der älteren Menschen soll insbesondere auf die digitale Teilhabe der Generation 60+ aufmerksam machen. Die Altersforschung der UZH beschäftigt sich seit längerem intensiv mit der Frage, wie man einer digitalen Kluft zwischen Jung und Alt entgegenwirken und Gesundheit und Lebensqualität bis ins hohe Alter erhalten kann.
Alice Werner

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Das Interesse älterer Menschen an neuer Technologie ist gross. Häufig mangelt es aber an niederschwelligen Angeboten zum digitalen Kompetenzerwerb.

Der heutige Internationale Tag der älteren Menschen steht unter dem Motto «Digitale Gerechtigkeit für alle Altersgruppen». Ausgerufen von den Vereinten Nationen, setzt der Tag in diesem Jahr den Fokus auf die Altersgruppe der über 60-Jährigen, die weltweit am wenigsten an der digitalen Transformation teilhat – etwa weil es an der passenden Infrastruktur, an leicht zugänglichen Angeboten zum digitalen Kompetenzerwerb oder an niederschwelligen Möglichkeiten zur kritischen Auseinandersetzung mit denkbaren Risiken und Gefahren der digitalen Welt mangelt. Studien belegen zwar, dass die generelle Nutzung moderner Informations- und Kommunikationsmittel bei der älteren Generation ansteigt. Trotzdem fühlen sich viele Ü-65-Jährige für die Nutzung neuer technischer Alltagsgegenstände oder digitaler Dienstleistungen nur ungenügend gerüstet.

Teilhabe am digitalen Wandel

«Es ist wichtig, die digitale Eingliederung älterer Menschen zu gewährleisten und gesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen, da sonst eine digitale Kluft entstehen kann», sagt Mike Martin, Professor für Gerontopsychologie und Gerontologie am Psychologischen Institut der UZH. «Zudem kann das Internet – gerade im Alter – eine bedeutsame Ressource für die subjektive Autonomie darstellen – und damit auch die individuell wahrgenommene Lebenszufriedenheit positiv beeinflussen.»

Aktuelle Studien, an denen das UZH-Zentrum für Gerontologie federführend beteiligt war, zeigen, dass die digitalen Kompetenzen in der Gruppe der älteren Personen vergleichbar heterogen sind wie in der Gruppe jüngerer. Dass es also auch technisch fitte Alte gibt, kommt in der öffentlichen Wahrnehmung häufig zu kurz. Gleichzeitig ist klar, dass in unserer heutigen Gesellschaft digitale Grundkompetenzen als auch die kritische Beurteilung von Fragen der Datensicherheit, Privatsphäre, Blockchain-Technologie oder algorithmisierten Gesundheits-Apps notwendig sind. Deshalb hat die UZH auch ein Studium Digitale für Bachelor-Studierende entwickelt, das seit dem vergangenen Herbstsemester gebucht werden kann. «Idealerweise gibt es bald ein vergleichbares Angebot für ältere Personen», hofft Martin.

Die Seniorenuniversität goes online

Immerhin findet die Seniorenuniversität UZH3, an deren Angeboten rund 2`500 registrierte Personen im Alter 60+ teilnehmen, mittlerweile in hybrider Form statt. «Die Entwicklung von neuen Vernetzungsplattformen, Formaten und Angeboten, die neue digitale Medien nutzen, um eine bessere Kommunikation und lebenslanges Lernen zu fördern, ist uns ein grosses Anliegen», sagt Mike Martin, der die Seniorenuniversität als Präsident führt. So gibt es seit kurzem myUZH3, die digitale Plattform der Seniorenuniversität. Hier finden die Teilnehmenden Lehrangebote, Informationen zur Teilnahme an Forschungsprojekten und bekommen die Möglichkeit, sich mit Dozierenden und anderen UZH3-Teilnehmerinnen und Teilnehmern auszutauschen. Ein Angebot, das rege angenommen wird. Obwohl im laufenden Herbstsemester erstmals wieder Präsenzvorlesungen vor Ort stattfinden können, werden die Vorlesungen auf vielfachen Wunsch auch direkt im Livestream über myUZH3 übertragen und können dort später noch abgerufen werden.

Digital mobil im Alter

Dass sich ältere Menschen durchaus für Technologie interessieren, konnte Mike Martin in einer kürzlich veröffentlichten Studie über das Bildungsbedürfnis von Schweizerinnen und Schweizern im Alter von 60 bis 90 Jahren zeigen. «In unserer Befragung haben wir speziell das Thema Digitalisierung angesprochen», so Martin. Das Ergebnis: Die übergrosse Mehrheit der Altersgruppe steht diesem Wandel sehr konstruktiv und kritisch gegenüber. Die Seniorinnen und Senioren interessierten sich nicht nur für neueste Technologien und wie sie funktionieren, sie suchten auch die kritische Auseinandersetzung damit und wollten zum Beispiel über das Thema Datensicherheit und die gesellschaftlichen Veränderungen, die mit der Digitalisierung zusammenhängen, diskutieren.

Wie man ältere Menschen über die Möglichkeiten der digitalen Welt aufklären und sie motivieren kann, sich diesem neuen Universum zu öffnen, ist eine der zentralen Fragen in der Altersforschung.

UZH weltweit führend auf dem Gebiet der Altersforschung

Auch Mike Martin beschäftigt sich im Rahmen der Seniorenuniversität mit der zunehmenden Digitalisierung der Bildungslandschaft und der Weiterentwicklung der entsprechenden Angebote. Der Gerontologe ist ausserdem noch an vielen anderen Aktivitäten und Forschungsinitiativen der UZH im Bereich der Altersforschung beteiligt. «Die UZH ist in diesem Bereich stark, weil sie sich frühzeitig strategisch ausgerichtet hat», sagt Mike Martin. Bereits 1998 hat die UZH das Zentrum für Gerontologie (ZfG) gegründet, mit dem Zweck, Forschung und Lehre auf allen Gebieten der Alterswissenschaften interdisziplinär zu vernetzen. Aufbauend auf dem Kompetenzzentrum hat die UZH 2013 den Universitären Forschungsschwerpunkt (UFSP) Dynamik gesunden Alters festgelegt, der untersucht, wie Gesundheit und Lebensqualität bis ins hohe Alter stabilisiert werden kann. Zudem ist das Thema explizit Bestandteil von internationalen strategischen Partnerschaften der UZH, etwa mit der Humboldt Universität, der University of Queensland und dem King's College London sowie der WHO.

Um aktuelle und zukünftige gesellschaftliche Herausforderungen zu identifizieren und die internationale Forschungsagenda im Bereich der gesunden Langlebigkeit für die kommenden Jahre mitzugestalten, hat sich die UZH verpflichtet, sich weiterhin als weltweit führend in diesem Bereich zu positionieren und kürzlich das Innovation Cluster «Gesunde Langlebigkeit» lanciert. In diesem internationalen und interdisziplinären Forschungsnetzwerk sollen innovative Ansätze, wie sich die funktionalen Fähigkeiten und die Lebensqualität im Alter erhalten lassen, gefördert und verwirklicht werden. «Da die WHO 2021-2030 zur Dekade des gesunden Alterns erklärt hat, gab es nie einen besseren Zeitpunkt, um Forschung und Innovation im Bereich der Altersforschung zu fördern», sagt Mike Martin.