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Open Access

Informationsoffensive für Open Access

Open Access nimmt Fahrt auf, gemäss der Strategie des Schweizerischen Nationalfonds sollen alle von ihm geförderten Forschungsresultate ab 2020 frei zugänglich sein. Die Universität Zürich verstärkt Beratung und Schulung.
Stefan Stöcklin

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Die fünf Spezialisten zu Open Access an einem Tisch.
Geballtes Fachwissen zu Open Access und Datenmanagement an der UZH, (v.l.): Cathrin Gantner (Data Services und Open Access), Wilfried Lochbühler (Direktor Hauptbibliothek der UZH), André Hoffmann (Publizieren und Open Access), Daniela Jost (Data Services und Open Access) und Andrea Malits (Leitung Data Services und Open Access). (Bild: Frank Brüderli)

 

Über mangelnde Nachfrage kann sich André Hoffmann derzeit nicht beklagen. Das Fachwissen des Open-Access-Experten von «Data Services und Open Access», einer Abteilung der Hauptbibliothek der Universität Zürich (HBZ), ist gefragt wie nie. Ein Grund: Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) verfolgt das Ziel, ab 2020 alle Publikationen der von ihm geförderten Projekte der Öffentlichkeit ohne Bezahlsperren digital zugänglich zu machen. In einem Schreiben Mitte Juni hat Matthias Egger, Präsident des Nationalen Forschungsrats, angekündigt, dass der SNF ab sofort überprüfen werde, ob die Forschenden ihren Verpflichtungen nachkommen.

Verwirrende Vielfalt

Seither häufen sich die Anfragen von Forscherinnen und Forschern der UZH, die vom SNF unterstützt werden. «Welche Open- Access-Zeitschriften können Sie für mein Fachgebiet empfehlen?» oder «Wie kann ich die vom SNF geforderten Embargofristen einhalten?», lauten zum Beispiel oft gestellte Fragen an die Abteilung.

Hoffmann konstatiert bei den Forschenden eine «gewisse Verunsicherung». Denn die Vorgaben des SNF bedeuten, dass die Forschenden ab 2020 ihre publizierten Arbeiten spätestens nach sechs Monaten der Öffentlichkeit zugänglich machen sollten, sei es direkt auf der Website der Fachzeitschrift, sei es in einem Repositorium wie dem universitätseigenen System ZORA (Zurich Open Repository and Archive). Die Vorgaben hätten auch zur Folge, dass die Forschenden sich vermehrt mit Autorenrechten und Embargofristen auseinandersetzen müssten, sagt Hoffmanns Kollegin Hanna Bös von der Abteilung E-Media. Der Klärungsbedarf sei enorm, stellen Bös und Hoffmann unisono fest, denn je nach Fachzeitschrift und Format gelten unterschiedliche Bedingungen.

Mit seiner Vorwärtsstrategie zu Open Access liegt der Schweizerische Nationalfonds indes ganz auf der Linie der Universität Zürich. Die UZH «ermuntert» ihre Angehörigen bereits seit über zehn Jahren, wissenschaftliche Arbeiten in Open-Access- Zeitschriften zu publizieren. Gemäss dieser Policy sind die Forscherinnen und Forscher zudem verpflichtet, eine vollständige Fassung ihrer Publikationen im hauseigenen Repositorium ZORA zu hinterlegen. Dies ganz unabhängig von den Geldgebern der Studien und Forschungsarbeiten.

Wilfried Lochbühler, Direktor der Hauptbibliothek, betont den Konsens mit dem SNF: «Wir unterstützen zusammen mit dem Schweizerischen Nationalfonds und Swissuniversities die Idee von Open Access voll und ganz.» Die Publikationslandschaft wird gegenwärtig gleich von mehreren Akteuren in diese Richtung getrieben. Auf Schweizer Ebene macht Swissuniversities mit der nationalen Open-Access-Strategie Vorgaben für alle Hochschulen und Universitäten. International erzeugt der «Plan S» massiv Druck; in dieser Koalition verschiedener europäischer Forschungsförderungsinstitutionen wird die Publikation in Open-Access- Journalen ab 2021 verlangt.

Im Unterschied zu den Vorgaben des Schweizerischen Nationalfonds sind beim «Plan S» keine Embargofristen vorgesehen, das heisst, die Publikationen müssen unmittelbar öffentlich verfügbar sein. Ob diese Forderungen durchsetzbar sind, wird sich weisen. Seitens der wissenschaftlichen Community regt sich aufgrund der engen Terminvorgaben teilweise Widerstand, auch wenn die Mehrheit mit der Stossrichtung einverstanden ist. Die Wissenschaftsverlage hingegen wehren sich, denn «Plan S» greift direkt ihr Geschäftsmodell an.

Open-Science-Botschafter

Wie mögliche Kompromisslösungen am Ende aussehen werden, wird man sehen. «Sicher ist: Wir befinden uns in einer der grössten Transformationsphasen des wissenschaftlichen Publikationssystems», sagt Wilfried Lochbühler. Das generiert Unsicherheiten und verlangt von den Akteuren Flexibilität und den Willen zu praktikablen Lösungen. Dazu gehören auch die Verhandlungen von Swissuniversities mit drei Grossverlagen über eine Pauschallösung (siehe Box).

Was die Universität Zürich betrifft, so verstärkt die Hauptbibliothek ihre Dienstleistungen und das Informationsangebot in Sachen Open Access kontinuierlich. Dazu zählen Coffee-Lectures, Einführungskurse oder ein Blog zu aktuellen Entwicklungen. Zudem sind an der UZH «Open-Access- Botschafter» ernannt worden: Melanie Röthlisberger, Torsten Hothorn und Gilles Kratzer setzen sich für das Thema ein und stehen den Kolleginnen und Kollegen bei Fragen zur Verfügung. Und demnächst wird ein Open-Science-Delegierter oder eine Delegierte der Universitätsleitung das Amt antreten und auf oberster Ebene Unterstüzung bieten. «Das Thema Open Access nimmt Fahrt auf», sagt HBZ-Direktor Wilfried Lochbühler erfreut, «wir möchten alle Forschenden der Universität dafür sensibilisieren und unterstützen.» Ruhig wird es bei André Hoffmann und dem Team vorderhand nicht bleiben.

Dieser Artikel stammt aus dem UZH Journal Nr. 3, 2019