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Vernehmlassung zur Bibliothek der Zukunft

«Ich habe mich über die grosse Resonanz gefreut»

Die Vernehmlassungsbeiträge über die zukünftige Ausrichtung des Bibliothekswesens an der UZH sind nun online einsehbar. Prorektor Christian Schwarzenegger und der neue Leiter des Projekts «Bibliothek der Zukunft», Adrian Scheidegger, äussern sich im Interview mit UZH News zu den Ergebnissen und sie erklären, wie es weitergeht.
Marita Fuchs

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Prorektor Christian Schwarzenegger und Projektleiter Adrian Scheidegger.

 

Zur Vorgeschichte: Die Universitätsleitung verfolgt bereits seit 2017 die Idee, alle UZH-Bibliotheken künftig zu einer Universitätsbibliothek (UBZH) zusammenzuführen. Ein Projektteam erarbeitete unter dem Namen «UZH Bibliothek der Zukunft» basierend auf strategischen Leitlinien eine Vernehmlassungsvorlage, die festlegt, welche Leistungen eine neue Universitätsbibliothek erbringen, wie die Organisation aussehen, und wie sich die bibliothekarischen Standorte entwickeln müssten.

Zu dieser Vorlage konnten das Hochschulamt des Kantons Zürich, die Dekaninnen und Dekane der UZH, die Ständevertretungen, die Hauptbibliothek und die Zentralbibliothek und weitere interessierte Personen vom 30. Juli bis 26. November 2018 Stellung nehmen.

Insgesamt wurden 45 schriftliche Stellungnahmen eingereicht. Mit Ausnahme des Hochschulamts, das auf einen Bericht verzichtete, haben alle Eingeladenen Stellung bezogen, zusätzlich trafen 32 Rückmeldungen von Instituten, Fachgruppen und Einzelpersonen ein. Diese Stellungnahmen sind nun online einsehbar. Aufgeschaltet wurde zudem ein vom Projektteam verfasster Ergebnisbericht, der die Resultate zusammenfasst und ein weiteres Gutachten, das parallel zur Vernehmlassung von zwei externen Experten erstellt wurde. Sie beurteilen die Vernehmlassungsvorlage.

Herr Schwarzenegger, unter Ihrer Ägide wurde das Vorprojekt «Bibliothek der Zukunft» lanciert. Wie beurteilen Sie das Ergebnis der Vernehmlassung?

Christian Schwarzenegger: Zunächst einmal habe ich mich über die grosse Resonanz gefreut. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Konsens besteht über den Bedarf nach einer Zentralisierung der digitalen Angebote. Das betrifft die Bereiche Open Access, E-Media-Beschaffung, Forschungsdatenmanagement, Infrastrukturleistungen, Digitalisierung und Big Data, Publikationsmanagement oder Strategien und Prozesse der Archivierung. Auch die enge Kooperation von UBZH und Zentralbibliothek Zürich ist vielen wichtig.

Und welche Kritik wurde geäussert?

Schwarzenegger: Die Bedenken, die sich aus der Vernehmlassung herauslesen lassen, spiegeln die unterschiedlichen Kulturen an der UZH. Es gibt ein Misstrauen, dass zentrale Einrichtungen keinen guten Service leisten können, man will selber die Kontrolle über die eigene Seminar- oder Institutsbibliothek behalten. Strittig sind auch die Ansichten darüber, wer das Budget verwaltet, die Mitsprache der Fakultäten und Institute in einer eingliedrigen UBZH sowie ganz grundsätzlich, ob das Bibliothekssystem auch im Print-Bereich zentralisiert werden soll. In den Rückmeldungen aus den Geisteswissenschaften sowie den Rechtswissenschaften und der Theologie wurde betont, dass gedruckte Bestände nur sehr massvoll ausgelagert und nach Möglichkeit nicht dedoubliert werden sollen.

Waren einige Ergebnisse für Sie überraschend?

Schwarzenegger: Überrascht hat mich, dass die Meinung der Studierenden stark variieren. Für mich ein Beleg dafür, dass viele Studierende dem Projekt aufgeschlossen gegenüberstehen, und sie es nicht grundsätzlich ablehnen. Die Studierenden wollen mehr Mitsprache, weil sie die Hauptnutzenden sind. Und sie fordern mehr Lernplätze. Das ist verständlich und dem sollte Rechnung getragen werden. Auch die Mitarbeitenden zeigen mehr Vertrauen in das Projekt, wie Sie zum Beispiel dem Beitrag des «vip» entnehmen können. Ich glaube, es ist klar geworden, dass wir mit den Mitarbeitenden ein Zukunftsprojekt in Angriff nehmen und nicht Stellen abbauen. Wir bieten den Mitarbeitenden neue Chancen, etwa in der Weiterbildung.

Herr Scheidegger, Sie sind seit etwa einem Monat an der UZH und leiten das Projekt Bibliothek der Zukunft. Sie haben quasi noch eine Aussensicht. Welches Bild haben Sie gewonnen?

Adrian Scheidegger: Aus der Vernehmlassung geht hervor, dass es sich bei der Neuausrichtung der Bibliothekslandschaft an der UZH um ein anspruchsvolles und kontroverses Projekt mit unterschiedlichen Interessenslagen und Kulturen handelt. Mir ist aufgefallen, dass angesichts der Grösse und Vielfalt der UZH die kritischen Stimmen gegen das Projekt lauter sind, als diejenigen, die eine Veränderung wollen oder zufrieden sind. Das ergibt ein verzerrtes Bild. Niemand will ja – wie sich aus einigen Kommentaren der Vernehmlassung herauslesen lässt – die Bücher abschaffen. Die Bedeutung des Buches wird nicht in Abrede gestellt. Es geht vielmehr darum, alle Wissenschaftsdisziplinen ihren Bedürfnissen gemäss mit möglichst guten Dienstleistungen zu versorgen. Das Buch ist und bleibt wichtig.

Schwarzenegger: Gleichzeitig muss ich betonen, dass das mehrgliedrige Bibliothekssystem eine einheitliche strategische Ausrichtung des Bibliothekssystems verunmöglichen. Die UZH muss sich im Bibliothekswesen weiterentwickeln. Alle Studierenden müssen mit den neuen Recherchemethoden und digitalen Analysetools vertraut gemacht werden. Dies benötigen sie später auch im beruflichen Umfeld.

Zusätzlich zu den Vernehmlassungsunterlagen haben Sie ein Gutachten erstellen lassen, in dem zwei wissenschaftliche Experten das Vorprojekt beurteilen. Wie kam es dazu?

Schwarzenegger: Einige Stimmen im Steuerungsausschuss haben die Erstellung eines neuen Gutachtens verlangt. Der Steuerungsausschuss ist ein Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern der Fakultäten, Stände, Zentralbibliothek, Hauptbibliothek und der Studierenden. Der Wunsch war, das Vorgehen des Vorprojektes noch einmal von wissenschaftlicher Seite und von ausgewiesenen Experten des Bibliothekswesens beurteilen zu lassen. So haben wir Professorin Cornelia Vonhof von der Hochschule für Medien in Stuttgart und Professor Konrad Umlauf von der Humboldt-Universität Berlin um eine Beurteilung gebeten.

Zu welchem Ergebnis kommen die Experten?

Schwarzenegger: Das Gutachten enthält eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Materie. Grob gesagt bestätigen die beiden Wissenschaftler die Annahme des Vorprojektes, dass in einer modernen Universitätslandschaft eine eingliedrige Bibliotheksstruktur effizienter ist und dass ein mehrgliedriges System den aktuellen und künftigen Anforderungen an eine wissenschaftliche Informationserschliessung nicht mehr gerecht werden kann. Der Tenor ist aber auch, dass man auf die Bedürfnisse der einzelnen Disziplinen verstärkter eingehen müsse, und dass die Einbindung der Studierenden sehr wichtig ist. Das Gutachten gibt uns wertvolle Hinweise.

Wie geht es denn jetzt weiter?

Scheidegger: Das Vorprojekt ist mit dem Vernehmlassungsbericht abgeschlossen. Die Universitätsleitung und der Universitätsrat erhalten von uns die Resultate und sie entscheiden im Mai/Juni 2019, ob das Projekt weitergeführt wird oder nicht. Falls es zur Weiterführung kommt, werden wir einen Projektauftrag formulieren, der dann wiederrum von der Universitätsleitung und vom Universitätsrat genehmigt werden muss. Zeitlich wäre das etwa im Oktober oder November 2019. Falls es weitergeht, können wir Anfang 2020 mit dem Hauptprojekt beginnen.