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Im Rampenlicht

Dank Fröschen zum Traumberuf

Die wissenschaftliche Illustratorin Jeanne Peter arbeitet seit 31 Jahren am Tierspital Zürich. Langweilig war ihr noch nie.
Maja Schaffner

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Porträtaufnahme von Jeanne Peter bei der Arbeit vor einem Computerbildschirm.
Der passionierten Illustratorin Jeanne Peter gehen die Ideen nicht aus. (Bild: Frank Brüderli)

 

Das Büro ist gut gefüllt mit Ordnern, Büchern, CD-Roms und Ringheften. Auch diverse Knochen, Tierschädel und ein Pferdeskelett- Baukasten stehen in den Regalen. An den Wänden hängen anatomische Zeichnungen. Auf dem Boden dösen zwei Hunde. Hier, in einem Nebengebäude des Tierspitals, arbeitet Jeanne Peter. Die wissenschaftliche Illustratorin trägt mit ihrer Arbeit dazu bei, dass Sachverhalte aus Wissenschaft und Forschung anschaulich und verständlich dargestellt werden. Und das nun schon seit 31 Jahren.

Geruchstest bestanden

Das Stellenangebot vom Tierspital, Abteilung Anatomie, kam kurz nachdem die wissenschaftliche Illustratorin ihre Ausbildung an der Zürcher Kunstgewerbeschule abgeschlossen hatte. «Beim Bewerbungsgespräch in der Anatomie nahm mich mein zukünftiger Chef gleich mit in den Keller», erzählt sie: «Dorthin, wo die in Formalin eingelegten anatomischen Präparate lagerten. » Der Professor breitete einige Objekte vor der jungen Illustratorin aus und überprüfte so ihre Geruchstoleranz. Im Gegensatz zu ihren Mitbewerbern bestand sie den Test – und bekam die Stelle.

Peter blieb der Anatomie 22 Jahre lang treu. Sie zeichnete für Unterricht, Publikationen und Fachbücher. Dann wechselte sie in die Abteilung Wissenschaftliche Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Unterdessen leitet sie das Team, dem Fotografinnen, Grafiker und Filmemacherinnen angehören. Doch auch heute noch widmet sich Peter hauptsächlich dem Illustrieren: Sie zeichnet alles, von anatomischen Details über frischentwickelte Apparaturen bis hin zu Arbeitsschritten neuer Operationsmethoden.

Arbeit hat sie immer mehr als genug. Trotzdem lehnt sie keine Aufträge ab. «Manchmal müssen die Leute sich etwas gedulden», sagt sie schmunzelnd. Illustrationen seien auch heute noch sehr gefragt und würden in Texten, im Unterricht und auch im E-Learning Bereich gebraucht. Der Vorteil von Illustrationen gegenüber Fotos: «Beim Zeichnen lässt sich Wichtiges hervorheben und Unwichtiges weglassen.» So kann eine Zeichnung teilweise mehrere Seiten erklärenden Text ersetzen.

 

3D-Abbildung eines Pferdebeines. (Illustration: Jeanne Peter)

Animiertes Pferdebein

Neben Zeichnungen – die die Illustratorin schon seit mehr als einem Jahrzehnt direkt auf ihrem Zeichentablet anfertigt – fertigt Peter heute zusätzlich auch Visualisierungen: Sie gestaltet beispielsweise dreidimensionale Objekte, die man anfassen und von allen Seiten betrachten kann, und druckt diese mit dem 3-D-Drucker aus. Ausserdem hat sie sich vor rund zehn Jahren in 3-DAnimation weitergebildet. Seither erstellt sie, wo sinnvoll und zeitlich machbar, auch dreidimensionale virtuelle Objekte. Auf diese Weise machte sie beispielsweise sichtbar, wie sich bei Hunden künstlich kurz gezüchtete Schnauzen auf die Atmung auswirken. Oder sie hat ein Pferdebein animiert, das sich auf dem Bildschirm in alle Richtungen drehen lässt. Der Clou: Nutzende können Strukturen wie Haut, Blutgefässe oder Muskeln virtuell entfernen und wieder hinzufügen.

An ihrer Arbeit liebt Peter, dass ihre Illustrationen und Visualisierungen nie für sich allein, sondern immer im Kontext mit einer wissenschaftlichen Arbeit oder einem Text stehen. So erhält sie stets neue Einblicke in wechselnde Fachgebiete und Forschungsarbeiten. «Bekomme ich einen neuen Auftrag, stelle ich zunächst ganz viele Fragen», sagt die Illustratorin. Neben dem Inhalt sind für sie vor allem Ziel, Aussage und Zielgruppe wichtig. Die didaktische und visuelle Umsetzung erarbeitet sie dann gemeinsam mit ihren Auftraggeberinnen und Auftraggebern. Ihre Augen leuchten, wenn sie von der Zusammenarbeit mit den Forschenden erzählt. Die passionierte Illustratorin hat schon früh viel gezeichnet. Der Grund: «Dabei kann man sich nicht verletzen. » Das war wichtig, denn Jeanne Peter hat eine Blutgerinnungsstörung.

Von Köhlern und Zinnfiguren

Zum Glück hatte sie immer viel Spass an der kreativen Tätigkeit. Und offensichtlich auch Talent. Jedenfalls schaffte sie die Aufnahmeprüfung in den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule auf Anhieb. Auf die Fachrichtung wissenschaftliche Illustratorin brachte sie ein Aquarell mit zwei springenden Fröschen. Deren Schöpfer hatte die Tiere als Auftragsarbeit für die Werbeagentur von Peters Eltern gezeichnet. Durch ihn erfuhr Peter von der Fachklasse wissenschaftliche Illustration. Auch in der Freizeit lässt sich Peter von ihrer Neugier und Begeisterung fürs Visuelle leiten. Zurzeit porträtiert sie die letzten Köhler vom Romoos – Bauern, die heute noch diesem alten Handwerk nachgehen. «Ich wollte schon als Kind Porträts malen. Jetzt tue ich es endlich.»

Auch ein weiteres Projekt hat mit Visualisierung zu tun: Peter leitet das Zinnfigurenmuseum in Grünigen. Das habe sich so ergeben, weil sie gleich nebenan wohnt. Zwar findet Peter die Figuren und deren militärischen Kontext «etwas schräg». Trotzdem kann sie ihnen ganz viel abgewinnen. Besonders fasziniert ist sie vom Bezug zur Geschichte, der sich in vielerlei Hinsicht herstellen lasse und den sie im Rahmen von Führungen auch gerne vermittelt. «Ich mag es, wenn ich immer weiter dazulernen kann!», sagt sie und strahlt dabei.

Dieser Artikel ist im UZH Journal 3/19 erschienen.

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