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Konferenz Finexus

«Statt über Preise über Werte sprechen»

Was muss getan werden, damit die Finanzwelt nachhaltiger wirtschaftet? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Tagung, die letzte Woche an der UZH stattfand. Auch Nobelpreisträger Joseph. E. Stiglitz war zu Gast.
Fabio Schönholzer
Nobelpreisträger Professor Joseph. E. Stiglitz an der FINEXUS-Konferenz.
Nobelpreisträger Professor Joseph. E. Stiglitz an der FINEXUS-Konferenz.

Das Finanzystem nimmt stetig an Komplexität zu und wird so immer undurchsichtiger. Wer kontrolliert es? Wie kann das Netzwerk aus Unternehmen, Geld und Sozialgesellschaft nachhaltiger gestaltet werden? Diesen und weitere Fragen widmeten sich die Teilnehmenden der ersten Konferenz des «FINEXUS Center for Financial Networks and Sustainability». Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, politische Entscheidungsträger und die interessierte Öffentlichkeit waren an die UZH geladen, um sich an dieser Debatte zu beteiligen. Dort wurde unter anderem gefordert, dass auch die Universitäten Verantwortung übernehmen.

Ein Finanzkasino

An einer Podiumsdiskussion wurde am Donnerstag der Frage nachgegangen, welche Rolle die Zivilgesellschaft im Hinblick auf das Finanzwesen und auf dessen Nachhaltigkeit spielt. Wirtschaftsprofessor Marc Chesney vom Institut für Banking und Finance der UZH betonte, dass sich das Finanzwesen immer weiter von der gesellschaftsnahen Wirtschaft entferne: «Heute ist die gesamte Summe der ausstehenden Derivate knapp zehn mal so hoch wie das globale Bruttoinlandprodukt», sagte Chesney. Es bestehe ein Finanzkasino, das bewusst systemische Risiken in Kauf nehme. Um gegen diese Risiken vorzugehen, ist für Chesney klar: «Statt über Preise sollten wir in der Wirtschaft über Werte sprechen.»

Professor Stefan Battiston, vom Institut für Banking und Finance der UZH, unterstützte diese Aussage. Für ihn steht fest: «Nicht Finanztechnologien wie beispielsweise sogenannte ‚Kreditausfall-Swaps’ (CDS) sind das Problem, sondern die Mentalität, mit der diese eingesetzt werden.» Ein weiteres bedeutendes Problem verortete Battiston in der generellen Komplexität des Finanzwesens und der dadurch entstehenden Risiken für Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer mit geringerem Wissensstand.

Teilnehmende der Podiumsdiskussion (v.l.n.r) vom Donnerstag: Prof. Dr. Marc Chesney (UZH), Katharina Serafimova (WWF), Jared Bibler (Katla AG), Thierry Philipponnat (Institut Friedland), Prof. Dr. Stefano Battiston (UZH).
Teilnehmende der Podiumsdiskussion (v.l.n.r) vom Donnerstag: Prof. Dr. Marc Chesney (UZH), Katharina Serafimova (WWF), Jared Bibler (Katla AG), Thierry Philipponnat (Institut Friedland), Prof. Dr. Stefano Battiston (UZH).

«Das Finanzwesen dient dem Finanzwesen», brachte es Thierry Philipponnat vom Institut Friedland auf den Punkt. Und Jared Bibler, einer der führenden Ermittler der isländischen Bankenkrise, forderte mehr Regulierung im Finanzwesen, stellte aber gleichzeitig das Interesse aller beteiligten Akteure in Frage: «Natürlich sind nicht alle Wirtschaftsakteure an zusätzlichen Auflagen interessiert», sagte Bibler.

Auch für die Forschung und die wissenschaftliche Analyse sei dies eine Herausforderung, denn bestehende Wirtschaftsmodelle könnten die Wertvorstellungen respektive die Gesinnung der Akteure nicht in ihrer ganzen Komplexität darstellen, da sie sich nicht mit mathematischen Variablen festhalten liessen.

Den Menschen ins Zentrum stellen

Alle Diskussionsteilnehmer waren sich am Ende einig, dass auch die Lehre und die Forschung Verantwortung übernehmen müssten, um den Studierenden und der Öffentlichkeit ein nachhaltiges Denken – nicht nur in ökonomischer Hinsicht, sondern auch in ökologischer – zu vermitteln. Chesney bilanzierte: «Die Menschen müssen ins Zentrum der Wirtschaft gestellt werden.»

Zum Abschluss fand am Donnerstag eine öffentliche Podiumsdiskussion statt, an der auch der renommierte Wirtschaftsexperte und Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz teilnahm. Diskutiert wurde die Frage nach dem Zusammenhang von Finanzsystemen, Ökologie, Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Ungleichheit.

Am Freitag folgten wissenschaftliche Präsentationen aus dem Feld der Finanznetzwerke und der Anwendung von Richtlinien zur Erreichung von finanzieller Stabilität und Nachhaltigkeit.