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UZH News

Klinischer Forschungsschwerpunkt

Im Tandem zum Ziel

Das «Molecular Imaging Network Zurich», kurz MINZ, verfolgt das Ziel, bildgebende Verfahren für Diagnose und Therapie zu verbessern. MINZ ist einer der elf Klinischen Forschungsschwerpunkte der Universität Zürich. UZH News stellt sie in loser Folge vor. 
Marita Fuchs
Spannen zusammen: Radiologe Andreas Boss (links) und Daniel Eberli, Stammzellenforscher und Urologe. (Bild: Adrian Ritter)

Die Medizinerinnen und Mediziner an der Klinik für Urologie am Universitätsspital Zürich behandeln tagtäglich Patienten, die unter Inkontinenz leiden. In der Schweiz sind das etwa 20 Prozent der Frauen ab 50 Jahren, jedoch auch viele Männer. In Zahlen: 300'000 bis 400’000 Schweizer und Schweizerinnen haben eine «schwache Blase» und können den Urin nicht immer  zurückhalten. Die Zahl ist ungenau, die Dunkelziffer vermutlich um einiges höher.

Frauen sind wesentlich häufiger von Inkontinenz betroffen als Männer, denn Frauen haben ein breiteres Becken und vergleichsweise schwächere Beckenbodenmuskeln, welche zusätzlich durch Geburten belastet werden. Bei Männern entsteht eine Belastungsinkontinenz vor allem durch Verletzungen oder chirurgische Eingriffe im Beckenraum – wie Operationen der Prostata.

«Die Blasenschwäche hat oft ihre Ursache in schwachem Muskelgewebe. Der Schliessmuskel ist beim Husten oder bei körperlicher Arbeit überfordert und ein tropfenweiser Urinverlust entsteht », sagt Daniel Eberli. Gemeinsam mit Andreas Boss, beide Privatdozenten an der UZH, leitet er eine der Forschungsgruppen, die unter dem Klinischen Forschungsschwerpunkt «Molecular Imaging Network Zurich», kurz MINZ, beheimatet sind. «Könnte man dieses Muskelgewebe verstärken oder gar ersetzen, wäre auch das Problem des unkontrollierten Harnabgangs gelöst.»

Boss ist Radiologe und Experte für bildgebende Verfahren. Die beiden Forscher arbeiten zusammen mit Fachärztinnen und -ärzten der Klinik für Urologie und des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an einer Therapie, welche Menschen mit Inkontinenz auf Dauer helfen könnte.

Aus Stammzellen wird Muskelgewebe

Das neue Muskelgewebe für den Beckenboden entwickelt Eberli aus Stammzellen – sie sollen den betroffenen Muskel im Beckenboden verstärken und Inkontinenz verhindern. Stammzellen können sich im Prinzip in jede Art von Zellen ausdifferenzieren. Einer der Gründe, warum dieser geniale Trick noch nicht im klinischen Alltag Anwendung findet, liegt in der Schwierigkeit, das neue Gewebe gezielt am richtigen Ort im Körper zu platzieren und sicherzustellen, dass sich tatsächlich Muskel- und nicht etwa Fett- oder anderes Gewebe aus den Stammzellen bildet.

Das Forschungsteam hat mit Mäusen eine Methode entwickelt, mit der sie aus Mäuse-Stammzellen Mäuse-Muskelzellen züchten und diese dann wieder in die Tiere implantieren. Die Forschenden hatten Erfolg. Für die Wissenschaftler ist es jedoch schwierig, genau festzustellen, ob sich das neue Muskelgewebe am richtigen Ort im Beckenboden verankert und ob es sich korrekt in das bestehende Muskelgewebe eingefügt hat.

«Hier kommen die bildgebenden Verfahren ins Spiel», sagt Andreas Boss. Er arbeitet mit der Magnetresonanztomografie und versucht, anhand der Bilder des Tomographen das neue Muskelgewebe zu identifizieren. «Es erfordert viel Erfahrung, die Bildparameter richtig zu interpretieren», sagt Andreas Boss. Schwierig sei es auch, prozesshafte Vorgänge – das wachsende Gewebe – bildlich festzuhalten.

Tandem zwischen Klinik und Labor

Noch ist es Zukunftsmusik: Doch sind die Grundlagenforscher um Daniel Eberli und Andreas Boss erfolgreich, fliesst ihr Wissen zurück in die klinische Therapie. Dort könnte aus den Stammzellen der Patientinnen und Patienten Muskelgewebe gezüchtet werden, das dann – in das kranke Beckenmuskelgewebe gespritzt – für neue Muskeln sorgen könnte. Damit wäre auch die Ursache der Inkontinenz beseitigt.

Die Idee, ein Tandem aus jeweils einem Kliniker und einem Grundlagenforscher zu bilden, zeichnet den Klinischen Forschungsschwerpunkt «Molecular Imaging Network Zurich» (MINZ) aus. Elf solcher Tandems sorgen dafür, dass die klinischen Erfahrungen des einen ins Labor des anderen einfliessen und umgekehrt. Seit drei Jahren – seit Bestehen von MINZ – wird diese Idee erfolgreich umgesetzt.

Will junge Forschende für die Radiologie begeistern: Jürg Hodler, ärztlicher Direktor der Radiologie und Ko-Direktor des MINZ. (Bild: z.V.g.)

Vom klinischen Alltag befreit

MINZ bringt verschiedene Institute, die sich mit Bildgebung befassen und die Grundlagenforschung betreiben, mit Praktikern aus den Kliniken zusammen. Die Institute arbeiten zwar an unterschiedlichen Projekten, doch die Probleme seien zuweilen verwandt, sagt Jürg Hodler, ärztlicher Direktor der Radiologie und gemeinsam mit Markus Rudin (ETHZ) Ko-Direktor des MINZ. Ihm ist es besonders wichtig, dass sich die einzelnen Forschungsgruppen regelmässig treffen, sich austauschen und junge Forschende einbinden.

Hodler ist überzeugt davon, dass MINZ die Radiologie für junge Forschende attraktiv macht und sie für das Fach begeistert. Dazu werden die Nachwuchsforschenden auch gezielt gefördert. Fachärzte zum Beispiel werden für ein Jahr vom klinischen Alltag freigestellt, damit sie sich ganz der wissenschaftlichen Arbeit im Labor widmen können. Auch das Akquirieren von Drittmitteln sei einfacher, wenn man als Grossinstitution auftrete, meint Hodler. Doch das Wichtigste an MINZ sei der intensive Kontakt zwischen Forschung und Klinik: Nur so könnten Patientinnen und Patienten von neuen Erkenntnissen profitieren.