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Botanisches Museum

Pflanzen ins Licht gerückt

Vor 120 Jahren wurde das Botanische Museum der UZH gegründet. Die Archäobotanikerin Christiane Jacquat setzt sich für die Restaurierung der wertvollen Sammlung ein. So hat sie kürzlich eine Serie handkolorierter Dias mit seltenen Pflanzenaufnahmen entdeckt und digitalisieren lassen.
Heidi Hess
Detailliert und präzis: Das über hundert Jahre alte Glasdia zeigt Blüte und Frucht einer Brombeere. (Bild: zVg.)

Brombeere, Pilz und Erbse präsentieren sich, als wären sie in diesen Tagen in einem Fotostudio aufgenommen worden. Man könnte die Pflanzen, was Auflösung, Licht oder Anordnung betrifft, heute kaum professioneller ablichten. Die über 3000 zum Teil handkolorierten Glasdias aber sind über 100 Jahre alt. Entstanden sind sie als Anschauungsmaterial für Lehre und Forschung bei der Firma «Wachenfeld und Schwarzschild» in Kassel zwischen 1890 und 1910 – zu einer Zeit, als die Fotografie noch manch technischen Entwicklungsschritt vor sich hatte, als die Farbfotografie noch nicht existierte und der Weg zur digitalen Fotografie noch weit war.

Wohl auch deshalb gerät UZH-Archäobotanikerin Christiane Jacquat ins Schwärmen, wenn sie die  – inzwischen vom Fotografen Ruedi Habegger digitalisierten – Abbildungen betrachtet. «Die Pflanzen sind nicht nur photographisch, sondern auch aus anatomischer und aus phytosoziologischer Sicht perfekt dargestellt.»

Wissenschaftliches Bewusstsein

Pilze etwa wurden in ihrer natürlichen Umgebung fotografiert. Zu sehen sind neben ausgewachsenen auch ganz junge oder liegende Pilze, um deren Lamellenstruktur besser sichtbar zu machen. Auf einer Studioaufnahme sieht man neben einer Erbse in Blüte die Erbse im Fruchtstand: «Das sind sehr detaillierte und präzise Arrangements, die auf ein hohes wissenschaftliches Bewusstsein ihrer Macher schliessen lassen.»

Wunderschön von Hand koloriert: Glasdia einer Erbse mit Blüte und Schote. (Bild: zVg.)

Die ausserordentliche Qualität der Dias bestätigt auch Fotograf Habegger: «Die Dias wurden nicht nur von absoluten Profis gemacht, sie wurden auch für die damalige Zeit mit besten Geräten aufgenommen.» Ersichtlich ist dies beispielsweise an der Bildauflösung und an der Schärfe, die es erlaubt, die rund neun Quadratzentimeter grossen Glasdias auf Plakatformat zu vergrössern. Habegger verweist aber auch auf die vielen farbigen Dias dieser Sammlung. Mit feinsten Pinseln, sagt er, würden Farbnuancen, Schattierungen und Lichteinfall minutiös wiedergegeben.

«Zur geschätzten Vervollständigung...»

Archäobotanikerin Christiane Jacquat hat die Dias im Dezember 2014 im Keller des Instituts für Pflanzenbiologie der UZH wiederentdeckt. Diesem Institut war die Sammlung des Botanischen Museums unlängst anvertraut worden.

Der Zeitpunkt des Fundes von Jacquat war goldrichtig, zumal das Botanische Museum in diesem Jahr sein 120-jähriges Gründungsdatum feiert. Hans Schinz, Zürcher Botaniker und damaliger Direktor des Botanischen Gartens, hatte das Museum 1895 gegründet. In einem Jahresbericht bat er: «Mögen unsere Landsleute im In- und Auslande sich dieser Institute ab und zu erinnern und nicht vergessen, dass jede Zuwendung, mag eine solche aus lebenden oder getrockneten Pflanzen, aus Früchten oder Samen (...) bestehen, zur geschätzten Vervollständigung der Sammlungen (...) beiträgt.»

Seine Bitte wurde erhört. Namhafte Forschende weltweit bedachten das Museum in der Folge mit Pflanzen und speziellen Objekten. Heute umfasst die Sammlung zwischen 20'000 und 25'000 Objekte aus allen Kontinenten und insgesamt 88 Ländern. Die Sammelstücke wurden von Expeditionen mitgebracht, angekauft oder stammen aus Schenkungen.

Virtuelles Museum geplant

Im Jahr 2011 stiess Christiane Jacquat in der Sammlung auf Blumengirlanden aus den Pharaonengräbern unter anderem von Ramses II. Die Girlanden wurden in zwei viel beachteten Ausstellungen in Neuenburg und Basel gezeigt und werden im kommenden Jahr im Botanischen Museum Lausanne zu sehen sein (20.5. bis 30.10.2015).

Jetzt warten in der Sammlung weitere Kostbarkeiten auf Beachtung – etwa Pflanzenreste aus den ersten Pfahlbausiedlungen am Zürichsee, Pflanzenmodelle aus verschiedenen Materialien und Dias von Expeditionen nach Indonesien. Zahlreiche Objekte bedürfen allerdings konservatorischer Massnahmen.

«Entsprechende Spenden sind sehr willkommen», sagt Christiane Jacquat. Sie plant, die restaurierten Objekte in einem virtuellen Botanischen Museum im Internet und längerfristig auch wieder in einem realen Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.