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Gleich beim Eingang der Sonderausstellung über Krokodile steht ein stilisierter Baum. Er verweist auf die Biodiversität der Erde und ist zugleich ein Sinnbild der Evolution, die nicht geradlinig und zielstrebig auf ein Ziel hin fixiert ist, sondern laufend neue Arten hervorbringt, die im Laufe der Geschichte entstanden und zum Teil auch wieder verschwunden sind. Gleich neben diesem Baum zeigt ein reich verzweigter Stammbaum die Verwandtschaften von fast 200 Tier- und Pflanzengruppen. «Wir möchten Grundkenntnisse zur Evolution vermitteln», sagt Marcelo Sánchez, Professor für Paläoontologie und Initiant der faszinierenden Ausstellung, die ab heute im Zoologischen Museum der Universität Zürich zu sehen ist.
Wie die Natur respektive die Evolution mit Organismen spielt und welche Vielfalt an Formen sie hervorzubringen vermag, wird am Beispiel von Krokodilen gezeigt. Das hat erstens damit zu tun, dass die Universität einen wertvollen Fund aus dem Tessin namens Tichinosuchus ferox besitzt. Diese Urechse lebte vor rund 240 Millionen Jahren und ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Krokodilen, Dinosauriern und Vögeln. Eine detailgetreue Rekonstruktion zeigt das Tier in Lebengrösse. Der zweite Grund sind die Forschungsarbeiten von Marcelo Sánchez und seinem Team in Urumaco im Norden Venezuelas: Der Ort ist bekannt für seine Versteinerungen ausgestorbener Krokodile und Kaimane, die vor gut fünf Millionen Jahren in der einst tropischen Landschaft gelebt haben.
In Urumaco hat Sánchez zusammen mit Torsten Scheyer vor kurzem Fossilien neuer Krokodilarten entdeckt: Zum Beispiel das Krokodil C. falconesis oder den Kaiman Globidentosuchus. Die Rekonstruktion seines zierlichen Schädels mit den kugelförmigen Zähnen, die dazu dienten, Muscheln aufzubrechen, ist im kreisrunden Diorama ausgestellt. Daneben steht der riesige Schädel von Purussaurus mirandai, einem zwölf Meter langen Riesenkaiman. Zwei weitere Schädel-Rekonstruktionen zeigen die erstaunliche Vielfalt der Krokodile in Urumaco, die allerdings längst Vergangenheit ist. Die Riesenechsen und Exoten sind allesamt plötzlichen Umweltveränderungen zum Opfer gefallen. Ein packendes Wandbild und Töne aus dem Urwald geben dem Besucher eine Ahnung davon, wie es in Urumaco einst ausgesehen haben dürfte.
Ungewohnt ist, dass die Besucherinnen und Besucher die Exponate berühren dürfen. «Man darf alles anfassen», sagte Isabel Klusman von «lifescience zurich» anlässlich einer Medienführung. So werden Unterschiede der Wirbelknochen oder Zähne verschiedener Arten im wahrsten Sinne greifbar. Und eine vergrösserte Informationstafel bringt die Evolution der Krokodylier oder Panzerechesen näher, zu der die echten Krokodile, Alligatoren, Kaimane und Gaviale gehören. Vertiefende Hinweise sind auf Deutsch und Englisch zu lesen. Mehrere Hörtexte (Audiofiles) und Videos lockern die Ausstellung auf.
Am Ende dokumentieren Filmsequenzen die Lebensweise heute lebender Nilkrokodile. Zwar bleiben die räuberischen Tiere furchterregend, aber die Bilder zeigen eindrucksvoll, wie sich die Krodkodile fast liebevoll um ihren Nachwuchs kümmern. Und man nimmt zur Kenntnis, dass die Panzerechsen selbst in Gefahr sind. Im Vergleich zur Vergangenheit in Urumaco befinden sich die räuberischen Tieren heute auf einem dünnen Ast: Die Vielfalt ist beschränkt und manche Arten sind vom Aussterben bedroht.