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Spitalhygiene

Zeigt her eure Hände

Krank werden im Spital ist keine Seltenheit. Verursacht wird dies vor allem durch fehlerhafte Händehygiene des Pflegepersonals. Zum Welthändehygienetag am 5.5. sprach Hugo Sax vom Universitätsspital Zürich in der Veranstaltungsreihe «Wissen-schaf(f)t Wissen» über Ursachen und mögliche Strategien zur Vermeidung von Spitalinfektionen.
Magdalena Seebauer
Prägte das Konzept der «Fünf Momente der Händehygiene»: Hugo Sax, Leiter der Abteilung für Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich.

Stellen Sie sich vor, Sie müssen ins Spital und werden dort krank. Was paradox klingt, ist auch in Schweizer Spitälern Alltag. Bis zu zehn Prozent der Patienten und Patientinnen infizieren sich im Spital. Übertragen werden die Keime in erster Linie über die Hände des Pflegepersonals. Zum Welthändehygienetag am 5. Mai sprach Privatdozent Hugo Sax, Leiter der Abteilung für Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich, über Ursachen und mögliche Strategien zur Vermeidung von Spitalinfektionen. Der Welthändehygienetag wurde von der WHO erstmals 2009 ausgerufen. Das Datum – 5.5. – symbolisiert die fünf Finger der beiden Hände – und geht auf eine Idee von Sax selbst zurück.

Infektion mit den eigenen Keimen

Meistens erfolgt die Infektion mit einem Keim, den der Patient schon auf sich trägt und der durch eine medizinische Handlung des Pflegepersonals in den Körper gelangt. «Wir alle schleppen ungefähr eineinhalb Kilogramm Mikroorganismen mit uns herum. Viele davon sind nützlich, aber es befinden sich auch potenziell gefährliche Keime darunter», erklärte Sax.

Ihre Gefährdung hängt häufig vom Körperteil ab, den sie besiedeln. Auf der Hautoberfläche sind zum Beispiel die eigenen Bakterien unproblematisch, aber wenn sie entlang des Katheters ins Blut gelangen, kann leicht eine Infektion entstehen. Ebenso können Keime in der Lunge gefährlich werden, wenn sie wegen einem Beatmungsrohr, das den natürlichen Hustenreflex unterbindet, nicht mehr ausgehustet werden. Viel seltener passiere es, dass der Patient mit fremden Bakterien angesteckt werde, berichtete Sax.

Besonders gefürchtet sind diese Infektionen bei Patienten, deren Immunsystem bereits geschwächt ist oder wenn sie durch einen multiresistenten Keim verursacht werden. Dann ist die «Wunderwaffe Antibiotikum» wirkungslos. So ist es keine Seltenheit, dass Spitalinfektionen zum Tod führen.

Ein Drittel der Spitalinfektionen kann durch geeignete Hygienemassnahmen verhindert werden. Dabei ist die Händehygiene entscheidend. Sax und sein Team prägten das Konzept der «fünf Momente der Händehygiene»: vor dem Kontakt mit dem Patienten, vor einer aseptischen Tätigkeit, nach dem Kontakt mit potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten, nach dem Kontakt mit dem Patienten und nach dem Kontakt mit der Umgebung des Patienten.

Die Umgebung beeinflusst unser Verhalten

«Wenn wir doch wissen, wie wir es machen sollen, warum machen wir es dann nicht?», stellte Sax die rhetorische Frage. Hier käme der Faktor Mensch ins Spiel. In Stresssituationen und unter Zeitdruck passiere es, dass trotz intensiver Schulung die Regeln missachtet werden. Kurzfristig hat das keine Folgen: Kein Alarm geht los, der Patient sagt nichts und wird nicht unmittelbar krank. Wenn dann später eine Infektion auftritt, weiss man nicht, durch welche Handlung diese bedingt war.

«Es muss eine Umgebung geschaffen werden, in der für alle klar ist, dass die Regeln einzuhalten sind», forderte Sax. Wie bedeutend dafür das soziale Umfeld ist, illustrierte er am Beispiel eines Pausenraums einer Universität, in dem sich jeder nach Belieben mit Kaffee bedienen konnte. Statt einer bedienten Kasse stand eine Geldbüchse neben dem Automaten.

Über der Preisliste hing abwechslungsweise ein Blumenbild oder ein Bild mit einem Augenpaar. In jenen Wochen, in denen sich die Kaffeetrinker vom Augenpaar beobachtet fühlten, lag fast dreimal so viel Geld in der Büchse, als wenn sie die Blumen sahen. Ohne es zu merken, reagieren wir auf das soziale Umfeld und lassen uns von kleinen Veränderungen beeinflussen.

Automatisch das Richtige machen

Die Benutzerfreundlichkeit ist ein ebenso wichtiger Ansatzpunkt. Gerätschaften müssen so konzipiert sein, dass wir automatisch das Richtige machen. Ein Kaffeeautomat, bei dem die Anzeige des Geldbetrags oben am Gerät ist, der Schlitz für den Münzeinwurf jedoch versteckt ganz unten, lässt viele ratlose Gesichter zurück.

Seit er sich damit auseinandersetze, finde er zuhauf Beispiele von schlechtem Design im Alltag, fügte Sax hinzu. Sogenannte latente Fehler sind die Folge: Es ist naheliegender, etwas falsch zu machen. Diese zu vermeiden, muss oberste Priorität haben. In der Fliegerei, in der Raumfahrt oder in der Nuklearindustrie hat sich diese Erkenntnis schon durchgesetzt.

Innovative Designideen sind daher gefragt. Oft kommen diese von den Benutzern. Sie wissen, wo jeder Knopf am besten sitzen soll. Schlussendlich hängt die Leistung eines Systems davon ab, wie gut der Mensch und seine Arbeitsumgebung zusammenpassen. Innovationsgeist zeigte auch Sax, als er mit drei Kollegen 2009 das Tanzvideo «Ô les mains» initiierte, das auf eingängliche und sehr ansprechende Weise die richtige Händehygiene instruiert.